idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
15.10.2014 10:05

Düstere Zeiten für Tagfalter

Judith Jördens Senckenberg Pressestelle
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

    Müncheberg, den 15.10.2014. Schmetterlingsforscher Prof. Dr. Thomas Schmitt vom Senckenberg Forschungsinstitut in Müncheberg hat gemeinsam mit deutschen Kollegen die zukünftigen Verbreitungsgebiete der europäischen Schmetterlingsart Erebia manto modelliert. Hierfür haben sie 1306 Falter in den Bergen Europas gesammelt. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass der Tagfalter in Teilen Europas durch die globale Erwärmung nicht überleben wird. Die Studie ist kürzlich im renommierten Fachjournal „Global Change Biology“ erschienen.

    Die charakteristischen gelben Flecke auf der Unterseite des Hinterflügels der weiblichen Schmetterlinge geben dem Gelbgefleckten Mohrenfalter Erebia manto seinen Namen. Wohl fühlt sich der braun-gelbe Tagfalter auf blumenreichen Wiesen in 1200 bis 2500 Metern Höhe. Dort trifft man ihn in zahlreichen Hochgebirgen Europas: Von den Pyrenäen über die Alpen bis zu den Karpaten. „Noch“, sagt Prof. Dr. Thomas Schmitt vom Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg und ergänzt: „Unsere neuesten Forschungsergebnisse zeigen, dass es der Falter in Zukunft in einigen Gebirgen schwer haben wird.“

    Schmitt hat gemeinsam mit Kollegen aus Trier, Bonn und München insgesamt 1306 Exemplare des 3 bis 5 Zentimeter großen Falters aus 36 Populationen im gesamten Verbreitungsgebiet gesammelt und genetisch untersucht. „Wir wollten herausfinden, wie sich klimatische Änderungen in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft auf die genetische Struktur der Populationen und deren Verbreitung auswirken“, erklärt der Müncheberger Schmetterlingsforscher und fügt hinzu: „Dabei haben wir festgestellt, dass sich die Falter in den verschiedenen Gebirgen unterschiedlich entwickelt haben.“

    Innerhalb von Arten kann es durch Mutation, Hybridisierung (Vermischung verschiedener Gruppen) und Selektion im Laufe der Evolution zur genetischen Differenzierung kommen. Dabei können sich in unterschiedlichen Regionen verschiedene genetische Varianten entwickeln. Genetische Ungleichheiten zwischen Populationen reflektieren somit Selektionsprozesse und Genflüsse in der Vergangenheit.

    „Die größten genetische Differenzierung zu anderen Regionen zeigen die Falterpopulationen in den Vogesen – die Unterschiede sind beinah so groß, wie zur nah verwandten Art Erebia eripyle, dem ‚Ähnlichen Mohrenfalter‘“, erläutert Schmitt. Auch die Populationen der Pyrenäen-Zentralmassiv-Gruppe und Falter der südlichen Karpaten haben ein einzigartiges genetisches Profil.

    Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass alle drei Schmetterlingspopulationen sich seit mehr als einem Warmzeit-Kaltzeit-Zyklus unabhängig voneinander und von der vierten großen Gruppe in den Alpen entwickelt haben. Aussterbeprozesse in Kaltzeiten wechselten sich dabei in den Hochlagen aller Gebirge mit Wiederbesiedlungsphasen in Warmzeiten ab. „Die Schmetterlinge passten sich dabei – auch in ihrem Erbgut – an die veränderten Umweltbedingungen an“, vervollständigt Schmitt.

    Genau diese Differenzierung wird den Faltern nun zum Verhängnis. Schmitt hierzu: „Die genetische Variation innerhalb von Populationen bestimmt das Potential der Anpassungsfähigkeit an neue Selektionsprozesse, wie beispielsweise die zukünftige Klimaerwärmung“. Eine große Variationsbreite im Genpool einer Population sorgt auch für eine große Anpassungsfähigkeit, bei isolierten Populationen fehlt genau diese und sie können sich deutlich schlechter an Veränderungen angleichen.

    Gerade die heute einzigartigen Populationen mit dem abweichenden Genpool sind die zukünftig bedrohten Falter. „Wir haben verschiedenen Klimamodelle mit Verbreitungsgebieten der Schmetterlinge durchgerechnet“, erzählt Schmitt. Während in den Alpen die Populationen voraussichtlich nur schrumpfen werden, wird es in den Vogesen zukünftig wohl keine Gelbgefleckten Mohrenfalter mehr geben.
    „Alle unsere Modelle sehen für diese Populationen schwarz – und auch die genetischen Linien aus den Karpaten und dem Pyrenäen-Zentralmassiv-Komplex sind vom Verschwinden bedroht“, resümiert Schmitt.


    Weitere Informationen:

    http://Publikation
    http://Schmitt, T., Habel, J. C., Rödder, D. and Louy, D. (2014), Effects of recent and past climatic shifts on the genetic structure of the high mountain Yellow-spotted ringlet butterfly Erebia manto (Lepidoptera, Satyrinae): a conservation problem. Global Change Biology, 20: 2045–2061. doi: 10.1111/gcb.12462


    Bilder

    Bis jetzt noch in fast allen Gebirgen Europas zu finden: Der Schmetterling Erebia manto
    Bis jetzt noch in fast allen Gebirgen Europas zu finden: Der Schmetterling Erebia manto
    © Kurt Kulac, cc-by-sa 3.0
    None

    Hier fühlen sich die Falter wohl: Halltal in Nordtirol, in etwa 1800 Meter Höhe
    Hier fühlen sich die Falter wohl: Halltal in Nordtirol, in etwa 1800 Meter Höhe
    © Thomas Schmitt/Senckenberg
    None


    Anhang
    attachment icon 2014_10_15 PM Mohrenfalter

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Bis jetzt noch in fast allen Gebirgen Europas zu finden: Der Schmetterling Erebia manto


    Zum Download

    x

    Hier fühlen sich die Falter wohl: Halltal in Nordtirol, in etwa 1800 Meter Höhe


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).