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17.04.2017 21:00

Synthetischer Zucker gegen Autoimmunkrankheit

Reto Caluori Kommunikation & Marketing
Universität Basel

    Forscher arbeiten an einem neuartigen Ansatz zur Behandlung einer seltenen Autoimmunerkrankung des peripheren Nervensystems: Dabei soll eine Art molekularer Schwamm aus Zucker pathogene Antikörper aus dem Blutkreislauf entfernen. Entwickelt zur Behandlung der Anti-MAG Neuropathie, hat der Ansatz das Potenzial, auch bei andern Autoimmunerkrankungen Anwendung zu finden. Dies berichten Wissenschaftler der Universität Basel und des Universitätsspitals Basel in der Fachzeitschrift «PNAS».

    Patienten, die an Anti-MAG-Neuropathie erkranken, leiden unter anderem an Sensibilitätsverlust in Armen und Beinen, neuropathischen Schmerzen und einem Verlust der Koordination bis zur Gehbehinderung. Durch die fortschreitende Schädigung der peripheren Nerven werden die Betroffenen im täglichen Leben immer stärker eingeschränkt, bis sie auf vollständige Unterstützung angewiesen sind.

    Die Erkrankung kann im Blutserum anhand von Autoantikörpern nachgewiesen werden, die an das Myelin-assoziierte Glykoprotein (MAG) im peripheren Nervensystem binden. Diese Anti-MAG Antikörper gelten seit Längerem als Ursache der Krankheit. Bekannt ist auch, dass eine Reduktion der Antikörperkonzentration im Blut zu einer Verbesserung der Symptome führt.

    Eine zugelassene Therapie, die spezifisch gegen diese Autoantikörper wirkt, ist zurzeit aber nicht verfügbar. Die heutigen Behandlungen zielen lediglich darauf ab, die Immunreaktion zu unterdrücken; sie sind wenig effizient und können zum Teil schwere Nebenwirkungen hervorrufen.

    Künstliches Molekül als Schwamm

    Daher arbeiten Basler Forschende an einer neuen Behandlungsmethode mit massgeschneiderten synthetischen Glykopolymeren, die wie ein Schwamm auf die schädlichen Autoantikörper wirken. Das Glykopolymer imitiert den Abschnitt auf dem MAG-Protein, an den die Anti-MAG Antikörper binden.

    Die Wissenschaftler konnten in vitro nachweisen, dass das Glykopolymer die krankheitsverursachenden Antikörper in Patientenseren neutralisiert. Darüber hinaus wurden die Anti-MAG Antikörper in immunisierten Mäusen effizient entfernt.

    Perspektive für andere Autoimmunerkrankungen

    Dieser neue Behandlungsansatz bietet nicht nur eine vielversprechende Möglichkeit für eine antigenspezifische Therapie der Anti-MAG Neuropathie, sondern auch für andere Antikörper-vermittelte Autoimmunerkrankungen.

    Da bei vielen Autoimmunerkrankungen die Antigene nur unvollständig beschrieben oder gar unbekannt sind, gestalten sich antigenspezifische Therapieansätze in der Regel äusserst schwierig. «Mit der Verwendung von Glykopolymeren eröffnen sich neue Möglichkeiten zur Behandlung von Erkrankungen, bei denen Anti-Glykan-Antikörper eine Rolle spielen», sagt Studienleiter Prof. Beat Ernst vom Departement für Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Basel. Beispiel dafür sind die multifokale motorische Neuropathie oder das Guillain-Barré-Syndrom.

    Kooperation mit Spin-off

    Die Resultate entstanden in einem gemeinsamen Projekt des Departements für Pharmazeutische Wissenschaften der Universität Basel und der Polyneuron Pharmaceuticals AG, einem Spin-off der Universität Basel, der 2014 von Dr. Ruben Herrendorff, Prof. Andreas Steck und Prof. Beat Ernst gegründet worden ist. Das Projekt wurde von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI), der Gebert Rüf Stiftung und der Neuromuscular Research Association Basel gefördert.

    Zurzeit bereitet Polyneuron Pharmaceuticals AG die klinische Testierung des Glykopolymer-Wirkstoffs zur Therapie von Anti-MAG Neuropathie vor.

    Originalbeitrag
    Ruben Herrendorff, Pascal Hänggi, Hélène Pfister, Fan Yang, Delphine Demeestere, Fabienne Hunziker, Samuel Frey, Nicole Schaeren-Wiemers, Andreas J. Steck and Beat Ernst
    Selective in vivo removal of pathogenic anti-MAG autoantibodies, an antigen-specific treatment option for anti-MAG neuropathy
    PNAS (2017), doi: 10.1073/pnas.1619386114

    Weitere Auskünfte
    Prof. Dr. Beat Ernst, Universität Basel, Departement für Pharmazeutische Wissenschaften, Tel. +41 61 207 15 51, E-Mail: beat.ernst@unibas.ch


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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