Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) e.V. und die in ihr organisierten wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften fordern mehr Wissenschaftskompetenz als Ausbildungsziel für alle angehenden Ärzte. Alle Ärzte brauchen für ihren Alltag in Klinik und Praxis die Fähigkeit, wissenschaftliche Studien zu finden und zu bewerten. Wissenschaftliche Methoden sind in der Ausbildung auch deshalb zwingend zu vermitteln, da es sonst keinen Nachwuchs an medizinischen Forschern geben kann und damit der wissenschaftliche Fortschritt der gesamten Medizin gefährdet sei, so die AWMF.
„Alle Studierenden der Medizin benötigen eine grundlegende Wissenschaftskompetenz, auch diejenigen, die keine Promotion anstreben“, betont Professor Dr. med. Rolf Kreienberg, Präsident der AWMF. Das wissenschaftliche Grundverständnis und die Fähigkeit, selbständig und kompetent wissenschaftliche Publikationen zu finden und zu bewerten, seien für die tägliche ärztliche Praxis unverzichtbar. „Leitlinien fassen zwar die verfügbaren Daten über die darin besprochenen Krankheiten zusammen und geben Hinweise zur rationalen Behandlung, aber die Therapieentscheidung für den einzelnen Patienten muss immer individuell durch den behandelnden Arzt erfolgen“, begründet Professor Dr. med. Rolf-Detlef Treede, Vizepräsident der AWMF, die Forderung der AWMF. Dies kann er nur mit einem grundlegenden wissenschaftlichen Methodenwissen.
In ihrem Koalitionsvertrag von 2013 hatte die Bundesregierung die Ausarbeitung eines Masterplans „Medizinstudium 2020“ angekündigt. Nach einer Anhörung der Verbände im November 2015 hieß es im Sommer 2016, der „Masterplan Medizinstudium 2020“ sei verabschiedet, aber über dessen Inhalte hüllt sich die Politik bis heute in Schweigen. Bekannt ist, dass dieser Masterplan einseitig auf die Stärkung der Allgemeinmedizin im Studium sowie auf vermeintliche Lösungen zur sogenannten Landarztproblematik abzuzielen scheint. „Bei einem so anspruchsvollen Titel sollte der ‚Masterplan Medizinstudium 2020‘ den Erwerb der Wissenschaftskompetenz im Medizinstudium festschreiben", sagt Professor Treede.
Gemeinsam mit der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland e.V. (bvmd), dem Medizinischen Fakultätentag (MFT) und dem Verband der Deutschen Universitätsklinika (VUD) hatte sich die AWMF in einer gemeinsamen Erklärung im Mai 2016 besorgt darüber geäußert, dass es ohne diese Verankerung nicht möglich sei, dass alle Studierenden der Medizin eine grundlegende Wissenschaftskompetenz erwerben. „Der Umgang mit wissenschaftlich gewonnenen Erkenntnissen und den zugrundeliegenden Daten muss in regulären Unterrichtsveranstaltungen des Medizinstudiums eingeübt werden“, so Professor Treede.
Zur ärztlichen Tätigkeit gehört auch das Forschen, beispielsweise im Rahmen einer medizinischen Promotion oder Habilitation. Voraussetzung dafür ist und bleibt eine Grundausbildung in der wissenschaftlichen methodischen Basis der medizinischen Fächer. „Der viel beklagte Nachwuchsmangel an forschenden Ärzten, hat auch damit zu tun, dass Absolventen anderer Studiengänge für diese Tätigkeit besser qualifiziert sind“, erläutert AWMF-Präsident Professor Kreienberg.
Das Ziel des Medizinstudiums in Deutschland ist „der wissenschaftlich und praktisch in der Medizin ausgebildete Arzt“. Eine Ausrichtung auf die Berufspraxis in Krankenhäusern oder im niedergelassenen Bereich reicht aber nicht aus. In den „Masterplan Medizinstudium 2020“ gehört die Wissenschaftskompetenz als Ausbildungsziel für alle angehenden Ärzte. Der im November 2015 unterbrochene Dialog der Gesundheitspolitiker mit den Medizinischen Fächern zu diesem Thema muss dringend wieder aufgenommen werden, so die AWMF-Experten. Die AWMF und die in ihr organisierten wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften fordern die Fortsetzung des Dialogs im Sinne einer wissenschaftlichen Medizin und zum Wohle der durch sie betreuten Patienten.
Die Stellungnahme finden Sie auf der Homepage der AWMF.
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Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V. bündelt die Interessen der medizinischen Wissenschaft und trägt sie verstärkt nach außen. Sie handelt dabei im Auftrag ihrer 168 medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften. Gegründet 1962 mit dem Ziel, gemeinsame Interessen stärker gegenüber dem Staat und der ärztlichen Selbstverwaltung zu positionieren, erarbeitet die AWMF seitdem Empfehlungen und Resolutionen und vertritt diese im wissenschaftlichen und politischen Raum. Die AWMF ist Ansprechpartner für gesundheitspolitische Entscheidungsträger, wie den Gemeinsamen Bundesausschuss, und koordiniert die Entwicklung und Aktualisierung medizinisch-wissenschaftlicher Leitlinien in Deutschland. Jede gemeinnützige Fachgesellschaft in Deutschland kann Mitglied werden, sofern sie sich wissenschaftlichen Fragen der Medizin widmet. Die AWMF finanziert sich vorwiegend durch die Beiträge ihrer Mitgliedsgesellschaften und Spenden.
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