idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
15.10.2015 10:35

Biodiversität schützt Ökosysteme vor Klimaextremen

Tobias Wagner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig

    Kann Biodiversität zum Schutz von Ökosystemen unter außergewöhnlichen Klimaereignissen beitragen? Die Antwort auf diese Frage ist enorm wichtig angesichts des anhaltenden Artensterbens und des sich verändernden Klimas, welches zunehmend extreme Wetterumschwünge mit sich bringt. Eine aktuelle Untersuchung von mehr als 40 Graslandexperimenten in Europa und Nordamerika, unter maßgeblicher Beteiligung von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) Halle-Jena-Leipzig, bestätigt nun: Ökosysteme mit hoher Artenvielfalt zeigen bei extremen Klimaereignissen mehr Widerstandskraft. Die Studie ist bei Nature erschienen (DOI: 10.1038/nature15374).

    Biodiversität ist ein bedeutender Faktor für die Biomasseproduktion von Pflanzen – das ist nicht neu. Aber kann Biodiversität auch Ökosystemen helfen, den Auswirkungen von extremen Wetterereignissen besser standzuhalten? Und tritt diese stabilisierende Wirkung während eines Wetterextrems auf oder danach – oder sogar zu beiden Zeitpunkten? Ein internationales Team von Wissenschaftlern fand nun heraus, dass sich artenreiche Pflanzengemeinschaften insgesamt resistenter gegenüber äußeren Wettereinflüssen erweisen.

    An der Untersuchung waren, unter der Leitung von Dr. Forest Isbell von der University of Minnesota, mehr als drei Dutzend Forscher aus den USA, Deutschland, Großbritannien, Irland, Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden, Tschechien und Japan beteiligt. Insgesamt 46 Graslandexperimente in Europa und Nordamerika wurden über mehrere Jahre beobachtet und die gewonnenen Daten analysiert. Die Wissenschaftler ordneten zunächst jedes untersuchte Jahr auf einer Fünf-Punkte-Skala von „extrem trocken“ bis „extrem feucht“ ein. Dann untersuchten sie die oberirdische Biomasseproduktion der Pflanzen pro Jahr bei höherer und bei niedrigerer Biodiversität. Das Ergebnis: Je größer die Zahl der dort wachsenden Pflanzenarten, desto niedriger die Auswirkungen von extremen Feucht- oder Trockenperioden auf die Biomasseproduktion des Graslandes. In die Studie eingeflossen sind auch Daten aus dem Jena-Experiment: Seit 2002 wird an der Saale in Jena die Vielfalt unterschiedlich artenreicher Wiesen untersucht.

    „Die aktuelle Studie trägt zu einem besseren Verständnis bei, welche Rolle Biodiversität im Kampf der Natur gegen unvorhersehbare Ereignisse spielt“, so Nico Eisenhauer, Mitinitiator und -autor der Studie und Professor am iDiv sowie an der Universität Leipzig. Für Eisenhauer zeigen die Ergebnisse „sehr eindrucksvoll, dass die Zerstörung der Umwelt das natürliche Gleichgewicht unserer Ökosysteme nachhaltig negativ beeinflusst“.

    Während extremer Wetterlagen war laut Studie die Produktivität in Pflanzengemeinschaften mit nur ein oder zwei Arten im Durchschnitt um 50 Prozent verändert. Wohingegen sie sich bei Gemeinschaften mit 16 oder 32 Arten nur halb so stark veränderte. „Wir Wissenschaftler suchen schon seit Jahrzehnten nach stabilisierenden Faktoren für Ökosysteme”, erklärt Eisenhauer. „Die vorliegenden Ergebnisse sollten uns Forschern und den politischen Akteuren vor Augen führen, wie sehr Biodiversität zur Stabilisierung unserer Ökosysteme beiträgt – und das angesichts des weltweiten Klimawandels.“

