idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
05.10.2011 11:35

Künstliche Zellen

Dr. Renate Hoer Abteilung Öffentlichkeitsarbeit
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.

    Ionenaustausch führt zu komplexen Zellsystemen mit anorganischen Membranen

    Unser Körper besteht aus einzelnen Organen, die aus Zellen aufgebaut sind, die wiederum eine Reihe separater Organellen enthalten. Eine biologische Funktion kann nicht aufrecht erhalten werden, wenn es keine voneinander abgeteilten Kompartimente gibt. Kompartimente sind aber auch in der Chemie von Bedeutung. In der Zeitschrift Angewandte Chemie stellt ein Team um Leroy Cronin von der Universität Glasgow (UK) nun eine neue Methode zur einfachen Herstellung anorganischer chemischer Zellen vor, so genannter iCHELLs, mit der sogar in Zellen eingebettete Zellen leicht zugänglich sind.

    Normalerweise werden die Membranen künstlicher Kompartimente aus hochmolekularen Polymeren durch Aggregation auf einer Oberfläche hergestellt. Die Membranen der iCHELLS entstehen dagegen aus niedermolekularen Bausteinen an der Berührungsstelle zweier wässriger Lösungen. Dazu injiziert man einfach eine wässrige Lösung in eine zweite. Lösung 1 enthält Polyoxometallat-Cluster, winzige „Häufchen“ aus mehreren Übergangsmetall-, Sauerstoff- und manchmal weiteren Atomen. Die Forscher setzten z.B. ein Phosphowolframat ein, einen negativ geladenen Cluster, bei dem ein Phosphoratom von zwölf Wolfram- und 40 Sauerstoffatomen umgeben ist. Als Gegenionen dienen kleine positiv geladene Ionen, wie Protonen oder Natriumionen. Lösung 2 enthält eine Verbindung aus großen positiv geladenen organischen Ionen, z.B. aromatischen Ringsystemen, und kleinen negativ geladenen Gegenionen. Kommen die beiden Lösungen miteinander in Kontakt, betreiben die Ionenpaare sogleich einen Partnertausch: Während die beiden kleinen Partner in Lösung bleiben, tun sich die beiden großen Ionen zusammen und aggregieren zu einer dünnen Membran, da sie als Paar nicht mehr löslich sind. Eine membranumschlossene Zelle entsteht.

    Über die Wahl der Ionen lassen sich nicht nur Dicke und Durchlässigkeit der Membran variieren, sie kann auch mit Funktionalitäten ausgestattet werden. So können Bausteine gewählt werden, die z.B. chemische Reaktionen katalysieren oder Zielmoleküle spezifisch erkennen. Mithilfe mikrofluidischer Systeme (Chips mit winzigen flüssigkeitsgefüllten Kanälchen) lassen sich die Zellen leicht in großen Mengen herstellen, was Voraussetzung für einen technischen Einsatz wäre. Zu den denkbaren Anwendungen zählen beispielsweise eingekapselte Katalysatoren: Die Membran könnte selektiv das Substrat durchlassen, das reagieren soll.

    Auch komplexere Zellensysteme sind zugänglich: Einfach eine weitere Lösung eines geeigneten Ions in eine Zelle injizieren – und schon bildet sich eine „Zelle in der Zelle“. Solche Systeme könnten als „Gefäße“ für mehrstufige Reaktionen dienen. Das große Ziel ist aber die Herstellung künstlicher chemischer Zellen mit Eigenschaften, die denen lebender Systeme ähneln. Die Wissenschaftler erhoffen sich Hinweise, wie sich das Leben vor Milliarden Jahren aus einer „anorganischen Welt“ entwickeln konnte, und ob es möglich ist, iCHELLs als Plattform für die Entwicklung einer nicht-organischen „anorganischen Biologie“ im Labor zu verwenden.

    Angewandte Chemie: Presseinfo 39/2011

    Autor: Leroy Cronin, University of Glasgow (UK), http://www.croninlab.com

    Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201105068

    Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany


    Weitere Informationen:

    http://presse.angewandte.de


    Bilder

    Bildung von anorganischen chemischen Zellen (c) Wiley-VCH
    Bildung von anorganischen chemischen Zellen (c) Wiley-VCH

    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Bildung von anorganischen chemischen Zellen (c) Wiley-VCH


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).