Neuherberg, 13.01.2015. Der Transkriptionsfaktor Twist1 ist entscheidend für die Plastizität von Zellen. Je nach Aktivität des Faktors besitzen die Zellen mehr oder weniger Stammzelleigenschaften. Somit steuert Twist1 das Entwicklungs- und Wachstumspotential von Zellen und ist daher an einer Reihe normaler, aber auch krankhafter Prozesse, wie beispielsweise dem Tumorwachstum, beteiligt. Diese komplexen, teils konträren Eigenschaften von Twist1 konnten Wissenschaftler des Helmholtz Zentrums München nun aufdecken. Ihre Ergebnisse sind im Fachjournal ‚Cell Reports‘ veröffentlicht.
„Ist Twist1 vorübergehend aktiv und anschließend wieder deaktiviert, fördert dies Stammzell-ähnliche Eigenschaften einer Zelle und deren Plastizität. Eine kontinuierliche, chronische Faktoraktivität dagegen unterdrückt die Stammzelleigenschaften in den Zellen“, fasst Studienleiterin Christina Scheel die Ergebnisse zusammen. „Über den Einfluss von Twist1 auf das Entwicklungspotential von Zellen gab es bislang viele, teils widersprüchliche Forschungsergebnisse – unsere Daten konnten wichtige Zusammenhänge aufdecken und Klärung schaffen.“
Grad und Dauer der Aktivität von Twist1 entscheidend
Die Wissenschaftler des Instituts für Stammzellforschung und des Instituts für Experimentelle Genetik am Helmholtz Zentrum München (HMGU) untersuchten, wie Zellen des Brustgewebes auf die Aktivität von Twist1 reagierten. Dabei konnten sie nachweisen, dass der Aktivitätsgrad und die Dauer der Aktivität von Twist1 ein entscheidender Faktor für die Plastizität und das Wachstum der Zellen ist.
Tumorzellen nutzen Twist1 als Wachstumsfaktor
Eine hohe Plastizität bedeutet ein hohes Entwicklungs- und Regenerationspotential bei den Zellen – ähnlich den Stammzellen. Dies machen sich allerdings auch Tumorzellen zunutze, indem sie Twist1 für ein aggressives und streuendes Wachstum einsetzen. Das Team um Christina Scheel, Johanna Schmidt und Elena Panzilius vom HMGU konnte mit seinen Untersuchungen zeigen, welch komplexe Schlüsselrolle Twist1 beim Zellwachstum zukommt.
„Unsere Ergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse, um die Regeneration und das Wachstum von gesunden Zellen und Tumorzellen weiter zu erforschen und künftig sogar beeinflussen zu können“, erklärt Erstautorin Johanna Schmidt. „Diese spezifischen Wirkungen von Twist1 könnten als Grundlage für therapeutische Ansätze sowohl bei der Regeneration von Gewebe als auch bei der Tumorbehandlung genutzt werden“ ergänzt Co-Autorin Elena Panzilius.
Weitere Informationen
Original-Publikation:
Schmidt, J. et al. (2015), Stem-Cell-like Properties and Epithelial Plasticity Arise as Stable Traits after Transient Twist1 Activation, Cell Reports, doi: 10.1016/j.celrep.2014.12.032
Link zur Fachpublikation: http://www.cell.com/cell-reports/abstract/S2211-1247(14)01061-4
Weiterführende Artikel: http://www.cell.com/cell-stem-cell/abstract/S1934-5909(14)00563-3
Das Helmholtz Zentrum München verfolgt als Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt das Ziel, personalisierte Medizin für die Diagnose, Therapie und Prävention weit verbreiteter Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus und Lungenerkrankungen zu entwickeln. Dafür untersucht es das Zusammenwirken von Genetik, Umweltfaktoren und Lebensstil. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 2.200 Mitarbeiter und ist Mitglied der Helmholtz-Gemeinschaft, der 18 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit rund 34.000 Beschäftigten angehören. www.helmholtz-muenchen.de
Das Institut für Stammzellforschung (ISF) untersucht die grundlegenden molekularen und zellulären Mechanismen der Stammzellerhaltung und -differenzierung. Daraus entwickelt das ISF Ansätze, um defekte Zelltypen zu ersetzen, entweder durch Aktivierung ruhender Stammzellen oder Neuprogrammierung anderer vorhandener Zelltypen zur Reparatur. Ziel dieser Ansätze ist die Neubildung von verletztem, krankhaft verändertem oder zugrunde gegangenem Gewebe.
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