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17.06.2013 15:54

Kunstgeschichte - Kunst im Dienst der Wissenschaft

Luise Dirscherl Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

    Die Kunsthistorikerin Natalie J. Lauer hat erstmals die anatomische Bildgebung des wissenschaftlichen Standardwerks „Traité complet de l’anatomie de l’homme“ aus dem 19. Jahrhundert umfassend erforscht.

    Der Anatom Jean-Marc Bourgery und der Zeichner Nicolas-Henri Jacob schufen im 19. Jahrhundert ein wegweisendes Werk der medizinischen Bildgebung. Zwischen 1831 und 1854 erschien in Frankreich ihr anatomischer Bildatlas „Traité complet de l’anatomie de l’homme“ in acht Bänden. Er gilt als Höhepunkt der Anatomie und der Kunst der Lithografie und beeinflusst die Ästhetik der Körperdarstellungen bis heute.

    Im Traité (auf Deutsch: Lehrbuch) veranschaulichten Bourgery und Jacob das medizinische Wissen ihrer Zeit. Der Anatom Jean-Marc Bourgery arbeitete bei der Präparation eng mit dem Zeichner Nicolas-Henri Jacob zusammen. „Nur durch die Synergie von Wissenschaft und Kunst gelang es den Autoren, die Lage der Körperteile und deren inneren Bau zu veranschaulichen“, sagt Natalie J. Lauer.

    Für ihre bahnbrechende Leistung erhielten Bourgery und Jacob zu ihrer Zeit nicht die Anerkennung, die sie verdient hätten. Zwar wurden sie für ihre Leistung im Jahr 1843 mit dem Prix Monthyon ausgezeichnet, aber kurz nach dem Erscheinen des Konvoluts wurde es still um das Werk. „Viele der Abbildungen wurden übernommen, aber die Quelle wurde verschwiegen“, sagt Lauer. Der Grund: Bourgery war nicht Mitglied der Akademie der Wissenschaften und hatte in akademischen Kreisen keinen Fuß gefasst, obwohl seine Arbeiten auf dem Gebiet der Anatomie bedeutend waren. In den Vorworten der acht Bände klagt Bourgery über seine Außenseiterrolle, dennoch arbeitete er mehr als 20 Jahre lang am Traité. „Seine Motivation war, Perfektion in der anatomischen Abbildung zu erlangen“, sagt Lauer. Bourgery starb 1849, noch vor der Veröffentlichung des letzten Bands.

    Die Bildgestaltung war für anatomische Darstellungen damals absolut neuartig und stilbildend für spätere anatomische Atlanten. Bourgery und Jakob nutzten mit der Lithografie die modernste und gängigste Drucktechnik ihrer Zeit.

    Einflussreiche Pionierarbeit

    Der Anatomieatlas folgt einem einheitlichen Konzept bezüglich Präparation, Zeichnung und Text. Bourgery legte bei seinen Präparaten Schicht um Schicht frei und achtete bereits bei der Schnittführung darauf, dass die Zeichnung Tiefe erhalten konnte. Besonderen Wert legte er darauf, das Nervensystem und die Beziehungen der Muskeln darzustellen. „Wenn man den Traité durchblättert, kann man jede Schicht nachvollziehen“, sagt Natalie J. Lauer. „Das Team hat damals Pionierarbeit geleistet. Ihm gelang es, hochkarätige medizinische Illustrationen zu schaffen, die auch für Laien verständlich sind.“

    Wie die Kunsthistorikerin in ihrer Dissertation an der LMU „Der Kontrakt des Zeichners mit der Medizin“ zeigt, die nun als Buch vorliegt, fand der Traité auch in der populärwissenschaftlichen Literatur Beachtung und beeinflusste Kunst und die architektonische Zeichnung Viollet-le-Ducs. Dennoch ist es nie groß publik geworden. Der Bibliothekar Noé Legrand behauptete 1909, Jacobs Originalzeichnungen, die als Vorlage für die lithografierten Tafeln des Traité fungierten, in der Auslage eines Trödlers nahe der Pont-Neuf in Paris gefunden zu haben.

    Der Kontrakt des Zeichners mit der Medizin. Ästhetik und Wissenschaft im Bildatlas Bourgery & Jacob
    Natalie J. Lauer
    Verlag Königshausen & Neumann 2013, 238 S.
    ISBN 978-3-8260-5045-9

    Ansprechpartnerin:
    Natalie J. Lauer
    Tel.: 015150400728
    E-Mail: natalielauer@aol.com


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Kunst / Design, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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