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09.04.2013 16:00

Bodennahe Starkwinde und Gewitterfronten sind die Hauptursachen für das Aufwirbeln von Saharastaub

Tilo Arnhold Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V.

    Wien/Leipzig. Mit Hilfe von Modellrechnungen konnten Wissenschaftler die meteorologischen Schlüsselfaktoren für die sommerlichen Staubemissionen aus der Sahara genauer bestimmen. Etwa 40 Prozent der Staubemissionen stammen von so genannten bodennahen Strahlströmen, etwa 40 Prozent von Schauer- und Gewitterfronten und 20 Prozent von anderen Prozessen, berichteten die Forscher der Universität Leeds, des Laboratoire Interuniversitaire des Systèmes Atmosphériques Paris und des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) auf der Jahrestagung der European Geosciences Union (EGU). In Wien befassen sich gleich mehrere Veranstaltungen mit der Staubquelle Sahara.

    Westafrika ist die größte Quelle für Mineralstaub in der Atmosphäre. Das britisch-deutsch-französische Wissenschaftler-Team hatte daher Daten für einen Zeitraum von vierzig Tagen im Sommer 2006 detailliert unter die Lupe genommen und per Modell nachgerechnet. Die Modellrechnungen bestätigen nun neuere Messungen aus der Zentralsahara. Allerdings können die Atmosphärenmodelle noch nicht den Staub korrekt abbilden, der von Schauer- und Gewitterfronten stammt. „Ungefähr ein Viertel dieser Emissionen geht auf ein neu entdecktes Phänomen zurück, bei dem die gealterte Fronten einen Strahlstrom über der nächtlichen Grundschicht hervorrufen“, berichtet Dr. Bernd Heinold von der Universität Leeds, der diese Untersuchungen inzwischen am TROPOS in Leipzig fortsetzt. „Wir hoffen, dass diese neuen Erkenntnisse dazu beitragen, die Atmosphärenmodelle weiter zu verbessern.“

    Neben den vertikalen Luftströmungen, die an den Schauer- und Gewitterfronten entstehen, sind es auch horizontale Luftströmungen wie die so genannten bodennahen Strahlströme (Low-Level Jets), die viel Staub aufwirbeln. Im Gegensatz zum bekannten Jetstream, dessen Luftströmung bei rund 11 Kilometern Höhe von Flugzeugen genutzt wird, sind bodennahe Strahlströme ein regionales Phänomen, dass sich in Höhen von nur 100 bis 500 Metern über Grund abspielt. Sie entstehen durch die starken Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht in wolkenlosen Gebieten wie der Sahara, die eine Bodeninversion in der Nacht hervorrufen. Die Bodenreibung entfällt durch diese Entkopplung größtenteils. Löste sich die Inversion am Morgen dann wieder auf, setzt die Bodenreibung wieder ein und dieser Luftstrom bricht zusammen. Dabei gelangen Teile des Windes zum Erdboden und Staub wird aufgewirbelt. „Die jüngsten Erkenntnisse sind auch ein Beleg dafür, dass tageszeitliche Schwankungen die Auswertung dieser Prozesse per Satellitenaufnahmen erschweren“, so Dr. Kerstin Schepanski, Koautorin der Studie. Die Modellrechnungen ergaben, dass 60 Prozent der Staubemissionen am Vormittag bei klarem Himmel entstehen, aber lediglich 10 Prozent am Nachmittag. Wenn also zu wenige Satellitenaufnahmen pro Tag zur Verfügung stehen, kann es schnell ungewollt zu falschen Schlussfolgerungen kommen.

    Pro Jahr gelangen etwa fünf Milliarden Tonnen Staubteilchen oder Aerosolpartikel in die Atmosphäre. Dabei spielen mineralische Partikel wie etwa Saharastaub oder Vulkanasche eine besondere Rolle: Sie machen über die Hälfte der Aerosolmasse in der Troposphäre aus und unterliegen starken Schwankungen durch Wüstenbildung oder Vulkanausbrüchen. Diese Mineralstaubteilchen sind zwar winzig, haben aber große Auswirkungen auf die Erde. Denn sie beeinflussen die Strahlungseigenschaften, den Wasserkreislauf und die Chemie der Atmosphäre. Sie können zudem Bakterien transportieren, die Luftqualität und damit die menschliche Gesundheit genauso negativ beeinflussen wie das Transportwesen oder die Solarstromerzeugung. Oder als Mineraldünger für fruchtbares Land sorgen. Bei zunehmender Wüstenausbreitung in den Trockengebieten wird damit gerechnet, dass die Menge und die Wirkung des Mineralstaubes künftig noch weiter wachsen wird.

