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29.08.2018 10:45

Literweise Erbgut: Teichwasser verrät Tropen-Frösche

Sabine Wendler Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum Pressestelle
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseen

    Frankfurt am Main, den 29.08.2018. Wenn ein Frosch in einen Teich hüpft, hinterlässt er dabei unweigerlich Spuren seines Erbguts. Senckenberg-Wissenschaftler haben anhand von Wasserproben aus dem bolivianischen Tiefland nachgewiesen, dass die Analyse dieser sogenannten Umwelt-DNA ausreicht, um die in einem Gewässer lebenden Froscharten zuverlässig zu bestimmen. In ihrer Machbarkeitstudie zeigen sie, dass in artenreichen Regionen die Analyse der Umwelt-DNA eine kostengünstigere Alternative zur traditionellen Arterfassung sein kann und die notwendige weltweite Bestandsaufnahme biologischer Vielfalt beflügeln könnte. Die Studie ist jetzt im Fachmagazin „Molecular Ecology Resources“ erschienen.

    Es gibt fast 7.000 Froscharten weltweit und ein Großteil davon lebt in den Tropen. Um deren Verbreitung systematisch zu erfassen und Populationstrends zu beobachten, legen sich Experten bislang auf die Lauer – eine zeit- und kostenintensive Aufgabe. Senckenberg-Wissenschaftler zeigen nun, dass es einfacher gehen könnte.

    Ihre Methode basiert auf der Tatsache, dass alle Lebewesen permanent DNA-Spuren hinterlassen, die sogenannte Umwelt-DNA. „Wenn ein Frosch in einen Teich springt, hinterlässt er kleinste Partikel der Haut oder anderem Gewebe. Eine Wasserprobe enthält daher eine Ansammlung organischen Materials der Frösche, die sich im Teich aufgehalten haben. Aus diesem Potpourri kann man das Erbgut der Frösche isolieren und mit Datenbanken abgleichen, um die Arten nachzuweisen“, erklärt Dr. Miklós Bálint, Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum.

    Wie Bálint und seine Kollegen in einer aktuellen Machbarkeitsstudie zeigen, reichen dazu zwei Liter Teichwasser aus. Das Team sammelte Wasserproben aus fünf Teichen in der bolivianischen Savanne und isolierte und sequenzierte anschließend die darin enthaltene Frosch-DNA. Dabei fanden die Forscher in den Teichen genetische Spuren, die sich 25 Froscharten zuordnen lassen.

    „Parallel dazu haben wir die Froscharten auch traditionell durch Beobachtung und Rufanalyse identifiziert. Der Vergleich zeigt, dass beide Methoden eine ähnlich gute Trefferquote haben“, sagt Dr. Martin Jansen, Herpetologe am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt.

    Sechs Froscharten wurden sogar nur mittels ihrer Erbgut-Hinterlassenschaften aufgespürt. Dazu Bálint: „Anhand ihrer Umwelt-DNA im Teichwasser konnten wir Froscharten nachweisen, die wir nicht am Quaken erkannt haben oder erspähen konnten – beispielsweise weil sie noch im Larvenstadium waren oder es sich um Einzeltiere handelte. Die Umwelt-DNA liefert in solchen Fällen ein genaueres Bild.“

    In einer detaillierten Kostenanalyse wies das Team nach, dass es bei einer großen Zahl an Untersuchungsgebieten in artenreichen Regionen wie den Tropen kostengünstiger ist, die Artenvielfalt per Umwelt-DNA zu erfassen. Trotz hoher Einstiegskosten der DNA-Analyse ist hier der Aufwand, Experten entsprechend zu schulen und dann an vielen, teilweise abgelegenen Orten Beobachtungen durchführen zu lassen, ungleich größer.

    Laut den Autoren der Studie ist die Umwelt-DNA daher ein großer Schritt hin zu einer weltweiten Bestandsaufnahme der biologischen Vielfalt. „In den Tropen gibt es bislang kaum flächendeckende wissenschaftliche Untersuchungen zum Vorkommen von Organismen. Ich könnte mir daher vorstellen, dass wir Wasserproben aus 10.000 Teichen im Regenwald und der Savanne nehmen und mittels Umwelt-DNA damit das Vorkommen der Frösche in bisher unerreichter Detailtiefe erforschen“, so Bálint.

    Eine Erfassung ist dringend notwendig, denn neben vielen anderen Tieren und Pflanzen sind besonders Frösche durch den globalen Wandel vom Aussterben bedroht. Mehr als ein Drittel der Arten gilt bereits als gefährdet, mit steigender Tendenz. „Diese Arten können wir aber nur schützen, wenn wir wissen, wer wo lebt. Unsere taxonomische Expertise hilft uns, neue Arten zu erkennen; während die Analyse der Umwelt-DNA es effizienter macht bekannte Arten an vielen Orten zu erfassen. Beides ergänzt sich daher optimal“, schließt Jansen.

    Kontakt

    Sabine Wendler
    Pressestelle
    Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
    Tel. 069- 7542 1818
    pressestelle@senckenberg.de

    Die Pressebilder können kostenfrei für redaktionelle Berichterstattung zu dieser Pressemeldung verwendet werden unter der Voraussetzung, dass der genannte Urheber mit veröffentlicht wird. Eine Weitergabe an Dritte ist nur im Rahmen der aktuellen Berichterstattung zulässig.

    Die Pressemitteilung und Bildmaterial finden Sie auch unter http://www.senckenberg.de/presse

    Die Natur mit ihrer unendlichen Vielfalt an Lebensformen zu erforschen und zu verstehen, um sie als Lebensgrundlage für zukünftige Generationen erhalten und nachhaltig nutzen zu können - dafür arbeitet die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung seit nunmehr 200 Jahren. Diese integrative „Geobiodiversitätsforschung“ sowie die Vermittlung von Forschung und Wissenschaft sind die Aufgaben Senckenbergs. Drei Naturmuseen in Frankfurt, Görlitz und Dresden zeigen die Vielfalt des Lebens und die Entwicklung der Erde über Jahrmillionen. Die Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung ist ein Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Das Senckenberg Naturmuseum in Frankfurt am Main wird von der Stadt Frankfurt am Main sowie vielen weiteren Partnern gefördert. Mehr Informationen unter www.senckenberg.de.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Miklós Bálint
    Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum
    Tel. 069- 7542 1856
    miklos.balint@senckenberg.de

    Dr. Martin Jansen
    Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum
    Tel: 069- 7542 1234
    martin.jansen@senckenberg.de


    Originalpublikation:

    Bálint, M. et al. (2018): Accuracy, limitations and cost-efficiency of eDNA-based community survey in tropical frogs. Molecular Ecology Resources, doi: 10.1111/1755-0998.12934


    Bilder

    Osteocephalus taurinus, eine Froschart, die nur per Umwelt-DNA nachweisbar war.
    Osteocephalus taurinus, eine Froschart, die nur per Umwelt-DNA nachweisbar war.
    Copyright: Martin Jansen
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    Der Knickzehenlaubfrosch Scinax fuscovarius wurde an vielen Teichen nachgewiesen.
    Der Knickzehenlaubfrosch Scinax fuscovarius wurde an vielen Teichen nachgewiesen.
    Copyright: Martin Jansen
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Osteocephalus taurinus, eine Froschart, die nur per Umwelt-DNA nachweisbar war.


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    Der Knickzehenlaubfrosch Scinax fuscovarius wurde an vielen Teichen nachgewiesen.


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