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15.12.2015 14:26

Silvester ist Hochsaison für Handchirurgen – Sie mahnen zum sorgsamen Umgang mit Feuerwerk

Regina Radke-Lottermann Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e. V.

    Berlin, 15. Dezember 2015: Mit Start des Raketen- und Böllerverkaufs am 29. Dezember beginnt in den Krankenhäusern die Hochsaison der Handchirurgen. Auch wenn die wiederherstellende Chirurgie heute mit Replantationen von Gliedmaßen und Extremitäten schon viel leisten kann, bleiben nach Böller-Verletzungen oft Funktionseinschränkungen zurück, warnt die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU). Deshalb empfiehlt die DGOU einen bedachten Umgang mit Feuerwerkskörpern und gibt Tipps für verantwortungsvolles Handeln.

    Bundesweite Statistiken über Böller-Verletzungen an Silvester gibt es nicht. Eine durchschnittliche Silvesternacht an einem Großstadt-Krankenhaus sieht aber oft so aus: 60 Teilverletzungen, wie zum Beispiel abgetrennte Finger oder Fingerglieder, und fünf bis zehn schwere Verletzungen, wie zum Beispiel eine zerstörte Hand. Die meisten Verletzten sind junge Männer im Alter bis zu 25 Jahren. Die zweite Haupt-Risikogruppe sind 50- bis 60-jährige Männer.

    „Bei beiden Gruppen ist oft Alkohol mit im Spiel. Je mehr Alkohol man im Blut hat, desto leichtsinniger wird man“, erklärt Professor Andreas Eisenschenk von der Deutschen Gesellschaft für Handchirurgie (DGH), eine Sektion der DGOU. „Die meisten großen Handverletzungen werden durch selbst gebastelte Polen-Böller verursacht. Am häufigsten sind aber Verletzungen eines oder mehrerer Finger sowie Hautverletzungen. Wenn Böller in der Nähe des Kopfes explodieren, kann es aber auch zu Trommelfellzerstörungen kommen – und wenn sie sich in der Hosentasche entzünden, zu Genitalverletzungen.“

    Richtig ernst wird es für die Chirurgen an Silvester ab circa 22 Uhr. Die OP-Teams sind meist doppelt besetzt. Um Sehnen, Gefäße, Nerven und Knochen zu rekonstruieren, sind oft vier- bis zehnstündige Operationen notwendig, häufig auch noch weitere Folgeeingriffe. Ein großes Problem ist bei Böller-Verletzungen, dass Explosionen keine glatten Schnittwunden verursachen, sondern zerfetzte Ränder. Das macht das Nähen der Wunde schwierig bis unmöglich. „Wenn ein Körperteil verletzt war, wird immer eine Einschränkung bleiben, in Gefühl oder Funktion. Wenn die Funktion da ist, aber nicht das Gefühl, ist die Hand funktionslos. Umgekehrt, wenn das Gefühl da ist, aber nicht die Funktion, dann ist die Hand blind“, erklärt Eisenschenk.

    Ein abgetrennter Finger zum Beispiel kann noch nach acht bis zehn Stunden wieder angenäht werden, auch wenn er nicht gekühlt wurde. Deshalb empfiehlt Eisenschenk: „Bevor man etwas falsch macht, die Gliedmaßen lieber ungekühlt transportieren. Denn wenn sie mit Eiswasser in Kontakt kommen, quellen sie auf und dann ist ein Wiederannähen nicht mehr möglich.“ Über 95 Prozent der wieder replantierten Körperteile sind äußerst kälteempfindlich und können bei großer Kälte Schmerzen verursachen. Deshalb ist die „Lebensqualität danach“ für die Operateure vor jeder OP ein wichtiger Aspekt. So könnte die Replantation eines Fingers bei einem Musiker sinnvoll sein, bei einem Handwerker, der viel im Freien arbeitet, dagegen nicht. Er hätte bei Außenarbeiten im Winter einfach zu große Schmerzen.

    An Neujahr geht die Arbeit für die Chirurgen ohne Pause weiter. Dann kommen hauptsächlich Kinder, die sich beim Blindgänger-Sammeln verletzt haben. Diese haben aber doppelt Glück: Erstens sind sie meist nur leicht verletzt und zweitens sind sie äußerst regenerationsfähig. Bei Kindern und jungen Erwachsenen im Alter bis zu 25 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit, dass verletzte Nervenverbindungen wieder voll funktionstüchtig werden, noch sehr hoch. Bei 35- bis 40-jährigen Patienten ist die Wahrscheinlichkeit schon merklich geringer, ab 50 Jahren nimmt sie sogar deutlich ab.

    Damit es erst gar nicht zu Verletzungen kommt, empfehlen die Orthopäden und Unfallchirurgen der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) einen sorgsamen Umgang mit Feuerwerkskörpern und geben folgende Tipps:

    - Feuerwerkskörper nur im Fachhandel kaufen und die Gebrauchsanweisung lesen!
    Auf das CE-Zeichen und die BAM-Prüfnummer (Bundesamt für Materialprüfung) achten.

    - Keine selbst gebastelten oder manipulierten Feuerwerkskörper verwenden!
    Sie sind besonders gefährlich, da bei ihnen unsicher ist, wann und wie stark sie explodieren.

    - Am besten nur Feuerwerkskörper verwenden, die nicht in der Hand gezündet werden müssen!
    Vorräte nicht am Körper lagern, sondern verschlossen und in sicherem Abstand.

    - Feuerwerkskörper, die nicht explodiert sind, nicht noch einmal zünden und sofort entsorgen!
    Das schützt Kinder und Jugendliche, die am Neujahrstag Blindgänger sammeln und nachzünden.

    - Knaller und Böller sollten für Kinder und Jugendliche tabu sein!
    Besonders gefährdet sind männliche Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren.

    - Nicht alkoholisiert knallen und den Sicherheitsabstand einhalten!
    Alkohol enthemmt und macht unvorsichtig. Schon kleine Mengen beeinflussen das Verhalten.

    Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) ist eine medizinisch-wissenschaftliche Fachgesellschaft mit mehr als 10.000 Mitgliedern mit Sitz in Berlin. Als Vereins-verband bündelt sie die Ziele und Aufgaben ihrer beiden Trägervereine, der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) und der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Damit vertritt sie die Interessen von Ärzten und Wissenschaftlern des Faches Orthopädie und Unfallchirurgie im Bereich der Forschung, Lehre, Fort- und Weiterbildung, Klinik und Praxis sowie im ordnungspolitischen Rahmen der Gesundheitspolitik.

    Kontakt für Rückfragen:
    Susanne Herda und Regina Radke-Lottermann
    Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.
    Straße des 17. Juni 106-108, 10623 Berlin
    Telefon: +49 (0)30 340 60 36 -16 oder -00
    Telefax: +49 (0)30 340 60 36 01
    E-Mail: presse@dgou.de

    Interviewanfragen können bis zum 23.12.2015 bearbeitet werden.


    Weitere Informationen:

    http://www.dgou.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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