Patienten mit Autoimmunerkrankungen neigen oft auch zu Atherosklerose - umgangssprachlich als Gefäßverkalkung bezeichnet. Wissenschaftler des Würzburger Rudolf-Virchow-Zentrums konnten nun gemeinsam mit Forschern der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München erstmals einen ursächlichen Mechanismus für den Zusammenhang zwischen beiden Erkrankungen aufdecken.
Das Bindeglied sind spezielle Zellen des Immunsystems, sogenannte plasmazytoide dendritische Zellen (pDC). Sie werden sowohl bei Autoimmunerkrankungen aktiviert als auch bei Atherosklerose und schütten daraufhin sogenannte Interferone aus, immunstimulierende Botenmoleküle, die auch die Atherosklerose vorantreiben. Aus dieser Entdeckung ergeben sich möglicherweise neue Therapieansätze für verschiedene chronisch-entzündliche Krankheitsbilder.
Atherosklerose gehört in der westlichen Welt zu den häufigsten Todesursachen: Durch chronische Entzündungen bilden sich in den Blutgefäßen Ablagerungen - atherosklerotische Plaques - die unter anderem Herzinfarkte und Schlaganfälle auslösen können. Bei der Entstehung der atherosklerotischen Plaques spielen sogenannte dendritische Zellen eine entscheidende Rolle. Unter anderem gehören zu diesen Immunzellen die plasmazytoiden dendritischen Zellen (pDC), deren Bedeutung für die Atherosklerose bisher aber kaum untersucht war. Das Team von Privatdozentin Dr. Alma Zernecke am Rudolf-Virchow-Zentrum der Universität Würzburg konnte nun gemeinsam mit der LMU-Lebenswissenschaftlerin Dr. Yvonne Döring zeigen, inwiefern pDC zur Entstehung von Atherosklerose beitragen. Diese Befunden könnten erklären, warum Patienten mit Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis oder systemischem Lupus erythematodes (SLE) verstärkt zu Atherosklerose neigen.
Die Forscher fanden bei Untersuchungen an Mäusen Hinweise, dass pDC zur frühen Entstehung atherosklerotischer Schädigungen der Gefäße beitragen: Wurden diese Zellen mit einem speziellen Antikörper ausgeschaltet, sank die Menge der entzündungsfördernden Interferone im Blutserum. Die behandelten Tiere waren entsprechend deutlich weniger anfällig für die Erkrankung.
Die Verbindung zu Autoimmunkrankheiten liegt in der Stimulation der pDC: "Die pDC selbst werden durch körpereigene Antigene stimuliert, die auch bei Autoimmunerkrankungen wie Psoriasis und SLE eine entscheidende Rolle spielen", sagt Döring. Dass die resultierende Ausschüttung von Interferonen durch pDC am Geschehen bei autoimmunen Erkrankungen beteiligt ist, ist für verschiedene autoimmune Erkrankungen bereits beschrieben.
Auslöser für die krankhafte Interferon-Ausschüttung scheint ein Protein zu sein, das fälschlicherweise körpereigene DNA als Fremdkörper kenntlich macht. Ein Komplex aus diesem Protein mit körpereigener DNA aktiviert pDCs und die folgende Entzündungsreaktion. Die Forscher konnten jetzt nachweisen, dass dieser Mechanismus auch bei Atherosklerose eine Rolle spielt: Mit solchen Komplexen injizierte Mäuse entwickelten deutlich mehr atherosklerotische Schäden – aber nur, wenn auch die pDCs vorhanden waren, um das Signal zu verarbeiten.
"Damit könnte sich erklären lassen, warum Patienten mit Autoimmunerkrankungen auch häufiger Atherosklerose entwickeln", erläutert Zernecke: „Bei beiden Störungen sind die pDCs übermäßig aktiv.“ Eines Tages, so hofft die Wissenschaftlerin, könnten sich aus dieser Erkenntnis sogar neue Behandlungsansätze ergeben.
Kontakt:
PD Dr. Alma Zernecke
Rudolf-Virchow-Zentrum/
DFG-Forschungszentrum für Experimentelle
Biomedizin der Universität Würzburg
Josef-Schneider Str. 2, Haus D15
97080 Würzburg
Tel: +49-(0)931/ 31-80373
Fax: +49-(0)931/ 31-83255
alma.zernecke@virchow.uni-wuerzburg.de
Dr. Yvonne Döring
Institut für Prophylaxe und Epidemiologie der Kreislaufkrankheiten
Tel.: +49 (0)89/5160-4680
Fax: +49 (0)89/5160-4352
yvonne.doering@med.uni-muenchen.de
http://circ.ahajournals.org/content/early/2012/03/02/CIRCULATIONAHA.111.046755 - Online-Veröffentlichung des Originalpapers
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