NASA und Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt setzen auf Kieler Technik
Die Chancen für den Start einer weiteren Marsmission stehen gut. Die amerikanische Weltraumorganisation NASA will am Samstag, 26. November, um 16:02 Uhr mitteleuropäischer Zeit eine schubstarke Atlas V Rakete mit dem Mars Science Laboratory, kurz MSL, auf eine etwa neunmonatige Reise zu unserem Nachbarplaneten schicken.
Mit an Bord befindet sich auch eine am Institut für experimentelle und angewandte Physik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) entwickelte Sensoreinheit eines Strahlungsmessers. Dieser gehört zur Ausrüstung des mitgeführten Rovers „Curiosity“. Das Instrument aus Kiel wird erstmals die Strahlungswerte direkt auf der Marsoberfläche messen.
Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beteiligt sich als Partner der NASA an dieser Mission. Es fördert die Entwicklung der Sensoreinheit des Instruments „Radiation Assessment Detector (RAD)“ an der CAU und dem Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des DLR in Köln. In enger Zusammenarbeit mit der Münchener Firma Kayser-Threde bauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der CAU die sensible Technik, die durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert wird. Die Gesamtsumme des Kieler Projektes beläuft sich auf rund 1,3 Millionen Euro. Verantwortlich für das Instrument gegenüber der NASA ist Dr. Donald Hassler vom Southwest Research Institute (SwRI) in Boulder, Colorado. Dieses baute die Elektronikeinheit von RAD.
Wenn alles planmäßig verläuft, wird MSL im August 2012 auf dem Mars landen und einen Rover von der Größe eines Kleinwagens absetzen. Colleen Hartman, stellvertretende assoziierte Leiterin des NASA Science Mission Direktorats sagt, Curiosity sei wirklich einzigartig. In dieser Größe sei er fähiger als alle anderen Fahrzeuge, die wir jemals zu anderen Planeten oder Sonnensystemen geschossen haben. „Er wird länger laufen und mehr entdecken als wir uns bisher vorstellen.“
MSL hat das Ziel, in einer ausgewählten Region innerhalb des 150 Kilometer großen Gale-Kraters in der Nähe des Marsäquators nach Spuren früheren Lebens zu suchen. Zudem soll es die prinzipielle Bewohnbarkeit des Planeten für zukünftige Missionen erkunden. Der Boden des Kraters enthält nach vorliegenden Erkenntnissen Sedimentschichten, die zum Teil aus Mineralien bestehen, die ein deutliches Anzeichen für die Präsenz von Wasser sind.
Die zehn Instrumente des Rovers untersuchen in den zwei Jahren Missionszeit neben den üblichen Temperatur- und Druckwerten auch die Geologie und Chemie des Mars. Die Kieler Sensoreneinheit RAD wird die Strahlung in der Marsatmosphäre und am Marsboden messen. „Das ist besonders wichtig, um bestimmen zu können, in welcher Bodentiefe eventuell frühere Lebensformen die unwirtliche Strahlungsumgebung des Mars überlebt haben oder überleben könnten“, erklärt Professor Robert Wimmer-Schweingruber von der CAU. Gemessen werde mit dem RAD die Röntgen- und Gammastrahlung, Neutronen und geladene Teilchen (Ionen und Elektronen).
Die Strahlung in der Marsatmosphäre besteht zum einen aus der galaktischen kosmischen Strahlung, die aus dem Weltraum außerhalb unseres Sonnensystems kommt. Zum anderen besteht sie aus der solaren kosmischen Strahlung, die bei solaren Teilchenereignissen freigesetzt wird, und aus einer sekundären Strahlungskomponente, die durch die Wechselwirkung der galaktischen und solaren Strahlung mit der Marsatmosphäre und -oberfläche entsteht.
