IAMO-Studie zeigt: Agrarboom beseitigt ländliche Armut
In Kasachstan wurden die Getreideanbauflächen in den vergangenen zehn Jahren um fünf Millionen Hektar ausgeweitet, die Wertschöpfung im Getreidesektor verdoppelt und die ländliche Armut aufgrund zunehmender Knappheit an Arbeitskräften weitgehend beseitigt. Das zeigt eine kürzlich bei der Weltbank in Washington, USA, vorgestellte Studie des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO). Künftige Produktivitätssteigerungen erfordern jedoch weitere politische Reformen der Regulierung von Boden- und Kapitalmärkten sowie eine verstärkte Förderung von Ausbildung und Forschung.
Angesichts der weltweit steigenden Nachfrage nach Grundnahrungsmitteln kommt flächenreichen Exportnationen eine Schlüsselfunktion für die Ernährungssicherung zu. Andererseits werden zunehmend Bedenken laut, dass die weltweite Intensivierung der Agrarproduktion zugunsten von Exportprodukten die Bedürfnisse lokaler Bevölkerungsgruppen nicht ausreichend berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund dokumentiert die vom IAMO vorgelegte Studie die Entwicklung in Kasachstans nördlicher Getreideanbauregion. Anhand zahlreicher bisher unveröffentlichter Statistiken und vor Ort durchgeführten Fallstudien verdeutlichen die Wissenschaftler Martin Petrick, Jürgen Wandel und Katharina Karsten den enormen wirtschaftlichen Aufschwung, den diese dünn besiedelte Region in den vergangenen zehn Jahren erfahren hat.
Während die Getreideanbaufläche um rund 50 Prozent auf 15 Millionen Hektar ausgeweitet wurde, konnte mit Hilfe moderner Agrartechnik und dem zunehmendem Einsatz von Mineraldünger die Wertschöpfung im Agrarsektor zwischen 2001 und 2009 nahezu verdoppelt werden. Eine wichtige Ursache für den beobachteten Agrarboom sind die deutlich gestiegenen Getreidepreise. „Zu unserem Erstaunen kletterten die Löhne für Landarbeiter in den vergangenen zehn Jahren jedoch etwa doppelt so schnell wie die Getreidepreise“, erläutert der Leiter der Studie Dr. Martin Petrick. Produktivitätsgewinne und hohe Getreidepreise in dieser von Agrarunternehmen auf Lohnbasis dominierten Region werden an die Arbeiter weitergegeben. Ausschlaggebend für die Steigerung der ländlichen Einkommen auf breiter Basis sei die zunehmende Knappheit an Arbeitskräften. „Betriebsleiter berichten übereinstimmend von den Schwierigkeiten, qualifizierte Arbeitnehmer zu bekommen und zu halten“, so Petrick. Dies gelte vor allem für Fachkräfte, die etwa moderne, satellitengesteuerte Landmaschinen bedienen könnten. Aufgrund dieser Knappheit hat die Intensivierung der Agrarproduktion durchweg positive Auswirkungen auf die ländliche Bevölkerung. Der Studie zufolge verdoppelten sich die Konsumausgaben der ländlichen Haushalte innerhalb von sechs Jahren, während der Anteil der Haushalte mit Einkommen unterhalb der Armutsgrenze von 40 Prozent vor zehn Jahren auf fünf Prozent im Jahr 2010 fiel.
Sprudelnde Einnahmen aus Ölexporten und die relative politische Stabilität unter dem seit 20 Jahren amtierenden Staatspräsidenten Nursultan Nasarbajev begünstigten den Agraraufschwung der vergangenen Jahre. Aktuelle agrarpolitische Rahmenbedingungen dürften die weitere Entwicklung jedoch eher hemmen, wie Dr. Petrick während einer Präsentation der Studie bei der Weltbank in Washington DC, USA, verdeutlichte. Die Märkte für Kapital und Boden in der ehemaligen Sowjetrepublik unterliegen nach wie vor starker staatlicher Einflussnahme. Die meisten Flächen befinden sich noch immer in Staatsbesitz, werden langfristig verpachtet und wandern aufgrund untransparenter Vergabeverfahren und staatlich kontrollierter Pachtpreise nicht immer zum besten Landwirt. Die staatliche Holding „KazAgro“ vergibt über ihre Tochtergesellschaft „KazAgro-Finance“ zinssubventionierte Agrarkredite, während sich kommerzielle Banken in den vergangenen Jahren aus dem Agrargeschäft zurückgezogen haben. Statt aktiv auf den Märkten für Kapital und Boden einzugreifen, sollte die kasachische Regierung vor allem in Ausbildung, Forschung und den weiteren Ausbau der Infrastruktur investieren, sagte Petrick in Washington. Die Studie wurde vom Deutsch-Kasachischen Agrarpolitischen Dialog und dem Analytical Center of Economic Policy in the Agricultural Sector (ACEPAS) in Astana unterstützt. Sie steht auf der Webseite des IAMO als Discussion Paper zum Download zur Verfügung.
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Über das IAMO
Das Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel-und Osteuropa (IAMO) ist eine international anerkannte Forschungsreinrichtung. Mit über 60 Wissenschaftlern und in Kooperation mit anderen renommierten Instituten widmet es sich wichtigen Fragen der Agrar- und Ernährungswirtschaft und der ländlichen Räume. Hauptuntersuchungsregionen sind Mittel- und Osteuropa sowie Zentral- und Ostasien. Seit seiner Gründung 1994 gehört das IAMO als außeruniversitäre Forschungseinrichtung der Leibniz-Gemeinschaft an.
Wissenschaftlicher Ansprechpartner
Dr. Martin Petrick
Tel. 0345 – 29 28 120
petrick@iamo.de
Ansprechpartnerin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Rebekka Honeit
Tel. 0345 – 29 28 330
honeit@iamo.de
http://www.iamo.de/dok/_3903.pdf - Discussion Paper „Farm Restructuring and Agricultural Recovery in Kazakhstan’s Grain Region: An Update” zum Download
http://www.iamo.de – Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Mittel- und Osteuropa (IAMO)
Moderne Direktsaatgeräte steigern die Produktivität des kasachischen Getreideanbaus
Foto: Martin Petrick (IAMO)
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
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