idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
27.03.2018 11:53

Baden-Württemberg: Erblindungsrisiko bei Menschen mit und ohne Diabetes deutlich gesunken

Christina Becker Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Diabetes-Zentrum

    - Rate der Neuerblindungen bei Menschen mit Diabetes in Baden-Württemberg zwischen 2008 und 2012 annähernd halbiert

    - Abnahme der Neuerblindungsraten bei Menschen ohne Diabetes in diesem Zeitraum um knapp 30 Prozent

    - Kontinuierlicher Rückgang vermutlich auf eine verbesserte Früherkennung und Therapie von Augenerkrankungen und Verbesserung der Versorgung bei diabetischer Retinopathie zurückzuführen

    Für Deutschland fehlten bislang belastbare Zahlen zum Vergleich der Neuerblindungen bei Personen mit und ohne Diabetes und deren zeitlichen Verlauf. Forscher am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) haben nun berechnet, dass das Erblindungsrisiko in der Bevölkerung in Süddeutschland deutlich abgenommen hat – bei Personen mit Diabetes mehr als bei Personen ohne Diabetes. Das Ergebnis der Auswertung lässt vermuten, dass sich neben der Versorgung bei diabetischer Retinopathie auch die Früherkennung und Therapie des grauen und grünen Stars (Katarakt, Glaukom) sowie der altersbedingten Makula-Degeneration verbessert hat.

    Fast neun Prozent der Menschen (ca. 415 Millionen) weltweit leiden an Diabetes. Dieser ist eine häufige Ursache für eine Erblindung. Bereits Anfang der 1990er Jahre wurden in Folge dessen Maßnahmen ergriffen, die Anzahl an Erblindungen bei Personen mit Diabetes zu verringern. So wurden beispielsweise in Deutschland Leitlinien eingeführt, die regelmäßige Untersuchungen des Augenhintergrundes empfahlen, um die diabetische Retinopathie frühzeitig erkennen und behandeln zu können. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Deutschen Diabetes-Zentrum (DDZ) haben deshalb Neuerblindungen bei Menschen mit und ohne Diabetes in Baden-Württemberg in Kooperation mit dem Landesgesundheitsamt und den örtlichen Sozialhilfeträgern Baden-Württembergs untersucht. Die Studie dazu wurde in der Zeitschrift "Diabetes Care" veröffentlicht.

    Datenbasis und Ergebnisse
    Die Datenbasis für die Untersuchung bilden neu anerkannte Blindengeldempfänger in etwa 50 Prozent aller Landkreise und kreisfreien Städte in Baden-Württemberg, welche für den Zeitraum 2008-2012 erfasst wurden. Insgesamt wurden dabei 1.897 Personen neu als Blindengeldempfänger registriert (davon 23,7 % Personen mit Diabetes). Zwischen 2008 und 2012 ging die Zahl der neu als Blindengeldempfänger registrierten Personen in der Gruppe der Bevölkerung mit Diabetes zurück: Von 100.000 Personen mit Diabetes waren es in 2008 rund 17 Personen, während es in 2012 nur noch rund 9 Personen waren. Ebenso wurde erstmals eine Abnahme der Zahl der neu als Blindengeldempfänger registrierten Personen ohne Diabetes festgestellt: Von 100.000 Personen ohne Diabetes waren es im Jahr 2008 rund 9 Personen. In 2012 waren 7 Personen betroffen. Dabei gab es keine geschlechterspezifischen Unterschiede – für Männer und Frauen wurden ähnliche Ergebnisse abgeleitet. Das relative Risiko, welches angibt, wie viel höher das Erblindungsrisiko in der Bevölkerung mit Diabetes im Vergleich zur Bevölkerung ohne Diabetes ist, sank von Faktor 2 im Jahr 2008 auf den Faktor 1,4 in 2012. „Die Reduktion verlief somit deutlich stärker bei Personen mit Diabetes – besonders in der letzten Dekade“, erklärt Prof. Dr. Dr. Andrea Icks, Direktorin des Instituts für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung am DDZ.

    Fazit
    Zusammenfassend lässt sich ableiten, dass das Erblindungsrisiko in Baden-Württemberg mit sowie ohne Diabetes deutlich abgenommen hat. Der beobachtete Rückgang besteht dabei unabhängig von der Alterung der Bevölkerung. Daher vermuten die Autoren der Studie, dass der kontinuierliche Rückgang der Erblindungen auf die Verbesserung der Versorgung bei diabetischer Retinopathie sowie durch das frühere Identifizieren und Behandeln anderer Augenerkrankungen wie Katarakt, Glaukom und der senilen Makula-Degeneration zurückzuführen ist.

    Ein Vergleich mit Studienergebnissen aus anderen Ländern ist schwierig, da sich die Definitionen und Erfassung von Erblindungen wesentlich voneinander unterscheiden. In Deutschland ist die Definition von Erblindung – Sehfähigkeit von weniger als ein Fünfzigstel der normalen Sehkraft – sehr streng. Um einen Einblick zu bekommen, ob vergleichbare Ergebnisse auch in Deutschland in anderen Regionen für einen längeren bzw. aktuelleren Zeitraum beobachtet werden, wird derzeit eine entsprechende Auswertung für Daten aus Sachsen für den Zeitraum 2008-2016 durchgeführt.

    Originalpublikation: Claessen H, Kvitkina T, Narres M, Trautner C, Zöllner I, Icks A. Decreasing incidence of blindness in people with and without diabetes in southern Germany, 2008–2012. Diabetes Care 41(3):478-484. doi: 10.2337/dc17-2031. Epub 2018 Jan 9.


    Weitere Informationen:

    http://ddz.uni-duesseldorf.de


    Bilder

    Neuerblindungsrate bei Personen mit Diabetes (gestrichelte Linie) und ohne Diabetes (durchgezogene Linie) zwischen 1990 und 2012.
    Neuerblindungsrate bei Personen mit Diabetes (gestrichelte Linie) und ohne Diabetes (durchgezogene L ...
    DDZ
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Neuerblindungsrate bei Personen mit Diabetes (gestrichelte Linie) und ohne Diabetes (durchgezogene Linie) zwischen 1990 und 2012.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).