    Mit einem Ergebnis hatten die Forscher allerdings nicht gerechnet: Die Resultate zeigen auch, dass die Biodiversität keinen besonders großen Einfluss darauf hat, wie schnell ein Gebiet nach einer Dürre oder Starkregenereignissen zur normalen Biomasseproduktion zurückkehrt. Dylan Craven, Ko-Autor und iDiv-Postdoc, resümiert: „Als Herausforderung für die Zukunft bleibt zu erforschen, aufgrund welcher Faktoren – außer der Biodiversität – sich Ökosysteme nach extremen Wetterereignissen wieder erholen.“

    Neben dem Forschungszentrum iDiv haben aus Deutschland auch die Universitäten Leipzig, Halle-Wittenberg, Jena, Bayreuth, Greifswald und die TU München sowie das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ an der Studie mitgearbeitet.
    Tobias Wagner

    Direkt zur Studie: http://dx.doi.org/10.1038/nature15374

    Forest Isbell, Dylan Craven, John Connolly, Michel Loreau, Bernhard Schmid, Carl Beierkuhnlein, T. Martijn Bezemer, Catherine Bonin, Helge Bruelheide, Enrica de Luca, Anne Ebeling, John N. Griffin, Qinfeng Guo, Yann Hautier, Andy Hector, Anke Jentsch, Jürgen Kreyling, Vojtěch Lanta, Pete Manning, Sebastian T. Meyer, Akira S. Mori, Shahid Naeem, Pascal A. Niklaus, H. Wayne Polley, Peter B. Reich, Christiane Roscher, Eric W. Seabloom, Melinda D. Smith, Madhav P. Thakur, David Tilman, Benjamin F. Tracy, Wim H. van der Putten, Jasper van Ruijven, Alexandra Weigelt, Wolfgang W. Weisser, Brian Wilsey, Nico Eisenhauer (2015): Biodiversity increases the resistance of ecosystem productivity to climate extremes. NATURE, Advance Online Publication (AOP). DOI: 10.1038/nature15374

    Weitere Informationen:

    Prof. Nico Eisenhauer (steht ab 26.10. für Rückfragen zur Verfügung)
    Leiter der iDiv-Forschungsgruppe Experimentelle Interaktionsökologie
    Telefon: +49 341 - 97 33167
    E-Mail: nico.eisenhauer@idiv.de

    Prof. Helge Bruelheide
    Stellvertretender Direktor iDiv
    Professor für Geobotanik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
    Telefon: +49 345 - 55 26222
    E-Mail: helge.bruelheide@botanik.uni-halle.de

    Dr. Alexandra Weigelt
    Privatdozentin / Universität Leipzig
    Telefon: +49 341 - 97 38594
    E-Mail: alexandra.weigelt@uni-leipzig.de

    Dr. Dylan Craven (für englischsprachige Anfragen)
    Post-Doktorand Experimentelle Interaktionsökologie
    Telefon: +49 341 - 97 33173
    E-Mail: dylan.craven@idiv.de

    Tobias Wagner, Pressestelle iDiv
    Telefon: +49 341- 97 33154
    E-Mail: presse@idiv.de

    iDiv ist eine zentrale Einrichtung der Universität Leipzig im Sinne des § 92 Abs. 1 SächsHSFG und wird zusammen mit der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Friedrich-Schiller-Universität Jena betrieben sowie in Kooperation mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ.
    Beteiligte Kooperationspartner sind die folgenden außeruniversitären Forschungs-einrichtungen: das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung GmbH – UFZ, das Max-Planck-Institut für Biogeochemie (MPI BGC), das Max-Planck-Institut für chemische Ökologie (MPI CE), das Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (MPI EVA), das Leibniz-Institut Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ), das Leibniz-Institut für Pflanzenbiochemie (IPB), das Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) und das Leibniz-Institut Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz (SMNG).


    Weitere Informationen:

    https://www.idiv.de/de/presse/pressemitteilungen/press_release_single_view/artic...


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).