    Bei Untersuchungen zu Aerosolen, Wolken und deren Auswirkungen auf das Klimasystem der Erde nimmt Leipzig inzwischen weltweit eine herausragende Stellung ein. Bereits 2006 in Marokko und 2008 auf den Kapverden führten die Leipziger Forscher zusammen mit deutschen und internationalen Partnern große Feldkampagnen zur Erforschung dieser Prozesse durch. Die DFG-Forschergruppe SAMUM (Saharan Mineral Dust Experiment) war eines der größten Feldexperimente dieser Art weltweit und legte den Grundstein für eine Reihe weiterer erfolgreicher Kooperationen. Im Juli haben die Universität Leipzig und das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung mit der Leibniz-Graduiertenschule "Aerosole, Wolken, Strahlung: Mineralstaub" eine gemeinsame Doktorandenausbildung gestartet.
    Tilo Arnhold

    Publikationen:
    Bernd Heinold, Peter Knippertz, John H. Marsham, Stephanie Fiedler, Nick S. Dixon, Kerstin Schepanski, Benoit Laurent and Ina Tegen (2013): The Role of Deep Convection and Low-Level Jets for Dust Emission in Summertime West Africa - Estimates from Convection-Permitting Dust Simulations. EGU General Assembly 2013. Vol. 15, EGU2013-10600
    http://meetingorganizer.copernicus.org/EGU2013/EGU2013-10600.pdf

    Bernd Heinold, Peter Knippertz John H. Marsham (2013): Large Eddy Simulations of Nocturnal Low-Level Jets over Desert Regions and Implications for Dust Emission. EGU General Assembly 2013. Vol. 15, EGU2013-10875
    http://meetingorganizer.copernicus.org/EGU2013/EGU2013-10875.pdf
    Die Untersuchungen wurden vom European Research Council als Teil des Desert-Storms-Projektes gefördert.

    Weitere Infos:
    Dr. Bernd Heinold, Dr. Kerstin Schepanski, Prof. Ina Tegen
    Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS)
    Tel. 0341-2717-7052, -7042, -7042
    http://www.tropos.de/ift_personal.html
    http://www.tropos.de/info/tegen_i.pdf
    oder
    Tilo Arnhold, TROPOS-Öffentlichkeitsarbeit
    0341-2717-7060
    http://www.tropos.de/ift_personal.html

    Das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Ihr gehören zurzeit 87 Forschungsinstitute und wissenschaftliche Infrastruktureinrichtungen für die Forschung sowie zwei assoziierte Mitglieder an. Die Ausrichtung der Leibniz-Institute reicht von den Natur-, Ingenieur- und Umweltwissenschaften über die Wirtschafts, Sozial- und Raumwissenschaften bis hin zu den Geisteswissenschaften. Leibniz-Institute bearbeiten gesamtgesellschaftlich relevante Fragestellungen strategisch und themenorientiert. Dabei bedienen sie sich verschiedener Forschungstypen wie Grundlagen-, Groß- und anwendungsorientierter Forschung. Sie legen neben der Forschung großen Wert auf wissenschaftliche Dienstleistungen sowie Wissenstransfer in Richtung Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Sie pflegen intensive Kooperationen mit Hochschulen, Industrie und anderen Partnern im In- und Ausland. Das externe Begutachtungsverfahren der Leibniz-Gemeinschaft setzt Maßstäbe. Jedes Leibniz-Institut hat eine Aufgabe von gesamtstaatlicher Bedeutung. Bund und Länder fördern die Institute der Leibniz-Gemeinschaft daher gemeinsam. Die Leibniz-Institute beschäftigen etwa 16.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon sind ca. 7.800 Wissenschaftler, davon wiederum 3.300 Nachwuchswissenschaftler. Der Gesamtetat der Institute liegt bei mehr als 1,4 Mrd. Euro, die Drittmittel betragen etwa 330 Mio. Euro pro Jahr.
    http://www.leibniz-gemeinschaft.de


    Weitere Informationen:

    http://www.egu2013.eu/ - Assembly 2013 (Wien, 7.-12.4.13)
    http://www.lgs-car.tropos.de/ - Leipziger Graduiertenschule für Aerosole, Wolken und Strahlung am Beispiel des Mineralstaubs (LGS-CAR)


    Bilder

    Saharastaub über dem Atlantik. Das Satellitenbild vom 26. Februar 2000 zeigt einen gewaltigen Sandsturm, der sich von Nordafrika über die Kanarischen Inseln Richtung Karibik bewegt. Bilder wie diese verdeutlichen, dass Mineralstaub einen großen Einfluss auf die Atmosphäre hat. Insgesamt gelangen  etwa fünf Milliarden Tonnen Staubteilchen oder Aerosolpartikel  in die Atmosphäre.
    Saharastaub über dem Atlantik. Das Satellitenbild vom 26. Februar 2000 zeigt einen gewaltigen Sandst ...
    Quelle: Foto: SeaWiFS Project, NASA/Goddard Space Flight Center and ORBIMAGE (Nutzungsbeschränkung: unkommerzielle Nutzung mit Quelleangabe - siehe http://oceancolor.gsfc.nasa.gov/SeaWiFS/HTML/dust.html)


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Geowissenschaften, Meer / Klima, Physik / Astronomie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

    Saharastaub über dem Atlantik. Das Satellitenbild vom 26. Februar 2000 zeigt einen gewaltigen Sandsturm, der sich von Nordafrika über die Kanarischen Inseln Richtung Karibik bewegt. Bilder wie diese verdeutlichen, dass Mineralstaub einen großen Einfluss auf die Atmosphäre hat. Insgesamt gelangen etwa fünf Milliarden Tonnen Staubteilchen oder Aerosolpartikel in die Atmosphäre.


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