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08.03.2017 11:24

Wissenschaftler programmieren Haut- zu Hirnzellen um und erleichtern so die neurologische Forschung

Dr. Christina Heimken Presse- und Informationsstelle
Westfälische Wilhelms-Universität Münster

    Wissenschaftlern der Universität Münster und des Max-Planck-Instituts (MPI) für molekulare Biomedizin in Münster ist es gelungen, bestimmte Hirnzellen (Oligodendrozyten) aus Hautzellen herzustellen - und zwar erstmals auf besonders effiziente Weise. So ist es möglich, große Mengen der Zellen zu gewinnen, was für die Forschung von Bedeutung ist.

    Münster (mfm/jr) – Ob Kopfrechnen, Schreiben und Lesen oder eine neue Fremdsprache lernen: Hirnzellen ermöglichen uns tagtäglich unglaubliche Denkleistungen. Werden diese Zellen durch neurologische Erkrankungen geschädigt, können sie nicht ohne Weiteres entnommen und untersucht werden. Forscher der Universität Münster sowie des Max-Planck-Institutes (MPI) für molekulare Biomedizin in Münster gehen daher andere Wege und stellen sich die benötigten Hirnzellen, in diesem Fall Oligodendrozyten, einfach selber her – nämlich aus der Haut. Das Forscherteam gehört zu gerade einmal einer Handvoll von Arbeitsgruppen weltweit, die diesen Prozess schon erfolgreich umgesetzt haben. Das Team in Münster kann das jetzt allerdings vielfach schneller und effizienter – mit großem Nutzen für die Forschung.

    Vergleichbar mit Kabeln, die isoliert sind, um Kurzschlüsse zu verhindern, sorgt eine Hüllschicht um die menschlichen Nervenfasern für eine reibungslose und schnelle Weiterleitung von Impulsen zum Gehirn. Bei der Multiplen Sklerose und anderen neurologischen Erkrankungen wird diese natürliche Isolationsschicht der Nervenzellen, Myelinscheide genannt und von Oligodendrozyten gebildet, jedoch zerstört. Trotz intensiver Forschungsbemühungen sind solche Erkrankungen im Nervensystem nach wie vor nicht heilbar. Das Problem: Wichtige Erkenntnisse fehlen, da eine Gewebeentnahme aus dem Gehirn für den Patienten zu risikoreich ist und die Wissenschaftler somit keinen Zugang zu den erkrankten Zellen haben.

    Um erkrankte Nervenzellen dennoch untersuchen zu können, gilt am münsterschen Institut für Neuropathologie daher das Motto „Do it yourself“. Ein großes Konsortium um Dr. Marc Ehrlich und Prof. Dr. Tanja Kuhlmann konnte in enger Zusammenarbeit mit Prof. Hans Schöler und seinen Kollegen aus dem MPI eine neue Methode entwickeln, um die benötigten Oligodendrozyten selber „herzustellen“. Dabei werden Hautzellen des Patienten entnommen und zunächst in induziert pluripotente Stammzellen reprogrammiert. Anschließend haben die Forscher mit Hilfe von Proteinen diese Stammzellen in Oligodendrozyten umgewandelt. „Die drei Proteine, die wir benutzen, regeln Prozesse in der Zelle und starten sozusagen ein Programm, damit die Zellen zu Oligodendrozyten ausreifen“, veranschaulicht die Neuropathologin Kuhlmann den Ablauf des Verfahrens.

    In weniger als einem Monat entstehen auf diese Weise Oligodendrozyten, die eine große Ähnlichkeit mit denen im menschlichen Gehirn aufweisen und die anfangen, eine neue Isolationsschicht zu bilden. Ähnliche Verfahren benötigten bislang zwischen 70 und 150 Tagen für den Reifungsprozess. Dadurch ist die neue Methode derart effizient, dass es erstmals möglich ist, große Mengen der Zellen zu gewinnen und umfangreiche Wirkstoffsammlungen auf den Zellen zu testen. „Dadurch können wir die zugrundeliegenden Mechanismen bei Erkrankungen wie zum Beispiel der Multiplen Sklerose besser untersuchen und hoffentlich in der Zukunft neue Medikamente identifizieren“, weist Ehrlich auf die Bedeutung des Verfahrens für die Forschung hin.

    Redaktion:

    Dr. Thomas Bauer
    Referat Presse der Medizinischen Fakultat der Universität Münster
    Tel. 0251-83-58937
    mobil: 0171-4948979
    E-Mail: thbauer@uni-muenster.de

    Originalpublikation:

    Ehrlich M. et al. (2017): Rapid and efficient generation of oligodendrocytes from human induced pluripotent stem cells using transcription factors. PNAS Early Edition; doi: 10.1073/pnas.1614412114


    Weitere Informationen:

    http://www.pnas.org/content/early/2017/02/27/1614412114.abstract Link zur Publikation


    Bilder

    Züchten Oligodendrozyten aus der Haut: Prof. Tanja Kuhlmann und Dr. Marc Ehrlich vom Institut für Neuropathologie
    Züchten Oligodendrozyten aus der Haut: Prof. Tanja Kuhlmann und Dr. Marc Ehrlich vom Institut für Ne ...
    Foto: FZ/E. Deiters-Keul
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Züchten Oligodendrozyten aus der Haut: Prof. Tanja Kuhlmann und Dr. Marc Ehrlich vom Institut für Neuropathologie


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