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10.07.1998 00:00

Fremdsprachenlernen hilft gegen Legasthenie

Axel Burchardt Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Ungarischer Doktorand testete in Jena Trainingsmethode:

    Fremdsprachenlernen hilft gegen Lese- und Rechtschreibschwäche

    Die Lese-Rechtschreibschwäche - auch Legasthenie genannt - ist eine Störung, die im deutschen Sprachraum bei etwa 8-14 % der Schülerinnen und Schüler eine Rolle spielt und den gesamten sprachlichen und geistigen Entwicklungsprozeß nicht nur im frühen Schulalter beeinträchtigt. Die Betroffenen lernen "die Kulturtechniken des Lesens und Schreibens" nur schwer und beherrschen sie dann höchstens mangelhaft, erläutert der Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Gottfried Meinhold von der Universität Jena.

    Auf seine Anregung hin hat der ungarische Doktorand Zoltán Samu aus Szeged gerade seine Doktorarbeit über den "Einfluß des Fremdsprachenerwerbs auf die muttersprachliche Kompetenz bei legasthenischen Kindern" erfolgreich abgeschlossen. In Zusammenarbeit mit den Jenaer Wissenschaftlern Prof. Dr. Johannes E. Brunner (Pädagogische Psychologie), Prof. Dr. Jürg Hanson (Phoniatrie und Pädaudologie)und Prof. Dr. Dieter Teipel (Sportwissenschaft) wurde "ein aufschlußreicher Schulversuch" (Meinhold) am 2. Staatlichen Förderzentrum in Jena durchgeführt. 15 Kinder der Klassenstufen 2 bis 4, also im Alter von acht bis zwölf Jahren, erhielten sechs Monate Englischunterricht. Ermittelt werden sollte, ob sich der Erwerb einer Fremdsprache positiv auf die Beherrschung der Muttersprache auswirkt.

    "Meine These war", so Zoltán Samu, "daß die im Vergleich zur Muttersprache langsamere, präzisierte Art der Darbietung gesprochener Sprache und ihre somit begünstigte Verarbeitung einen möglichen Trainingsfall für elementare Wahrnehmungs- und Verarbeitungsprozesse gesprochener Sprache sowie des Lesens und Schreibens darstellt. Wenn dies so ist, müßten sich das Wahrnehmen und Produzieren der gesprochenen und geschriebenen Fremdsprache auch auf die muttersprachlichen Fertigkeiten günstig auswirken".

    Die Annahme erwies sich als richtig: Für die 15 untersuchten Kinder ergaben sich nach Ablauf eines Jahres gegenüber den 15 Schülern einer Kontrollgruppe deutliche Verbesserungen. "Das Training von Wahrnehmung und Verarbeitung der gesprochenen Sprache, des differenzierenden Hörens sowie der Automatisierung der Informationsverarbeitung haben zu günstigeren Resultaten in Teilbereichen der Zeichenidentifizierung, so z. B. der Wortdurchgliederung und der Worttrennschärfe, geführt", zeigt sich Samu begeistert. Seine Forschungsergebnisse zeigen, daß das Förderprogramm im verbal-akustischen Bereich der Fremdsprache mittelbar auf das Arbeitsgedächtnis eingewirkt haben muß. "Wahrscheinlich hat das Training vor allem auf die Verarbeitungsgeschwindigkeit der sogenannten 'artikulatorischen Schleife', bei der es sich um ein sprachspezifisches Subspeichersystem des Arbeitsgedächtnisses handelt, eingewirkt", erläutert der ungarische Doktorand ein Detail.

    "Auch wenn die Langzeitwirkung des Trainingserfolges noch nicht kontrolliert werden konnte, ist damit eine gut anwendbare Übungsmethode für die Entwicklung des Lese- und Schreibprozesses in der Muttersprache gegeben, die die Symptome der Lese-Rechtschreibschwäche günstig beeinflußt", stellt Prof. Meinhold fest und hofft, daß die Trainingsmethode in Zukunft weite Verbreitung findet.

    Allerdings verbesserten sich nicht alle Lese- und Schreibleistungen, schränkt Samu ein. Vielmehr waren es vorrangig diejenigen Teilleistungen, die auf die Beziehung zwischen Lauten und Buchstaben angewiesen sind. Dadurch wurde sowohl die Lesegeschwindigkeit erhöht als auch die Leistung in den Subbereichen "Vokal-Konsonanten-Fehler" des Lesetests deutlich verbessert.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Gottfried Meinhold
    Institut für Germanistische Sprachwissenschaft der Universität Jena
    Ernst-Abbe-Platz 3
    07743 Jena
    Tel: 03641/944330
    Fax: 03641/944302

    Friedrich-Schiller-Universität
    Referat Öffentlichkeitsarbeit
    Axel Burchardt M. A.
    Fürstengraben 1
    07743 Jena
    Tel.: 03641/931041
    Fax: 03641/931042
    e-mail: hab@sokrates.verwaltung.uni-jena.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Medizin, Pädagogik / Bildung, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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