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22.10.2015 10:20

Holz statt Erdöl: Neuer Weg zur Herstellung chemischer Verbindungen aus nachwachsendem Material

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Wissenschaftler gründen neue internationale Forschergruppe, um an der Entwicklung einer nachhaltigen chemischen Infrastruktur zu arbeiten

    Bei der Herstellung chemischer Stoffe könnte Erdöl vielleicht schon bald durch Holz ersetzt werden. Die Forschungen zum Ersatz von Erdöl durch nachwachsende Rohstoffe in der Chemie sind jedenfalls einen bedeutenden Schritt vorangekommen. Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und der University of Alabama in Tuscaloosa haben zwei Wirkstoffe aus holzbasierten Ausgangsmaterialien hergestellt und gezeigt, dass sich die üblicherweise auf Erdölprodukten beruhenden Synthesen ohne wirtschaftliche Verluste ersetzen lassen. „Unsere Idee ist es, dass wir Alltagsprodukte aus erneuerbaren Ressourcen herstellen, ohne dass wir dadurch die Umwelt schädigen, aber trotzdem wirtschaftlich konkurrenzfähig bleiben“, erklärte Univ.-Prof. Dr. Till Opatz von der JGU dazu. Die Forschungsarbeit wurde in dem renommierten Fachmagazin Angewandte Chemie veröffentlicht und von der Redaktion als Titelbeitrag ausgewählt.

    Am Institut für Organische Chemie der JGU beschäftigt sich die Gruppe um Till Opatz im Rahmen des Forschungsverbundes Chemische Biomedizin (ChemBioMed), gefördert durch die Carl-Zeiss-Stiftung, mit der Synthese von Wirkstoffen, die unter anderem das Wachstum von Tumorzellen hemmen. Die US-Forscherkollegen unter Leitung von Prof. Dr. Anthony J. Arduengo III waren hingegen an der Verwendung von Holzinhaltsstoffen für die nachhaltige Herstellung einer breiten Palette chemischer Grundstoffe, etwa für die Produktion von Autolacken, interessiert. Auf einer Fachtagung in Goslar vor zwei Jahren stellten die beiden Forscher fest, dass sich ihre Ansätze hervorragend ergänzen würden, wenn man sie in geeigneter Weise kombiniert. Seither fand ein intensiver Austausch von Wissenschaftlern und Studierenden zwischen Mainz und Tuscaloosa statt, um diese Zusammenarbeit zu befeuern.

    Gemeinsam konnten die beiden Teams nun zeigen, dass sich die üblicherweise auf Erdölprodukten basierenden Synthesen der verschiedenen Wirkstoffe so abändern lassen, dass die Kohlenstoffgerüste ihrer Moleküle ausschließlich aus holzbasierten Ausgangsmaterialien aufgebaut werden. Dabei gab es im Falle einer Zielverbindung, des Naturstoffes Ilicifolin B, keine Vergleichsmöglichkeit mit klassischer Petrochemie, da es sich um die erste Synthese dieser Substanz überhaupt handelte. Im Falle von Derivaten des natürlichen Schmerzmittels Morphin übertraf jedoch die Effizienz der xylochemischen Synthese sämtliche zuvor bekannten petrochemischen Varianten deutlich.

    „Dies zeigt, dass die Verwendung von Holz als nachwachsender Ressource nicht mit einer Reduktion der Wirtschaftlichkeit verbunden sein muss“, so Daniel Stubba, Erstautor der Veröffentlichung von der JGU. „Die Xylochemie, also die chemische Synthese aus Holz, könnte einen wichtigen Beitrag zum Ersatz der endlichen und auch klimaschädlichen Erdöl- und Erdgasnutzung in der chemischen Produktion leisten.“ Weitere Untersuchungen sollen nun andere Fragestellungen aus dem gleichen Themenkreis adressieren. Dazu wurde eine internationale Forschergruppe mit dem Namen STANCE (Sustainable Technology for a new Chemical Economy) gegründet. Sie bringt Wissenschaftler aus den USA, Deutschland, Japan und Kanada zusammen, die gemeinsam an der Entwicklung einer alternativen, nachhaltigen chemischen Infrastruktur arbeiten, welche nicht auf endlichen Ressourcen beruht, ökologische Ungleichgewichte vermeidet und dennoch kostengünstig ist.

    Holz beinhaltet eine Palette von möglichen Ausgansstoffen, die aufgrund ihrer chemischen Struktur für viele Anwendungen besser geeignet sind als Erdölprodukte. Letztere müssen oft erst aufwändig umgewandelt werden, um die gleiche Funktionalität zu erreichen. „Holz als erneuerbare und einfach zugängliche Ressource ist ein ideales Ausgangsmaterial. Seine Inhaltsstoffe gleichen einem Baukasten, aus dessen Bausteinen Produkte für eine modere Gesellschaft hergestellt werden können“, sagte Opatz mit einem Hinweis darauf, dass gerade Alabama und Deutschland, wie auch Kanada, über reiche Holzvorkommen verfügen.

    Abbildung:
    http://www.uni-mainz.de/bilder_presse/09_orgchemie_xylochemie.jpg
    Moleküle aus Holz geschnitzt: Herstellung von Wirkstoffen aus holzbasierten Ausgangsmaterialien
    Abb./©: Jason W. Runyon

    Veröffentlichung:
    Daniel Stubba et al.
    Xylochemie – Naturstoffsynthese aus Holz
    Angewandte Chemie, 21. Oktober 2015
    DOI: 10.1002/ange.201509446

    Weitere Informationen:
    Univ.-Prof. Dr. Till Opatz
    Institut für Organische Chemie
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
    55099 Mainz
    Tel. +49 6131 39-22272 oder 39-24443
    Fax +49 6131 39-22338
    E-Mail: opatz@uni-mainz.de
    http://www.chemie.uni-mainz.de/OC/AK-Opatz/index.php

    Weitere Links:
    http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ange.201509446/abstract (Abstract und Titelbild)
    http://www.wiley-vch.de/util/hottopics/suschem/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Biologie, Chemie, Medizin, Umwelt / Ökologie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Kooperationen
    Deutsch


     

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