Die Taxonomie, die Wissenschaft der Identifizierung, Beschreibung und Klassifizierung von Lebewesen, erlebt derzeit eine technische Revolution. Das Ziel, die gesamte biologische Vielfalt der Erde zu erfassen, rückt damit in greifbare Nähe. Gleichzeitig wächst die Bedeutung der Taxonomie für viele Lebensbereiche, zum Beispiel für die Medizin oder die Landwirtschaft. Um die neuen Möglichkeiten der Taxonomie optimal zu nutzen, empfiehlt die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in einer jetzt veröffentlichten Stellungnahme die Beschreibung aller Arten Mitteleuropas voranzutreiben. Zudem plädiert die Akademie für Investitionen in die taxonomische Forschung und Lehre.
Immer noch ist der größere Teil der Artenvielfalt der Erde nicht bekannt. Neue Arten werden nicht nur in der Tiefsee oder im tropischen Regenwald entdeckt, sondern immer wieder auch in Mitteleuropa – vor unserer eigenen Haustür. In der jetzt veröffentlichten Stellungnahme „Herausforderungen und Chancen der integrativen Taxonomie für Forschung und Gesellschaft“ empfiehlt die Leopoldina die Einrichtung eines Forschungsprojektes zur Beschreibung aller Arten Mitteleuropas. Die Ergebnisse dieser taxonomischen Forschung sollten in noch höherem Maß nutzbar gemacht werden, betonen die Autoren der Stellungnahme. So trägt die exakte Bestimmung von Mikroorganismen, die in der Lebensmittelherstellung zum Einsatz kommen, zum Beispiel zu einer höheren Nahrungsmittelsicherheit bei. Bodenmikroben wiederum, die wichtig für den Ernte-Ertrag landwirtschaftlicher Flächen sind, können künftig genauer klassifiziert werden.
„Hochdurchsatzverfahren zur Analyse von Erbinformationen, Proteinen und Stoffwechselprodukten – sogenannte OMICS-Methoden – ermöglichen uns inzwischen schnelle und sehr genaue taxonomische Analysen. Diese Möglichkeiten müssen wir künftig noch besser für die Lebenswissenschaften und die Wirtschaft nutzbar machen“, sagte Prof. Dr. Jörg Hacker, Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina.
„Die taxonomische Forschung in Deutschland hat weltweit einen sehr guten Ruf. Damit wir weiterhin in diesem wichtigen Fachgebiet Spitzenforschung betreiben können, muss eine Schwerpunktsetzung an besonders leistungsfähigen Forschungsstandorten erfolgen, die Vernetzung und Internationalisierung gestärkt und nicht zuletzt die Ausbildung junger Wissenschaftler in der Taxonomie verbessert werden“, sagte Prof. Dr. Rudolf Amann vom Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie Bremen, Sprecher der Leopoldina-Arbeitsgruppe.
Deutschland gilt derzeit als einer der führenden Standorte taxonomischer Forschung. Damit auch künftig exzellente Ergebnisse in der Taxonomie erzielt werden können, empfiehlt die Leopoldina Schwerpunktsetzungen an einzelnen Forschungsstandorten in Deutschland, eine verbesserte Ausbildung von Nachwuchs in der Taxonomie, ihre Vernetzung und Internationalisierung. Zudem sollte eine zentrale Infrastruktur zur Digitalisierung und Speicherung taxonomischer Daten geschaffen werden. Des Weiteren empfiehlt die Stellungnahme die Digitalisierung der Forschungssammlungen an Museen und Forschungsinstituten.
http://www.leopoldina.org/de/taxonomie
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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