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07.09.2017 18:00

Publikation in Current Biology: Photosynthese stammt aus unverdauten Bakterien

Carolin Grape Stabsstelle Kommunikation
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

    Düsseldorf, 07.09.2017 – Die Fähigkeit zur Photosynthese haben höhere Zellen einst bekommen, indem sie sich Cyanobakterien einverleibten und sie zu eigenen Zellorganellen, so genannte Plastiden, umwandelten. Wie dies genau vonstattenging, untersuchte eine Arbeitsgruppe um Dr. Eva Nowack am Department Biologie der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) an der Amöbe Paulinella chromatophora. Die Ergebnisse wurden heute in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht.

    Zellen bedienen sich der Photosynthese, um mithilfe von Sonnenlicht energiereiche Zucker aus energiearmen anorganischen Molekülen herzustellen. Dieser Prozess geschieht in den photosynthetischen Organellen von Pflanzen und Algen, den Plastiden. Diese wiederum entstanden vor mehr als 1,5 Milliarden Jahren, indem eine Wirtszelle ein zur Photosynthese fähiges Cyanobakterium in sich aufnahm. Ähnlich bildeten sich vor rund zwei Milliarden Jahren auch die Mitochondrien, die Kraftwerke der Zelle.

    Was geschah vor 1,5 Milliarden Jahren mit dem Cyanobakterium? Offensichtlich verdaute die aufnehmende Zelle das Beutebakterium nicht, sondern erhielt es am Leben und verband sich symbiotisch mit ihm. Dies ging schließlich so weit, dass das Bakterium einen Großteil des eigenen Erbguts verlor und Teile davon in den Zellkern der Wirtszelle transferierte. Die Wirtszelle übernahm es nun, die Information dieser Gene auszulesen und daraus Proteine zu synthetisieren, die in die Plastiden importiert werden und für deren Aufbau und Funktion essentiell sind.

    Die Düsseldorfer Biologen um Dr. Eva Nowack rekonstruierten zusammen mit Marburger Kollegen die evolutiven Prozesse, die zur Integration der Plastiden in die Wirtszelle führten. Schwierig war dabei, dass dies schon vor sehr langer Zeit geschah. Ihnen kam aber die Amöbe Paulinella chromatophora zur Hilfe: Denn ihre photosynthetischen Organellen – die so genannten Chromatophoren – bildeten sich erst vor rund 100 Millionen Jahren aus. Die Chromatophoren weisen Eigenschaften auf, die sie als Zwischenstadium zwischen Cyanobakterien und Plastiden charakterisieren.

    In einer Veröffentlichung in Current Biology zeigen die Wissenschaftler, dass die Chromatophoren in Paulinella chromatophora trotz ihrer (evolutionär) kürzlichen Integration bereits hunderte Proteine importierten, die im Zellkern der Amöbe kodiert und von ihr synthetisiert werden. Bei langen (mit mehr als 200 Aminosäurebausteinen) importierten Proteinen – von denen viele Stoffwechselfunktionen ausüben – fanden die Forscher eine wichtige Besonderheit. Sie weisen eine Signalsequenz auf, die sie vermutlich für den Import ins Chromatophor markiert. Diese Sequenz ist quasi der Schlüssel, mit dem die Proteine die Hülle überwinden können, die das Chromatophor vom Rest des Zellinnern trennt.

    Das Chromatophoren-Importsignal unterscheidet sich stark von den Signalen, die in Pflanzenzellen den Import von Proteinen in die dortigen Plastiden steuern. Dennoch ist es möglich, mittels des Chromatophoren-Importsignals Proteine auch in Plastiden zu schleusen. Dazu hefteten die Forscher das Chromatophoren-Importsignal an spezielle leuchtende Proteine und stellten fest, dass die so präparierten Proteine von Plastiden in Tabakpflanzen aufgenommen wurden. Dies legt nahe, dass sich der Proteinimportmechanismus in Chromatophoren und in Plastiden gemeinsamer erhalten gebliebener Elemente aus Cyanobakterien und der Wirtszellen bedient.

    Dr. Nowack, Leiterin der Emmy Noether-Gruppe „Microbial Symbiosis and Organelle Evolution“ an der HHU, weist auf ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis hin: „Die wenigsten Proteine, die in das Chromatophor importiert werden, stammen von dessen cyanobakteriellem Vorgänger. Sie kommen vielmehr größtenteils von der Wirtszelle, teilweise aber auch von anderen ‚Beutebakterien‘."

    Proteine aus unterschiedlichen Quellen wurden also während der Etablierung des Chromatophors gemischt. Auch deshalb kann es so schwer sein, den evolutionären Ursprung verschiedener Zellorganellen zu entschlüsseln.

    Originalpublikation:

    A. Singer, G. Poschmann, C. Mühlich, C. Valadez-Cano, S. Hänsch, V. Hüren, S. A. Rensing, K. Stühler & E. C. M. Nowack, Massive protein import into the early-evolutionary-stage photosynthetic organelle of the amoeba Paulinella chromatophora, Current Biology 27, 1–11, September 25, 2017.


    Weitere Informationen:

    http://dx.doi.org/10.1016/j.cub.2017.08.010


    Bilder

    Mikroskopische Aufnahme von Paulinella chromatophora. Die Chromatophoren sind als grüne, wurstförmige Strukturen zu erkennen.
    Mikroskopische Aufnahme von Paulinella chromatophora. Die Chromatophoren sind als grüne, wurstförmig ...
    Foto: Anna Singer / HHU
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Biologie, Chemie
    überregional
    Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Mikroskopische Aufnahme von Paulinella chromatophora. Die Chromatophoren sind als grüne, wurstförmige Strukturen zu erkennen.


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