Mannheim – Für sehr viele Krebsarten ist die herkömmliche Bestrahlung mit Photonen eine präzise und effektvolle Therapie. Wenn der Tumor jedoch ungünstig liegt oder von strahlenempfindlichem Gewebe umgeben ist, ist die Ionentherapie möglicherweise besser geeignet, um das gesunde Gewebe zu schonen. Aktuelle Studien zeigen, dass die Bestrahlung mit diesen geladenen Teilchen bei bestimmten Tumorarten zudem zu einem besseren Langzeitüberleben führt. Für welche Patientengruppen die Ionentherapie Vorteile bringt, diskutieren Experten auf der Pressekonferenz der 22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO) am 16. Juni in Mannheim.
Die Strahlentherapie ist ein wesentlicher Bestandteil der Krebsbehandlung. Eingesetzt werden moderne therapeutische Röntgengeräte, die ihre Strahlendosis sehr präzise auf die Tumorzellen abgeben und sie zerstören. In der Regel werden dabei Photonen, hochenergetische Röntgenstrahlen, verwendet. Diese geben ihre Energie allerdings auch auf der Bahn durch den Körper ab. Gesunde Bereiche in der Umgebung des Tumors werden also zwangsläufig mitbestrahlt. Anders hingegen wirken Ionen, also geladene Teilchen, deren physikalische Eigenschaft sich die Strahlentherapeuten zu Nutze machen. „Die schweren Ionen geben die Energie erst in einer bestimmten Eindringtiefe ab. Dort, wo der Strahl eintritt, wird eine niedrige Dosis frei. Dort wo der Tumor liegt – dem sogenannten „Bragg-Peak“ – dann die höchste“, erklärt Professor Dr. med. Jürgen Debus, Präsident der DEGRO und Ärztlicher Direktor der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie am Universitätsklinikum Heidelberg. Das Gewebe, das hinter dem Tumor liegt, bekomme dann, wenn überhaupt, nur noch sehr wenig oder keine Dosis mehr ab.
„Von der Ionenstrahlung können die Patienten profitieren, bei denen das Tumorwachstum mit der konventionellen Strahlentherapie nicht gestoppt werden kann, weil es technisch unmöglich ist, eine ausreichend hohe Strahlendosis zu verabreichen“, sagt Debus. Auch bei Geschwüren, die extrem widerstandsfähig gegenüber herkömmlicher Bestrahlung sind oder die von hoch strahlenempfindlichem gesunden Gewebe umschlossen werden, wie beispielsweise Auge, Sehnerv oder Darm, ist die Therapie geeignet. Für den Strahlentherapeuten ist daher die neue Strahlentherapie mit Protonen oder Ionen eine wegweisende Innovation.
Professor Dr. med. Frederik Wenz, DEGRO-Tagungspräsident und Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie am Universitätsklinikum Mannheim, verweist auf erste Studienergebnisse für eine Reihe von Tumorarten, wie zum Beispiel für Speicheldrüsentumore, oder spezielle Tumore an der Schädelbasis, wie Chordome und Chondrosakome, die die Wirksamkeit der Ionentherapie zeigen. „In klinischen Studien lag die lokale Tumorkontrollrate nach fünf Jahren bei Chordomen bei 70 Prozent. Nach vier Jahren lag sie bei bösartigen Speicheldrüsentumoren bei 77,5 Prozent und bei Chondrosarkomen bei 89,8 Prozent.“
Voraussetzung für diese neue Therapie sind hochkomplexe und in der Anschaffung sehr teure Strahlentherapieanlagen. Auch die Bestrahlungskosten pro Patient liegen höher, sind aber nach Einschätzung der DEGRO-Experten gerechtfertigt: „Die geringeren Nebenwirkungen und die besseren Langzeitüberlebenszeiten überzeugen“, so DEGRO-Präsident Debus. Für verschiedene andere Erkrankungen wie beispielsweise Prostata-, Leber- und Knochentumore laufen derzeit klinische Therapiestudien, die zeigen werden, für welche weiteren Patientengruppen diese Hightech-Bestrahlungsform hilfreich sein kann.
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Literatur:
Professor Dr. med. Jürgen Debus: Redemanuskript der DEGRO-Pressekonferenz vom 16. Juni 2016
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Terminhinweis:
Pressekonferenz anlässlich der 22. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Radioonkologie
Termin: Donnerstag, 16. Juni 2016, 11:00 bis 12:00 Uhr
Ort: Congress Center Rosengarten Mannheim, Raum 3.9
Anschrift: Rosengartenplatz 2, 68161 Mannheim
Weitere Informationen zur Tagung und das wissenschaftliche Programm finden Sie im Internet unter http://www.degro.org/degro2016/
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Zur Strahlentherapie:
Die Strahlentherapie ist eine lokale, nicht-invasive, hochpräzise Behandlungsmethode mit hohen Sicherheitsstandards und regelmäßigen Qualitätskontrollen. Bildgebende Verfahren wie die Computer- oder Magnetresonanztomografie ermöglichen eine exakte Ortung des Krankheitsherdes, sodass die Radioonkologen die Strahlen dann zielgenau auf das zu bestrahlende Gewebe lenken können. Umliegendes Gewebe bleibt weitestgehend verschont.
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Dagmar Arnold/Lisa Ströhlein
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