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20.04.2017 09:27

Was wir von Fischen und Tauben über Händigkeit lernen können

Meike Drießen Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Links-rechts-Unterschiede im Gehirn sind nicht einzigartig für den Menschen. Das belegen Studien mit verschiedenen Spezies, zum Beispiel die Arbeiten mit Tauben an der Ruhr-Universität Bochum. In einem Übersichtsartikel in der Zeitschrift Neuron stellen die Biopsychologen Prof. Dr. Dr. h. c. Onur Güntürkün und Privatdozent Dr. Sebastian Ocklenburg Belege zusammen, die diese Aussage stützen. Die Forscher ziehen aus den Tierdaten auch Rückschlüsse darauf, wie Asymmetrien beim Menschen entstehen.

    Von Würmern bis Menschen

    Asymmetrien sind weit verbreitet im Tierreich – nicht nur bei Wirbeltieren, sondern auch bei niederen Tieren wie Seesternen oder Würmern. Dabei kann es sich um funktionelle Spezialisierungen im Nervensystem handeln, eine asymmetrische Organverteilung oder die bevorzugte Nutzung von rechten oder linken Extremitäten.

    „Wenn eine Eigenschaft so verbreitet ist wie die Asymmetrie im Tierreich, ist es naheliegend, dass es dafür einen gemeinsamen Ursprung in der Stammesgeschichte gab“, schreiben Güntürkün und Ocklenburg. Allerdings liefert die Auswertung bisheriger Studien keine Belege für diese Theorie. „Asymmetrien scheinen eher Anpassungen an lokale Umweltbedingungen zu sein“, so die Autoren. Rechts-links-Unterschiede im Gehirn könnten sich zum Beispiel deshalb auszahlen, weil so mehr Funktionen parallel ausgeführt werden könnten, als wenn Areale beider Hirnhälften mit den gleichen Aufgaben befasst wären.

    Was Tierstudien verraten

    Viele Erkenntnisse zu Rechts-links-Unterschieden stammen aus Tierstudien, da sich die Prozesse bei Menschen schwer untersuchen lassen. In Bochum erforscht Onur Güntürkün seit Jahren die Ursachen von Asymmetrien des Sehsinns bei Tauben. „Sie sind das primäre Modell dafür, wie Umweltbedingungen Asymmetrien hervorbringen können“, erklärt Güntürkün. Die Dominanz des einen Auges bei Tauben lässt sich beispielsweise mit der Licht-Einstrahlung durch die Eischale während der Embryonalentwicklung erklären.

    Sebastian Ocklenburg und Onur Güntürkün geben in ihrem Artikel beispielsweise auch einen Überblick über die Arbeiten mit Zebrafischen. Eine bestimmte Hirnregion, der Epithalamus, ist bei ihnen in rechter und linker Hirnhälfte sehr unterschiedlich ausgeprägt. In verschiedenen Studien wurde ergründet, welche Gene und welche Signalwege dieser Asymmetrie zugrunde liegen. „Das gibt uns auch Hinweise auf die Mechanismen, die bei Menschen die Rechts-links-Unterschiede bewirken“, so Ocklenburg.

    Mehr als ein Gen

    Lange dachten Forscher, ein einzelnes Gen bestimme die Händigkeit von Menschen. Dieses Bild hat sich seit der Sequenzierung des menschlichen Erbguts gewandelt. Die Bochumer Biopsychologen geben eine Übersicht über Studien, die verschiedene genetische Faktoren für Asymmetrien identifiziert haben. Sie weisen außerdem darauf hin, dass Umwelteinflüsse eine noch bedeutendere Rolle spielen könnten als die genetischen Faktoren. Die molekularen Mechanismen dahinter seien derzeit aber weitestgehend unklar.

    Förderung

    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt Onur Güntürkün im Rahmen des Sonderforschungsbereich 874 und des Grants Gu227/16-1.

    Originalveröffentlichung

    Onur Güntürkün, Sebastian Ocklenburg: Ontogenesis of lateralization, in: Neuron, 2017, DOI: 10.1016/j.neuron.2017.02.045 www.cell.com/neuron/fulltext/S0896-6273(17)30153-8

    Pressekontakt

    Prof. Dr. Dr. h. c. Onur Güntürkün
    Abteilung Biopsychologie
    Fakultät für Psychologie
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: 0234 32 26213
    E-Mail: onur.guentuerkuen@rub.de

    Privatdozent Dr. Sebastian Ocklenburg
    Abteilung Biopsychologie
    Fakultät für Psychologie
    Ruhr-Universität Bochum
    Tel.: 0234 32 24323
    E-Mail: sebastian.ocklenburg@rub.de

    Redaktion: Dr. Julia Weiler


    Weitere Informationen:

    http://www.cell.com/neuron/fulltext/S0896-6273(17)30153-8 - Originalpaper


    Bilder

    Symmetrie ist nicht alles, weiß Sebastian Ocklenburg.
    Symmetrie ist nicht alles, weiß Sebastian Ocklenburg.
    Foto: RUB, Marquard
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin, Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Symmetrie ist nicht alles, weiß Sebastian Ocklenburg.


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