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10.03.2017 16:55

Siegener Forschende entwickeln Löwen-Warnsystem

Tanja Hoffmann M.A. Stabsstelle für Presse, Kommunikation und Marketing
Universität Siegen

    Forschende der Universität Siegen sind in Botswana am Aufbau eines weltweit einzigartigen digitalen Löwen-Warnsystems beteiligt. Es soll Konflikte zwischen der heimischen Bevölkerung und Löwen vermeiden und so zum Schutz der Raubtiere beitragen.

    Etwa 1.200 Löwen leben heute noch im Okavango-Delta in Botswana, bis zu 70 davon an der nördlichen Grenze des Weltnaturerbes. Doch immer wieder werden die Tiere von Anwohnern des Deltas erschossen oder vergiftet. Grund sind in den meisten Fällen Angriffe der Raubkatzen auf das Vieh der lokalen Bevölkerung – allein in den letzten anderthalb Jahren wurden mehr als hundert Fälle registriert, in denen Löwen frei umherlaufende Rinder gerissen haben. WissenschaftlerInnen der Universität Siegen möchten den Konflikt nun mit moderner Technik abmildern: Sie arbeiten an einem weltweit einzigartigen Frühwarnsystem, das die Einwohner alarmiert, wenn die Löwen ihnen oder ihren Rindern zu nahekommen. Die Forschenden kooperieren dazu mit den Raubtierforschern des Naturschutz- und Forschungsprojektes „CLAWS Conservancy“.

    „Für uns ist eine solche IT-Entwicklung auf der Grundlage ethnografischer Forschung in Afrika absolutes Neuland. Es ist toll, mit unserem Wissen zum Schutz der Löwen im Okavango-Delta beizutragen“, sagt Dr. Helmut Hauptmeier von der „iSchool“ (School of Media and Information) der Universität Siegen. Zusammen mit seinem Kollegen Konstantin Aal vom Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik und Neue Medien ist der Medienwissenschaftler im Februar von einem mehrwöchigen Aufenthalt im Delta zurückgekehrt. Die Rinder seien für die Menschen dort wichtige Statussymbole – dennoch würden herkömmliche Methoden der Viehhaltung wie das Hüten der Tiere kaum praktiziert, berichten die Forscher. Tagsüber bewegen sich die teils riesigen Rinderherden nahezu unkontrolliert durch das Delta. Um sie vor Löwen-Angriffen zu schützen, möchten die Siegener einen dynamischen „Geofence“ entwickeln – einen virtuellen Zaun. Kommen die Löwen diesem Zaun zu nahe, werden die Viehhalter automatisch alarmiert und können ihre Tiere in Sicherheit bringen. „Es geht uns darum, die Balance zwischen Menschen und Löwen wiederherzustellen und eine friedliche Co-Existenz zu ermöglichen“, erklärt Aal.

    In den vergangenen Monaten haben Biologen der „CLAWS Conservancy“ bereits einige Löwen-Rudel mit GPS-Sendern ausgestattet. Dazu wird jeweils ein Tier des Rudels betäubt und bekommt ein Halsband mit einem integrierten GPS-Sender umgelegt. „Für die Tiere ist das ungefährlich“, versichert Hauptmeier. „Die GPS-Halsbänder stören sie nicht. Alle zwei Stunden senden sie über Satellit ein Signal, das den Aufenthaltsort der Löwen verrät. Ist die Batterie des Senders nach etwa drei Jahren leer, fällt das Halsband von alleine ab.“

    In den kommenden Monaten sollen noch mehr Löwen mit GPS-Sendern ausgestattet werden, ebenso die Leitkühe der großen Rinderherden. „Anhand der Daten sehen wir, bis wohin sich die Tiere jeweils bewegen und können eine kritische Linie festlegen, an der entlang Begegnungen wahrscheinlich sind. Dieser Geofence ist dynamisch und passt sich automatisch an die Bewegungen der Tiere an“, erklärt Hauptmeier. Zusätzlich möchten die WissenschaftlerInnen um die Dörfer herum jeweils einen statischen Zaun ziehen. Kommen die Löwen diesen virtuellen Grenzen zu nahe, soll per SMS ein Alarm direkt an die Bewohner, beziehungsweise die Rinderhalter gesendet werden.

    Zwar beobachten die Biologen der „CLAWS Conservancy“ auch heute schon, wo sich die Löwen im Delta bewegen und warnen gegebenenfalls die Bevölkerung. Das funktioniert bisher aber nur über eine umständliche Telefonkette und kostet viel Zeit, wie das Siegener Forscherteam festgestellt hat. „Unser System soll flexibel, schnell und direkt sein“, sagen Aal und Hauptmeier. „Dazu müssen wir eine Technik entwickeln, die für die Menschen vor Ort auch nutzbar ist.“ In Interviews und Workshops möchten die WissenschaftlerInnen herausfinden, welche technischen Vorkenntnisse die Bewohner entlang des Deltas haben und wie sie in ihrem Alltag mit Technik umgehen. Im Juli soll bereits ein erster Prototyp des neuen Warnsystems stehen. „Diesen möchten wir zusammen mit den künftigen NutzerInnen weiterentwickeln und ihren Bedürfnissen anpassen“, erklärt Aal.

    Bis zum Jahresende soll das technisch weiterentwickelte Löwen-Warnsystem einsatzbereit sein.
    Es könnte mit relativ geringem Aufwand auch auf andere Situationen und Gebiete übertragen werden. Einige Ideen haben die ForscherInnen der CLAWS Conservancy zusammen mit den Siegener WissenschaftlerInnen dazu schon entwickelt: So könnte die Technik etwa zum Schutz der Schneeleoparden in Kasachstan oder der Wölfe im und um den amerikanischen Yellow Stone-Nationalpark beitragen – oder auch zur Umsetzung des europaweit einzigartigen Wisent-Auswilderungsprojektes im deutschen Rothaargebirge.


    Bilder

    Knapp 70 Löwen leben heute noch an der nördlichen Grenze des Okavango-Deltas. Das Gebiet ist von der UNESCO zum Weltnaturerbe ernannt worden.
    Knapp 70 Löwen leben heute noch an der nördlichen Grenze des Okavango-Deltas. Das Gebiet ist von der ...
    Bildnachweis: Universität Siegen
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    Abschiedsfoto mit lokalen HelferInnen im Projekt: Konstantin Aal (2. v.l.) und Dr. Helmut Hauptmeier (2. v.r.) von der Universität Siegen waren drei Wochen im Okawango-Delta.
    Abschiedsfoto mit lokalen HelferInnen im Projekt: Konstantin Aal (2. v.l.) und Dr. Helmut Hauptmeier ...
    Bildnachweis: Universität Siegen
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Medien- und Kommunikationswissenschaften, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Knapp 70 Löwen leben heute noch an der nördlichen Grenze des Okavango-Deltas. Das Gebiet ist von der UNESCO zum Weltnaturerbe ernannt worden.


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    Abschiedsfoto mit lokalen HelferInnen im Projekt: Konstantin Aal (2. v.l.) und Dr. Helmut Hauptmeier (2. v.r.) von der Universität Siegen waren drei Wochen im Okawango-Delta.


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