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03.07.2014 13:36

AWMF: Alternativen zum 'Journal Impact Factor' - wissenschaftliche Leistung nachhaltig bewerten

Medizin - Kommunikation Medizinkommunikation
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

    AWMF: Alternativen zum 'Journal Impact Factor' - faire und nachhaltige Bewertung wissenschaftlicher Leistungen gefordert

    Düsseldorf – Die Karriere von Wissenschaftlern hängt heute sehr davon ab, in welchen Fachzeitschriften ihre Forschungsergebnisse publiziert werden. Rang und Einfluss der Zeitschriften drücken sich dabei vor allem im sogenannten „Journal Impact Factor“ aus – einem Quotienten aus Zitaten und Artikeln. Die Dominanz des Impaktfaktors kritisiert die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V.) jetzt in einem Positionspapier zur Evaluation der medizinischen Forschungsleistung.

    Sie stellt darin auch Kriterien für eine faire und verlässliche Bewertung wissenschaftlicher Leistungen vor. Diese Empfehlungen trügen zugleich dazu bei, so die AWMF, die Nachhaltigkeit der medizinischen Forschung sicherzustellen. Der „Journal Impact Factor“ diente ursprünglich Bibliothekaren als bibliometrischer Indikator bei der Auswahl der zu abonnierenden Fachzeitschriften. Den Index erstellt regelmäßig der Medienkonzern Thomson Reuters. Entgegen seiner ursprünglichen Funktion gilt er heute als Qualitäts-Merkmal wissenschaftlicher Leistungen. Auch Mediziner, die sich um Forschungsaufträge bewerben oder auf der Suche nach einer neuen Stellung sind, qualifizieren sich häufig über den Journal Impact Factor. Die AWMF äußerte sich bereits 1999 kritisch zur Verwendung des unadjustierten Journal Impact Factors. Jetzt fällen neun Forscher ein noch deutlicheres Urteil: „Der Impaktfaktor ist kein geeignetes Instrument für die Bewertung einer Forschungsleistung und sollte schnellstmöglich durch geeignete Indikatoren ersetzt werden“, sagt Professor Dr. med. Christoph Herrmann-Lingen von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen. Er spricht damit stellvertretend für eine Gruppe von Wissenschaftlern, die im Oktober 2013 auf dem von der AWMF veranstalteten „Berliner Forum“ die „Methoden zur Evaluation der medizinischen Forschungsleistung“ auf den Prüfstand stellte. Die Ergebnisse dieser Prüfung erscheinen jetzt in der Fachzeitschrift „German Medical Science“.

    Ein sinnvolleres Instrument zur Evaluation medizinischer Forschungsleistung sieht die AWMF im sogenannten „informierten peer-review“-Verfahren. Dabei begutachten unabhängige Fachexperten die Leistungen der Wissenschaftler. Der Aufwand ist jedoch hoch. Die AWMF hält dies deshalb nur in größeren zeitlichen Intervallen für einen gangbaren Weg. Dass es zusätzliche Instrumente geben muss, stehe daher außer Zweifel: „Denn in der Praxis bleibt die Bewertung von Veröffentlichungen in Fachzeitschriften wichtig“, meint Herrmann-Lingen, der die Entwicklung des Positionspapiers koordiniert hat. Wissenschaftler müssten dafür jedoch neue Methoden heranziehen, beispielsweise normierte Zita¬tionsraten. Ergänzend sollte auch der Nutzen für die praktische Medizin und die Gesellschaft bewertet werden, betont die Expertengruppe. „Kernpunkt bei der Beurteilung des Impacts von Forschungsleistungen einer Person ist die Frage, ob diese Person in ihrem Fach etwas bewegt hat“, sagt Professor Herrmann-Lingen. Sichtbar werde dies etwa darin, dass medizinische Leitlinien die betreffenden Studien zitieren. Denn das deutet darauf hin, dass sich aus einem Forschungsergebnis ein konkreter Nutzen für Diagnose, Therapie oder Prävention von Krankheiten ableitet.

    Neben dem Impaktfaktor wird Forschung vielfach auch auf der Basis von Drittmitteln bewertet, die Forscher für ihre Projekte einwerben. Die AWMF schlägt vor, dass künftig Gelder von öffentlichen Trägern höher zu werten seien als Gelder von Industrieunternehmen. Besondere Regeln empfiehlt sie für eine faire Gewichtung von Mitteleinwerbungen und Publikationen in größeren Forschungsverbünden. Zur wissenschaftlichen Leistung von Medizinern gehört nach Ansicht der AWMF auch die Nachwuchsförderung. „Grundprinzip sollte sein, Nachwuchs bereits früh für die Wissenschaft zu begeistern und nachhaltig bis zur Ordinariatskompetenz zu fördern“, schreiben die Autoren des Positionspapiers. Positiv anzurechnen seien deshalb etwa Austauschprogramme, die Betreuung von Studienarbeiten oder Mentoring-Angebote.

    Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V. bündelt die Interessen der medizinischen Wissenschaft und trägt sie verstärkt nach außen. Sie handelt dabei im Auftrag ihrer 168 medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Gegründet 1962 mit dem Ziel, gemeinsame Interessen stärker gegenüber dem Staat und der ärztlichen Selbstverwaltung zu positionieren, erarbeitet die AWMF seitdem Empfehlungen und Resolutionen und vertritt diese im wissenschaftlichen und politischen Raum. Die AWMF ist Ansprechpartner für gesundheitspolitische Entscheidungsträger, wie den Gemeinsamen Bundesausschuss, und koordiniert die Entwicklung und Aktualisierung medizinisch wissenschaftlicher Leitlinien in Deutschland. Jede gemeinnützige Fachgesellschaft in Deutschland kann Mitglied werden, sofern sie sich wissenschaftlichen Fragen der Medizin widmet. Die AWMF finanziert sich vorwiegend durch die Beiträge ihrer Mitgliedsgesellschaften und Spenden.

    Quelle: Positionspapier: Evaluation of medical research performance – position paper of the Association of the Scientific Medical Societies in Germany (AWMF)
    GMS German Medical Science 2014, Vol. 12, Doc 11, ISSN 1612-3174


    Weitere Informationen:

    http://www.awmf.org
    http://www.egms.de/static/de/journals/gms/2014-12/000196.shtml


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Medizin, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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