Eine Partnerschaft - Zwei Karrieren
Erste Tagung zu Karrierechancen für Wissenschaftler-Paare erörtert Modelle für deutsche Hochschulen
Eine Physikerin wird auf einen Lehrstuhl berufen und ihr Partner, ebenfalls hochqualifizierter Wissenschaftler, sucht eine entsprechende Leitungsfunktion in räumlicher Nähe - ein keineswegs einfaches Unterfangen und doch ein sehr realistisches Szenario: Ein großer Teil der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben einen Partner, der ebenfalls in der Wissenschaft tätig ist. Deutsche Hochschulen bieten jedoch bisher kaum adäquate Karriereperspektiven für Wissenschaftler-Paare. Um das Thema "Doppelkarriere-Paare" auf die Tagesordnungen des deutschen Wissenschaftssystems zu bringen, veranstalteten die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft am 24. Februar in Bonn eine Tagung unter dem Titel "Verflechtung beruflicher Karrieren in Akademiker-Partnerschaften". Unter Beteiligung von DFG-Präsident Professor Ernst-Ludwig Winnacker und Professor Manfred Erhardt, Generalsekretär des Stifterverbands, diskutierten rund 80 Teilnehmer - Hochschulleiter, Wissenschaftler, Vertreter aus Politik, Verbänden und Medien - die besondere Situation und die Bedürfnisse von Doppelkarriere-Paaren. Nach einer Vorstellung von Studienergebnissen und Erfahrungsberichten von Wissenschaftler-Paaren wurden Lösungsansätze anhand internationaler Beispiele vorgestellt und konkrete Umsetzungsmöglichkeiten erörtert.
Eine Untersuchung der Jungen Akademie hat ergeben, dass in Deutschland 60 Prozent der potenziellen Berufungskandidaten die Hochschulen mit der Frage nach der Berufsperspektive des Partners oder der Partnerin konfrontieren. Viele Hochschulen bieten ihre Hilfe an, doch verfügt noch keine deutsche Universität über eine offizielle Politik für die Stellensuche der Partner von berufenen Professorinnen oder Professoren. So gibt es auch praktisch keine Möglichkeit, einem wissenschaftlich hochqualifizierten Partner eine Professur einzurichten. Um jedoch langfristig die besten Hochschullehrer gewinnen zu können, müssen die
Universitäten diesbezüglich Strategien entwickeln, so die Meinung der Tagungsteilnehmer. Von besonderer Bedeutung sind diese Überlegungen für Wissenschaftlerinnen: So haben beispielsweise 86 Prozent aller Physikerinnen einen Lebenspartner, der ebenfalls wissenschaftlich qualifiziert ist; für andere Fächer sieht die Statistik ähnlich aus. Verbesserte Karrieremöglichkeiten für so genannte Doppelkarriere-Paare sind zugleich auch verbesserte Chancen für Frauen in der Wissenschaft.
Für deutsche Wissenschaftler, die aus dem Ausland nach einer Stelle in Deutschland suchen, sind die Arbeitsmöglichkeiten für den Partner besonders wichtig: Ein gutes Stellenangebot für den Lebenspartner sei eine wesentliche Bedingung für eine Rückkehr nach Deutschland, betonen 72 Prozent der deutschen Forscherinnen und Forscher im Ausland (Stifterverband-Studie "BrainDrain - BrainGain"). Mit zunehmender Internationalisierung wird es also noch dringlicher, Doppelkarriere-Paaren Perspektiven in Deutschland anzubieten.
Lösungsmöglichkeiten zeigten sich bei der Tagung durch den Blick auf andere Länder. Viele Universitäten, beispielsweise in den USA, haben offizielle Programme eingerichtet, um auch dem Lebenspartner eine adäquate Stelle anbieten zu können. Ein an der Tagung teilnehmendes Ehepaar, Professor Ute Frevert und Dr. Ulrich Schreiterer, berichtete von der selbstverständlichen Bereitschaft der Universität Yale, auch für den Ehepartner einen interessanten Job zu finden: "Wir wurden beide willkommen geheißen. Es war deutlich, dass man sich nicht herabließ, auch für meinen Mann eine Stelle zu finden, sondern dass man uns beide gerne dort haben wollte." Auch in europäischen Ländern wurden bereits Modelle entwickelt: Die ETH Zürich bietet einen Dual-Career-Service an, der den Partnern bei der Suche nach einer Anstellung behilflich ist, beispielsweise durch die Vermittlung von Kontakten zu potenziellen Arbeitgebern.
In einer abschließenden Podiumsdiskussion, an der auch Professor Jürgen Mlynek, Präsident der Humboldt-Universität, Professor Hanns Seidler, Kanzler der Technischen Universität Darmstadt, sowie Professor Mary Osborne vom Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen teilnahmen, wurden Möglichkeiten erörtert, im deutschen Universitätssystem mehr Perspektiven für exzellente Wissenschaftler-Paare anzubieten. Realistisch erscheinen beispielsweise das Modell einer Stiftungsprofessur für den Partner oder einer vom betroffenen Fachbereich und der Universität geteilten Finanzierung einer Stelle nach US-amerikanischem Vorbild. Wichtig sei hierbei, dass die Fachbereiche, die für den Partner eine Stelle einrichten, auch einen finanziellen Anreiz dazu erhielten. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft könne, so Professor Winnacker, ein Förderprogramm erwägen, das hochqualifizierten Lebenspartnern zumindest für den Zeitraum von einigen Jahren eine wissenschaftliche Leitungsfunktion finanziert. Voraussetzung hierfür sei, dass den Partnern im Rahmen des üblichen Begutachtungssystems wissenschaftliche Exzellenz bescheinigt werde. Professor Erhardt regte weiterhin einen Wettbewerb an, der Hochschulen identifiziert und auszeichnet, die bei der Förderung von Doppelkarriere-Paaren innovative Lösungen entwickelt haben.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft bietet momentan vor allem Nachwuchswissenschaftlern durch sogenannte "portable" Förderangebote die Möglichkeit, in der Nähe des Partners zu arbeiten. Dies gilt insbesondere für die Stipendienprogramme, das Förderangebot "eigene Stelle" sowie unter bestimmten Voraussetzungen auch für das Emmy Noether-Programm.
Weitere Informationen erteilen Dr. Beate Scholz, DFG-Geschäftsstelle, Gruppe Graduiertenkollegs und Nachwuchsförderung, E-Mail: beate.scholz@dfg.de sowie
Dr. Heide Radlanski, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, E-Mail: heide.radlanski@stifterverband.de.
Merkmale dieser Pressemitteilung:
fachunabhängig
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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