idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
16.11.2017 10:31

Veni Vidi Vici: Wie natürliche Killerzellen den Superbazillus Klebsiella besiegen

Stephan Brodicky Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Multiresistente Mikroben stellen eine ernsthafte Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar. So schränken Stämme von Klebsiella pneumoniae die Behandlungsoptionen für diese Infektionen erheblich ein oder machen eine Behandlung unmöglich. Pavel Kovarik und sein Team an den Max F. Perutz Laboratories (MFPL), einem joint venture der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien, haben gemeinsam mit KollegInnen der Queen's University Belfast herausgefunden, wie Immunzellen am Infektionsort kommunizieren und sich im Kampf gegen Klebsiella zusammenschließen. Ihre Ergebnisse könnten zu alternativen Therapien zu unwirksamen antimikrobiellen Arzneimitteln führen.

    Die unangemessene oder übermäßige Antibiotikaverwendung der vergangenen Jahrzehnte trieb die Entstehung und Verbreitung von multiresistenten mikrobiellen Pathogenen voran. Laut dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten und der Europäischen Arzneimittelagentur sterben jährlich etwa 25.000 PatientInnen in der EU an Infektionen mit multiresistenten Bakterien. Weltweit ist antimikrobielle Resistenz für 700.000 Todesfälle pro Jahr verantwortlich.

    Der Aufstieg der Superbazillen
    In ihrem Bericht über antimikrobielle Resistenz Anfang dieses Jahres legte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) einen besonderen Schwerpunkt auf Antibiotikaresistenzen von sogenannten "Superbazillen" – Bakterien, die aufgrund ihrer Resistenz gegen mehrere unterschiedliche Antibiotika die größte Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. Unter diesen Superbazillen befindet sich auch Klebsiella, ein Bakterium, das schwere und oft tödliche Infektionen des Blutkreislaufs und der Lunge verursachen kann. Klebsiella ist nicht nur gegen gängige Arten von Antibiotika resistent, sondern in großem Ausmaß auch gegen Carbapeneme – das "letzte" Mittel zur Behandlung schwerer nosokomialer Infektionen.

    Behandlungsmöglichkeiten jenseits gängiger Antibiotika
    WissenschafterInnen um Pavel Kovarik an den MFPL und Jose Bengoechea an der Queen's University Belfast entdeckten nun, wie Immunzellen am Infektionsort kommunizieren und sich zusammenschließen, um Klebsiella während Lungenentzündungen auszurotten. Die Studie legt nahe, dass zukünftige Therapien von schweren Klebsiella-Infektionen auf das Immunsystem des Wirts abzielen könnten, anstatt auf den Erreger selbst.

    Natürliche Killerzellen halten Bakterienwachstum in Schach
    Die ForscherInnen identifizierten den Mechanismus, wie natürliche Killerzellen – wichtige Zellen des angeborenen Immunsystems – das Wachstum von Klebsiella während einer Lungenentzündung zügeln. Klebsiella aktiviert kritische Regulatoren der Immunantwort, die Typ-I-Interferone (IFNs), die zwischen Makrophagen (Immunzellen, die Mikroben aufnehmen und "fressen") und natürlichen Killerzellen vermitteln. Typ I IFNs helfen demnach bei der Aktivierung von natürlichen Killerzellen, die wiederum Makrophagen erlauben, ihr antibakterielles Programm zu starten.

    "Typ I IFNs werden vom Immunsystem verwendet, um Botschaften zwischen Immunzellen zu transportieren und so eine perfekte Abwehr zu orchestrieren. Natürliche Killerzellen sind die Dirigenten des Verteidigungsorchesters, während Makrophagen die Instrumente sind, die Bakterien töten", erklärt Masa Ivin, Erstautorin der Studie und Doktorandin im Kovarik-Labor an den MFPL.

    Zukunftsaussichten
    Die neu gewonnenen Resultate können zur Entwicklung von den so dringend benötigten neuen Therapien gegen multiresistente Keime beitragen, sind die ForscherInnen optimistisch: "Wenn Medikamente das Pathogen nicht mehr töten können, sollten wir dem Immunsystem dabei helfen, den Job zu übernehmen. In unserer aktuellen Studie identifizieren wir neue und machbare Wege, das Immunsystem im Kampf gegen Superbazillen zu unterstützen", so Pavel Kovarik.

    Die Arbeit wurde vom Marie-Curie-Erstausbildungsnetzwerk INBIONET, einem Teil des Siebten Rahmenprogramms der EU, und vom Österreichischen Forschungsfonds FWF unterstützt.

    Publikation in PLOS Pathogens
    Masa Ivin, Amy Dumigan, Filipe N. de Vasconcelos, Florian Ebner, Martina Borroni, Anoop Kavirayani, Kornelia N. Przybyszewska, Rebecca J. Ingram, Stefan Lienenklaus, Ulrich Kalinke, Dagmar Stoiber, Jose A. Bengoechea und Pavel Kovarik: Natural killer cell-intrinsic type I IFN signaling controls Klebsiella pneumoniae growth during lung infection. PLOS Pathogens.
    https://doi.org/10.1371/journal.ppat.1006696

    Wissenschaftlicher Kontakt:
    Univ.-Prof. Mag. Dr. Pavel Kovarik
    Max F. Perutz Laboratories
    Department für Mikrobiologie, Immunbiologie und Genetik
    Universität Wien
    1030 Wien, Dr.-Bohr-Gasse 9
    T +43-1-4277-546 08
    pavel.kovarik@univie.ac.at

    Rückfragehinweise:
    Mag. Alexandra Frey
    Pressebüro der Universität Wien
    Forschung und Lehre
    1010 Wien, Universitätsring 1
    T +43-1-4277-175 33
    M +43-664-602 77-175 33
    alexandra.frey@univie.ac.at

    Caterina Purini, MSc
    Max F. Perutz Laboratories
    Communications
    Vienna Biocenter
    1030 Wien, Dr.-Bohr-Gasse 9
    T +43-1-4277-240 14
    M +43-664-602 77-240 14
    caterina.purini@mfpl.ac.at

    Offen für Neues.
    Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Universitäten Europas: An 19 Fakultäten und Zentren arbeiten rund 9.500 MitarbeiterInnen, davon 6.600 WissenschafterInnen. Die Universität Wien ist damit die größte Forschungsinstitution Österreichs sowie die größte Bildungsstätte: An der Universität Wien sind derzeit rund 94.000 nationale und internationale Studierende inskribiert. Mit 174 Studien verfügt sie über das vielfältigste Studienangebot des Landes. Die Universität Wien ist auch eine bedeutende Einrichtung für Weiterbildung in Österreich. http://www.univie.ac.at


    Bilder

    Multiresistente Stämme von Klebsiella pneumoniae (in pink) machen eine Behandlung von Krankheiten wie Lungenentzündung und Blutvergiftung zunehmend unmöglich.
    Multiresistente Stämme von Klebsiella pneumoniae (in pink) machen eine Behandlung von Krankheiten wi ...
    Copyright: https://www.flickr.com/photos/niaid/13743456084, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/uk/
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Chemie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Multiresistente Stämme von Klebsiella pneumoniae (in pink) machen eine Behandlung von Krankheiten wie Lungenentzündung und Blutvergiftung zunehmend unmöglich.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).