idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
24.01.2017 14:53

Süditalien: Aktive Plattengrenze birgt Erdbebengefahr

Dr. Andreas Villwock Kommunikation und Medien
GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel

    Internationales Forschungsteam veröffentlicht neueste Meeresbodenkartierungen

    24.01.2017/Kiel. Der Mittelmeerraum ist tektonisch äußerst aktiv und damit von Naturkatastrophen bedroht. Das zeigen die jüngsten Erdbeben in Mittelitalien auf eindringliche Weise. Ein internationales Wissenschaftsteam mit Beteiligung des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel hat in den vergangenen Jahren intensiv den Meeresboden südlich von Sizilien und Kalabrien untersucht. Wie das Team jetzt in der internationalen Fachzeitschrift Earth and Planetary Science Letters veröffentlicht, haben sie dabei Spuren einer aktiven Erdplattengrenze gefunden, die ebenfalls starke Beben hervorrufen kann.

    Seit den frühen Hochkulturen ist das Leben der Menschen in Europa, in Vorderasien und in Nordafrika eng mit dem Mittelmeer verbunden – und immer wieder haben Naturkatastrophen wie Vulkanausbrüche, Erdbeben und Tsunamis die angrenzenden Kulturen und Staaten erschüttert. Der Grund für diese ständige Bedrohung ist, dass im Mittelmeer die Eurasische und die Afrikanische Erdplatte aufeinandertreffen. „Leider ist die Situation im Detail aber sehr kompliziert, es gibt regional viele unterschiedliche Bruchzonen im Untergrund. Das macht die genaue Gefahrenanalyse für bestimmte Räume sehr schwierig“, erläutert die Geophysikerin Prof. Dr. Heidrun Kopp vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel.

    Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Frankreich, Italien und Spanien sowie von den Universitäten Kiel und Bremen veröffentlicht sie jetzt in der aktuellen Ausgabe der internationalen Fachzeitschrift Earth and Planetary Science Letters die Ergebnisse von umfangreichen Meeresbodenuntersuchungen vor den Südküsten Siziliens und Kalabriens. Die Forschungskampagnen haben Beweise für eine aktive Plattengrenze in der Region erbracht. „Historische Naturkatastrophen zeugen von Aktivitäten in diesem Gebiet, aber bisher waren die Ursachen nicht genau bekannt. Jetzt fangen wir an, sie besser zu verstehen“, sagt Professorin Kopp, eine der Autorinnen der Studie.

    Die Erkenntnisse beruhen auf insgesamt sechs Schiffsexpeditionen seit 2010, darunter drei mit dem deutschen Forschungsschiff METEOR. Während dieser Ausfahrten haben die jeweiligen Teams den Meeresboden mit neuesten Technologien präzise kartiert. Zusätzlich haben die Forscherinnen und Forscher mit seismischen Methoden das Innere des Meeresbodens durchschallt und so Informationen über dessen Aufbau in bis zu 30 Kilometern Tiefe erhalten.

    „Wir kannten aus der Region bereits vorher Sedimentschichten, die typisch sind, wenn sich eine Erdplatte unter die andere schiebt. Allerdings war bisher umstritten, ob es sich um alte Strukturen handelt oder ob diese sogenannte Subduktion noch aktiv ist“, erläutert die Kieler Geophysikerin. Die neuen Untersuchungen zeigen jetzt, dass sich die Platten noch bewegen – „Langsam, aber so, dass sie Spannungen im Erdinneren aufbauen können“, so Professorin Kopp.

    Die untersuchte Region ist deshalb von großem Interesse, weil sie in der Vergangenheit wiederholt von verheerenden Erdbeben und Tsunamis getroffen wurde. So forderten ein Erdbeben in der Meerenge von Messina im Jahr 1908 sowie ein darauf folgender Tsunami 72.000 Menschenleben.

    „Natürlich können wir auch mit den neuen Erkenntnissen nicht vorhersagen, ob und wann sich ein schweres Beben genau ereignen wird. Aber je mehr wir über den Meeresboden und seinen Aufbau im Detail wissen, desto besser können wir abschätzen, wo die Wahrscheinlichkeit für Naturgefahren besonders hoch ist. Dann können Katastrophenschutzmaßnahmen und Bauvorschriften die Risiken immerhin abmildern“, sagt Prof. Dr. Kopp.

    Originalarbeit:
    Gutscher, M.-C., H. Kopp, S. Krastel, G. Bohrmann, T. Garlan, S. Zaragosi, I. Klaucke, P. Wintersteller, B. Loubrieu, Y. Le Faou, L. San Pedro, S. Dominguez, M. Rovere, B. Mercier de Lepinay, C. Ranero, V. Sallares (2017): Active tectonics of the Calabrian subduction revealed by new multi-beam bathymetric data and high-resolution seismic profiles in the Ionian Sea (Central Mediterranean). Earth and Planetary Science Letters, 461, 61-72, http://dx.doi.org/10.1016/j.epsl.2016.12.020

    Hinweis:
    Die Expeditionen M86/2 und M111 des FS Meteor wurden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert. Die bathymetrischen Daten fließen in das europäische European Marine Observation and Data Network (EMODnet) ein.

    Kontakt:
    Jan Steffen (GEOMAR, Kommunikation & Medien), Tel.: 0431 600-2811, presse@geomar.de


    Bilder

    Seismische Untersuchungen vor der Küste Siziliens während der METEOR Expedition M111.
    Seismische Untersuchungen vor der Küste Siziliens während der METEOR Expedition M111.
    Heidrun Kopp, GEOMAR
    None

    Topographie des Meeresbodens vor der Ostküste Siziliens gewonnen aus Daten verschiedener Expeditionen
    Topographie des Meeresbodens vor der Ostküste Siziliens gewonnen aus Daten verschiedener Expeditione ...
    Marc-André Gutscher, U. Brest.
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Seismische Untersuchungen vor der Küste Siziliens während der METEOR Expedition M111.


    Zum Download

    x

    Topographie des Meeresbodens vor der Ostküste Siziliens gewonnen aus Daten verschiedener Expeditionen


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).