Das etwa schuhkartongroße und 1,7 Kilogramm schwere RAD besteht aus einem neuartigen Weitwinkelteleskop. Damit kann das Strahlungsspektrum auf der Marsoberfläche charakterisiert werden. Die gewonnenen Erkenntnisse werden helfen, unter anderem die zu erwartenden Strahlungsdosen zu ermitteln, denen die Astronautinnen und Astronauten bei späteren Marsmissionen ausgesetzt sein werden. Geeignete Gegenmaßnahmen können so rechtzeitig entwickelt werden. Zudem lassen sich mit den Strahlungswerten Modelle für die Wechselwirkungen der Strahlung mit Marsatmosphäre und -boden überprüfen. Dafür wird RAD stündlich für 15 Minuten neue Messungen vornehmen.
Bereits während der neunmonatigen Flugphase zum Mars wird RAD die Strahlungsbedingungen in unserem Sonnensystem erfassen. Um Vergleichswerte der Weltraumstrahlung in der niederen Erdumlaufbahn zu messen, kommt ein Nachbau des Instruments RAD zukünftig auf der Internationalen Raumstation ISS zum Einsatz.
Bevor aber neue Erkenntnisse über die Bedingungen auf dem Mars zur Erde gelangen, muss das Marsfahrzeug „Curiosity“ erst die Landung überstehen. Das ist eine technische Herausforderung für die NASA. Erstmals kommt ein neuartiges Landeverfahren zum Einsatz. Anders als die bekannten NASA-Rover „Spirit“ und „Opportunity“ kann der MSL-Rover wegen seines hohen Gewichts von etwa 900 Kilogramm nicht umhüllt von Airbags landen. „Curiosity“ wird daher nach dem Eintritt in die dünne Marsatmosphäre bei 125 Kilometer Höhe zuerst aerodynamisch abgebremst, bevor Fallschirme den Abbau der Geschwindigkeit fortsetzen. In etwa einem Kilometer Höhe über der Marsoberfläche wird eine Abstiegsplattform mit Raketentriebwerken aktiviert, die den finalen Abstieg durchführt. Nach insgesamt 6,5 Minuten wird die Abstiegsplattform in 20 Meter Höhe in den Schwebeflug übergehen und den Rover an drei dünnen Nylon-Seilen sanft zur Marsoberfläche gleiten lassen.
Dieses Verfahren wird von der NASA als „Skycrane“ bezeichnet (wörtlich übersetzt „Himmelskran“) und erlaubt Präzisionslandungen in einer Zielellipse von 20 mal 25 Kilometern, was etwa fünfmal genauer ist als herkömmliche Landeverfahren. Nach dem Kappen der Seile kann der Rover auf der Marsoberfläche operieren und dabei pro Tag bis zu 200 Meter zurücklegen. Dieses Skycrane-Verfahren soll später auch bei der für 2018 geplanten ExoMars-Mission der ESA benutzt werden.
Bilder zum Herunterladen:
http://www.uni-kiel.de/download/pm/2011/2011-201-1.jpg
Bildunterschrift: Im Rover „Curiosity“ befindet sich auch das Strahlungsmesseinheit der Kieler Universität. Sie soll erstmals die kosmische Strahlung auf dem Mars messen.
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Bildunterschrift: Mit einem Gewicht von 900 Kilogramm ist der Rover „Curiosity“ das schwerste Fahrzeug, das jemals auf dem Mars war.
http://www.uni-kiel.de/download/pm/2011/2011-201-3.jpg
Bildunterschrift: Operationsgebiet Gale-Krater: Hier soll sich der Rover aufhalten, Proben sammeln und analysieren sowie Messungen machen. Dabei kann er am Tag 200 Meter fahren.
Fotos: NASA
Ansprechstellen für RAD:
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Prof. Dr. Robert Wimmer-Schweingruber
Tel: 0431/880-3964
E-Mail: wimmer@physik.uni-kiel.de
Kayser-Threde
Dr. Günter Fricke
Tel: 089/724-95348
E-Mail: guenter.fricke@kayser-threde.com
Weitere Informationen:
NASA HQ: http://www.nasa.gov/msl
JPL: http://mars.jpl.nasa.gov/msl
CAU Kiel: http://www.ieap.uni-kiel.de
SwRI: http://www.swri.org
DLR ME: http://www.dlr.de/Me
Kayser-Threde: http://www.kayser-threde.de/de/spacetech/
Merkmale dieser Pressemitteilung:
jedermann
Physik / Astronomie
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
Deutsch
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