Wissenschaftler vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und vom Pathologischen Institut des Universitätsklinikums Heidelberg haben 255 Brusttumoren auf zwei verschiedene Stammzellmarker untersucht: Konnten sie beide gleichzeitig nachweisen, war die Lebenserwartung der Patientinnen drastisch verkürzt. Umgekehrt lebten Patientinnen, deren Brustkrebs keinen der beiden Marker aufwies, fast 10 Jahre länger. Die Wissenschaftler wollen nun prüfen, ob sich die beiden Marker auf der Oberfläche von Stammzellen für eine zielgerichtete Therapie bei Brustkrebs eignen.
Gemeinsame Pressemitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums und des Universitätsklinikums Heidelberg zum Brustkrebsmonat Oktober
Fast 90 Prozent aller Brustkrebspatientinnen überleben die ersten fünf Jahre nach ihrer Diagnose. Doch trotz dieser erfreulich hohen Zahlen bilden sich bei einigen der Patientinnen die gefürchteten Metastasen, die Hauptursache für die Krebssterblichkeit. „Bisher wissen wir nicht, welche Patientin Metastasen entwickeln wird und welche nicht“, beschreibt Andreas Trumpp das derzeitige klinische Dilemma. Der Stammzellforscher leitet im Deutschen Krebsforschungszentrum die Abteilung für Krebs und Stammzellen und darüber hinaus das Heidelberger Institut für Stammzelltechnologie und Experimentelle Medizin (HI-STEM gGmbH) im DKFZ, das von der Dietmar Hopp Stiftung gefördert wird. „Wir wissen deshalb auch nicht, welche Patientin von einer intensiveren Therapie profitiert und wem wir eine Chemotherapie ersparen können.“
Schon vor einem Jahr fahndete das Team um Trumpp nach Krebszellen im Blut von Patientinnen. Diese gelten als verantwortlich für das Entstehen von Metastasen. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass nur einige bestimmte zirkulierende Krebszellen tatsächlich in der Lage sind, Metastasen zu bilden. Diese sogenannten Metastasen-Stammzellen trugen die Stammzellmarker CD47 und MET auf ihrer Oberfläche. Je mehr dieser Metastasen-Stammzellen im Blut nachweisbar waren, desto häufiger entwickelten die Patientinnen Metastasen. „Wir wollten nun herausfinden, ob diese Stammzellmarker und damit die Metastasen-Stammzellen schon in den Primärtumoren in der Brust vorhanden sind und wenn ja, ob dies mit der Überlebenswahrscheinlichkeit der Patientinnen zusammen hängt“, beschreibt Trumpp den aktuellen Ansatz.
Die Erstautoren Irene Baccelli von HI-STEM sowie Albrecht Stenzinger vom Pathologischen Institut des Universitätsklinikums Heidelberg aus der Abteilung von Professor Wilko Weichert testeten gemeinsam mit weiteren Kollegen insgesamt 255 Brustkrebsproben auf die Anwesenheit der beiden Stammzellmarker CD47 und MET. Anschließend verglichen sie deren Vorhandensein mit den Überlebensdaten der Patientinnen. Dabei stellten sie fest, dass besonders Patientinnen, deren Tumoren beide Marker gleichzeitig aufwiesen, eine stark verkürzte Lebenserwartung hatten.
„Patientinnen, bei denen wir beide Marker nachweisen konnten, lebten im Durchschnitt 10,3 Jahre kürzer nach ihrer Diagnose als Patientinnen, in deren Tumor weder CD47 noch MET nachweisbar war“, fasst Wilko Weichert die eindeutigen Ergebnisse der Studie zusammen. „Die Anwesenheit der beiden Oberflächenmoleküle kann daher als Hinweis auf die Lebenserwartung von Brustkrebspatientinnen dienen.“ Einschränkend gilt, dass die Untersuchungen bisher nur bei Östrogen-Rezeptor-positiven Brusttumoren durchgeführt wurden.
„Wir wollen aber natürlich nicht nur Vorhersagen treffen, sondern den Patientinnen möglichst auch helfen“, sagt Andreas Trumpp. Die Wissenschaftler wollen daher prüfen, ob zielgerichtete Medikamente gegen die Metastasen wirken können. Sie planen deshalb, die besonders aggressiven Brusttumoren auf Mäuse zu übertragen und hier mit Wirkstoffen gegen die Stammzell-Marker zu behandeln. „Die Medikamente, die gegen CD47 oder MET wirken, sind in der finalen Phase der Entwicklung oder sogar bereits verfügbar“, erklärt Trumpp. „Wir hoffen, dass wir bald soweit sind, mit ihrer Hilfe die Lebenserwartung von Brustkrebspatientinnen weiter zu erhöhen.“
Irène Baccelli, Albrecht Stenzinger, Vanessa Vogel, Berit Maria Pfitzner, Corinna Klein, Markus Wallwiener, Martina Scharpff, Massimo Saini, Tim Holland-Letz, Hans-Peter Sinn, Andreas Schneeweiss, Carsten Denkert, Wilko Weichert , Andreas Trumpp: Co-expression of MET and CD47 is a novel prognosticator for survival of luminal-type breast cancer patients. Oncotarget (2014).
Hintergrund: Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Etwa jede zehnte Frau wird im Laufe ihres Lebens erkranken, so die Schätzung des Zentrums für Krebsregisterdaten am Robert-Koch-Institut. In Deutschland erkranken derzeit etwa 75.000 Frauen jedes Jahr neu an Brustkrebs, 17.000 sterben an ihrer Krankheit. Brustkrebs ist auch die Krebserkrankung, zu der beim Krebsinformationsdienst KID des DKFZ die meisten Fragen eingehen – fast 7.000 der jährlich ca. 30.000 Anfragen per Telefon oder E-Mail drehen sich um dieses Thema. Gestellt werden Fragen zur Früherkennung von Brustkrebs, zur Behandlung und zum Leben mit Brustkrebs im Alltag.
Der Krebsinformationsdienst beantwortet Ihre Fragen: Telefon: 0800 - 420 30 40, täglich kostenlos von 8 bis 20 Uhr
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Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, Angehörige und interessierte Bürger über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft deutscher Forschungszentren.
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Das Universitätsklinikum Heidelberg ist eines der bedeutendsten medizinischen Zentren in Deutschland; die Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg zählt zu den international renommierten biomedizinischen Forschungseinrichtungen in Europa. Gemeinsames Ziel ist die Entwicklung innovativer Diagnostik und Therapien sowie ihre rasche Umsetzung für den Patienten. Klinikum und Fakultät beschäftigen rund 13.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und engagieren sich in Ausbildung und Qualifizierung. In mehr als 50 klinischen Fachabteilungen mit ca. 2.200 Betten werden jährlich rund 116.000 Patienten voll- bzw. teilstationär und rund 1.000.000 mal Patienten ambulant behandelt. Das Heidelberger Curriculum Medicinale (HeiCuMed) steht an der Spitze der medizinischen Ausbildungsgänge in Deutschland. Derzeit studieren ca. 3.500 angehende Ärztinnen und Ärzte in Heidelberg.
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