idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
28.06.2018 16:53

Magnetische Skyrmionen - nicht die einzigen ihrer Art

Dipl.-Biologin Annette Stettien Unternehmenskommunikation
Forschungszentrum Jülich

    Jülicher Forscher entdecken neuartige partikelähnliche Magnetstrukturen für das Speichern von Daten. Wenn Skyrmionen die „1“ codieren, könnten sie die bislang fehlende „0“ sein.

    Winzig kleine magnetische Wirbel, sogenannte Skyrmionen, werden seit einiger Zeit intensiv erforscht. Sie gelten als vielversprechende Kandidaten für besonders platz- und energiesparende Datenspeicher. Wissenschaftler des Forschungszentrums Jülich haben nun eine weitere Klasse von magnetischen Objekten experimentell nachgewiesen, die sich ebenfalls wie Partikel verhalten. Sie könnten die Entwicklung der Datenspeicher einen großen Schritt voranbringen. Wenn Skyrmionen die „1“ codieren, dann könnten sie die bislang fehlende „0“ sein. Die flachen dreidimensionalen Strukturen treten an der Oberfläche spezieller Legierungen auf und werden von den Forschern auch als „chiral magnetic bobbers“, auf Deutsch „chirale magnetische Schwimmer“, bezeichnet.

    „Für eine lange Zeit waren Skyrmionen die einzigen bekannten Forschungsobjekte im Bereich der sogenannten chiralen Magnete. Mit den „magnetischen Schwimmern“ kommt jetzt eine weitere Klasse hinzu, die über eine Reihe einzigartiger Eigenschaften verfügt“, freut sich Dr. Nikolai Kiselev vom Jülicher Peter Grünberg Institut (PGI-1). Vor drei Jahren hatte er gemeinsam mit Institutsdirektor Professor Stefan Blügel und weiteren Forschern die Existenz dieser neuen Klasse von magnetischen Objekten theoretisch vorhergesagt. Nun wiesen Jülicher Spezialisten auf dem Gebiet der Elektronenmikroskopie ihre Existenz erstmals experimentell nach.

    Die Stabilität von Skyrmionen und diesen neuartigen magnetischen Strukturen hängt zusammen mit einer Eigenschaft, die auch als Chiralität bezeichnet wird. So, wie sich die rechte Hand aus Gründen der Symmetrie nicht in die linke umwandeln lässt, lassen sich auch rechtshändige und linkshändige Magnetwirbel nicht ineinander überführen. Die Strukturen sind zudem sehr klein. Ihr Durchmesser beträgt typischerweise nur einige zehn Nanometer. Daten lassen sich mit ihnen daher sehr dicht auf einem Speicherchip zusammenpacken.

    „Die Beobachtung von derart winzigen magnetischen Texturen ist nur mit speziellen Techniken möglich, die nur in wenigen Labors weltweit verfügbar sind", erklärt Professor Rafal Dunin-Borkowski, Direktor am Ernst-Ruska-Centrum für Mikroskopie und Spektroskopie mit Elektronen (ER-C).

    „Magnetische Schwimmer“ und Skyrmionen sind, abgesehen von ihrer Größe, noch aus einem anderen Grund für Anwendungen interessant. Sie sind beweglich. Das unterscheidet sie von Daten-Bits auf einer Festplatte. Skyrmionen und andere sogenannte magnetische Solitonen lassen sich durch schwache elektrische Stromstöße entlang einer vorgegebenen Strecke auf einem Chip verschieben. Damit ergeben sich völlig andere Möglichkeiten für die Realisierung magnetischer Solid-State-Speicher, etwa nach dem Konzept des sogenannten Skyrmionen-Racetrack-Memory.

    „Mit beweglichen Skyrmionen können Daten von Schreib- zu Leseelementen wandern, ohne dass dafür bewegliche Teile wie Lese- und Schreibköpfe oder eine rotierende Hard Disk nötig wären“, erklärt Nikolai Kiselev. Das spart Energie. Denn bewegliche Komponenten benötigen in der Regel mehr Strom und Platz und sind auch anfälliger gegenüber mechanischen Stößen und Vibrationen.

    Die neu entdeckten magnetischen Strukturen ermöglichen es nun, digitale Daten direkt mit zwei verschiedenen Arten von magnetischen Objekten, nämlich mit Skyrmionen und „magnetischen Schwimmern“, zu codieren. „Bisher ging man davon aus, dass die Daten irgendwie als Folge von Skyrmionen und Leerstellen dargestellt werden“, erläutert Professor Stefan Blügel. Um neben der „1“ auch die „0“ repräsentieren zu können, wird neben den schon länger bekannten Skyrmionen ein weiterer Informationsträger benötigt. Das kann etwa der Abstand zwischen aufeinanderfolgenden Skyrmionen sein. Damit durch spontane Driftbewegungen der Skyrmionen keine Information verloren geht, müsste deren Position auf irgendeine Art eingegrenzt oder quantisiert werden.

    Bei der direkten Codierung mit zwei verschiedenen Objekten können sich diese dagegen relativ frei bewegen, ohne präzise Abstände einzuhalten zu müssen.

    Für den Weg in die Praxis ist noch weitere Forschung nötig. Nikolai Kiselev und seine Kollegen haben die neuartigen Strukturen in einer Eisen-Germanium-Legierung nachgewiesen. Darin sind sie nur bis 200 Kelvin, das entspricht 73,5 Grad Celsius, stabil. Aus theoretischen Überlegungen lässt sich jedoch vorhersagen, dass die neuartigen Wirbel auch in in anderen Materialkombinationen vorkommen; möglicherweise auch bei Raumtemperatur, wie einige Arten von Skyrmionen, die erst kürzlich entdeckt wurden.

    Originalveröffentlichung:
    Experimental observation of chiral magnetic bobbers in B20-type FeGe
    Fengshan Zheng, Filipp N. Rybakov, Aleksandr B. Borisov, Dongsheng Song, Shasha Wang, Zi-An Li, Haifeng Du, Nikolai S. Kiselev, Jan Caron, András Kovács, Mingliang Tian, Yuheng Zhang, Stefan Blügel, Rafal E. Dunin-Borkowski
    Nature Nanotechnology (published online 9 April 2018) DOI: 10.1038/s41565-018-0093-3


    Weitere Informationen:

    http://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/fachmeldungen/2018-... - Fachmeldung des Forschungszentrums Jülich


    Bilder

    Abfolge von „magnetischen Schwimmern“ (vorne) und Skyrmionen (weiter hinten) für die Informationsspeicherung
    Abfolge von „magnetischen Schwimmern“ (vorne) und Skyrmionen (weiter hinten) für die Informationsspe ...
    Copyright: Forschungszentrum Jülich / N. Kiselev
    None

    Prinzip des Racetrack-Memory: magnetische Objekte bewegen sich von Schreib- zu Leseelementen
    Prinzip des Racetrack-Memory: magnetische Objekte bewegen sich von Schreib- zu Leseelementen
    Copyright: Forschungszentrum Jülich / T. Schlößer
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Elektrotechnik, Informationstechnik, Physik / Astronomie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Abfolge von „magnetischen Schwimmern“ (vorne) und Skyrmionen (weiter hinten) für die Informationsspeicherung


    Zum Download

    x

    Prinzip des Racetrack-Memory: magnetische Objekte bewegen sich von Schreib- zu Leseelementen


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).