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09.08.2013 12:55

Heiß wie der Ofen, kalt wie der Mars

Dr. Andreas Wolff Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Institut für Photonische Technologien

    Es ist heiß in Deutschland. Wir Menschen haben präzise Sensoren für Temperaturen, daher stimmt unser Körpergefühl sehr gut mit von elektrischen Sensoren vorhergesagten Werten überein. Aber wie genau funktionieren Temperaturmesser an extremen Orten wie beispielsweise in Hochöfen oder auf fremden Planeten?

    Ein gewaltiger Sandsturm fegt durch die Wüste, aber es ist nicht heiß, im Gegenteil, es sind -35°C. Gäbe es Wasser, das zu Schnee gefrieren könnte, könnte man auf den riesigen Bergen Wintersport betreiben. Der NASA-Roboter Curiosity setzt unbeirrt seinen Weg fort, um auf dem Mars Spuren von Wasser und Leben zu finden. Mit an Bord sind Temperatursensoren aus dem Institut für Photonische Technologien Jena e.V. (IPHT). Seit der Landung auf dem roten Planeten zeichnen sie zuverlässig die Bodentemperatur auf. Keine leichte Aufgabe bei Temperaturunterschieden von 150°C und ohne Stromzufuhr.

    „Unsere Sensoren musste schon vor der Reise einiges einstecken, so beispielsweise Vibrationstests mit Beschleunigungen von bis zu 8 g. Trotz der außergewöhnlichen mechanischen und thermischen Belastungen müssen die Sensoren eine hohe Sensitivität aufweisen“, beschreibt Dr. Ernst Keßler, Projektleiter am IPHT, die Leistungsfähigkeit der Sensoren. Sie basieren auf dem thermoelektrischen Prinzip und besitzen 100 in Reihe geschaltete Thermopaare. Diese bestehen aus zwei thermoelektrischen Materialien, die in der Empfängerfläche sowie auf dem Chiprahmen alternierend miteinander verbunden sind. Zwischen der Empfängerfläche und dem Chiprahmen, die thermisch gut voneinander isoliert sind, bildet sich deshalb bei Bestrahlung ein Temperaturunterschied aus, der über den thermoelektrischen Effekt (Seebeck-Effekt) in eine elektrische Spannung gewandelt wird.

    Die hohe Empfindlichkeit erreichen die IPHT-Sensoren durch den Einsatz einer besonderen Materialkombination. Die Verwendung der thermoelektrisch hocheffektiven Kombination von V/VI-Verbindungshalbleitern auf Basis von Bismut und Antimon ist ein weltweites Alleinstellungsmerkmal der im Reinraum des Jenaer Institutes gefertigten Thermosäulen-Sensoren. Weitere Vorteile von thermoelektrischen Strahlungssensoren sind ihre Linearität, sowie ihre Energieeffizienz. Da das elektrische Signal allein durch die Temperaturdifferenz erzeugt wird, muss der Sensor nicht auf die wertvolle Energie der Atombatterie von Curiosity zurückgreifen.

    Unempfindliche Temperatursensoren für Hochöfen

    Nicht nur im Forschungsbereich Photonische Detektion sondern auch auf dem Gebiet der Faseroptik erforscht das IPHT seit vielen Jahren Systeme zur Temperaturmessung unter extremen Bedingungen. Lichtleitfasern aus Saphir eignen sich für Anwendungen im anderen Extrem: der Messung von Temperaturen über 1200°C.

    In industriellen Hochöfen wird aus Eisenerz flüssiges Roheisen geschmolzen. Für diesen komplizierten Prozess ist die Einhaltung von unterschiedlich heißen Temperaturzonen in den 30 bis 50 Meter hohen Schachtöfen essentiell. In vielen Fällen werden zur Temperaturerfassung dort noch Thermoelemente eingesetzt. Diese müssen aber aufgrund der extremen Beanspruchungen im Hochofen preisintensiv in kurzen Intervallen ausgewechselt werden. Eine andere Art von Thermosensoren sind Pyrometer. Ihre Messung basiert darauf, dass jeder Gegenstand über dem absoluten Nullpunkt Wärmestrahlung aussendet, deren Intensität von seiner Temperatur abhängt. Wenn das Messobjekt wärmer als das Pyrometer ist, ist der Strahlungsfluss positiv, d.h. das Messobjekt gibt Wärmestrahlung an das Pyrometer ab. Pyrometer können die Temperatur allerdings nur an Oberflächen messen, also an den Ofenwänden oder der Schmelze selbst, aber nicht im Rest des großen Ofenvolumens.

    Das IPHT hat erfolgreich Tests in Öfen mit einem alternativen faserbasierten Verfahren absolviert, das diese Nachteile nicht hat. Das Sensorkonzept nutzt die von Temperaturschwankungen hervorgerufenen Veränderungen der optischen Eigenschaften einer Saphir-Lichtleitfaser. „Saphire kennen viele nur als fragile Edelsteine, aber tatsächlich ist das Material sehr robust“, sagt Dr. Tobias Habisreuther, aus der Forschergruppe Fasersensorik, der die Tests durchgeführt hat. Saphir ist säureunlöslich und schmilzt erst bei einer Temperatur von 2040 °C. Als einziger Gruppe weltweit gelingt es am IPHT die Faser Bragg Gitter genannten Strukturen in Saphirfasern hineinzuschreiben. Durch die Temperatur im Ofen ändert sich einerseits die Brechzahl der Faser und durch die Ausdehnung andererseits der Abstand der Gitterebenen. Durch beide Effekte wird das durch die Faser laufende Lichtbündel mit anderen Wellenlägen reflektiert, was in einem angeschlossenen Spektrometer gemessen wird. „Die Ergebnisse sind sehr vielversprechend und wir werden sie demnächst in Langzeitstudien auf ihre Stabilität überprüfen“, so Habisreuther abschließend.

    Ansprechpartner:
    Dr. Tobias Habisreuther
    Arbeitsgruppe​ Optische Fasertechnologie
    Telefon +49 (0) 3641 · 206-226
    Telefax +49 (0) 3641 · 206-399
    juergen.popp@ipht-jena.de


    Weitere Informationen:

    http://www.ipht-jena.de


    Bilder

    Lichtleitfasern aus Saphir eignen sich für Anwendungen im Extrem: der Messung von Temperaturen über 1200°C.
    Lichtleitfasern aus Saphir eignen sich für Anwendungen im Extrem: der Messung von Temperaturen über ...
    IPHT/Döring
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    Anhang
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Chemie, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Lichtleitfasern aus Saphir eignen sich für Anwendungen im Extrem: der Messung von Temperaturen über 1200°C.


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