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14.08.1996 00:00

Gruppenarbeit: Fluch oder Segen?

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Bochum, 14.08.1996 Nr. 144

    Fluch oder Segen der Gruppenarbeit

    Wenn die lieben Kollegen Druck machen

    Umfangreiche Felduntersuchung ausgewertet

    Die vielbeschworene Teamarbeit sorgt nicht unbedingt fuer ein gutes Arbeitsklima und gute Arbeitsergebnisse. Im Gegenteil: sie kann neue Zwaenge hervorbringen, die die Arbeit zur Qual machen. Diese Ergebnisse ermittelte der Bochumer Psychologe Dr. Armin Windel in einer der ersten Studien ueber ,Gruppenarbeit im Buero". Seine Dissertation wurde von Prof. Dr. Bernhard Zimolong (Arbeits- und Organisationspsychologie, Fakultaet fuer Psychologie der RUB) betreut. Die Untersuchungen fanden in vier grossen Unternehmen aus den Wirtschaftsbereichen Maschinenbau, Bauindustrie, Forschung und Wissenschaft sowie Mikroelektronik statt.

    Unterschiedliche Interessen bei Unternehmen und Mitarbeitern

    Gruppenarbeit wurde lange als Allheilmittel angesehen, um insgesamt die Arbeitsbedingungen und Arbeitsergebnisse zu verbessern. OEkonomische Vorteile bestimmen in erster Linie das Interesse der Unternehmen an der Gruppenarbeit. Durch die groessere Flexibilitaet der Mitarbeiter erhofft man sich schnellere Durchlaufzeiten fuer die jeweiligen Auftraege und bessere Arbeitsergebnisse. Die Mitarbeiter dagegen wuenschen sich ein gutes Arbeitsklima und interessante Aufgaben, die sie herausfordern und motivieren. Dabei erleben und erledigen sie ihre Arbeit sehr unterschiedlich, je nachdem ob sie sich mit den Kollegen und dem Chef gut verstehen und sie die gestellte Aufgabe als interessant empfinden.

    Warum Gruppenarbeit scheitert

    Mit seiner Untersuchung zeigt Dr. Windel, dass diese positiven Moeglichkeiten der Gruppenarbeit besonders dann nicht zum Tragen kommen, wenn mit ihrer Einfuehrung ein Personalabbau einhergeht und sich dadurch die Mehrbelastung der verbliebenen Mitarbeiter wesentlich erhoeht. Unter Umstaenden entstehen dann neue Belastungsformen. Eine hoehere Arbeitsmotivation und groessere Zufriedenheit der Gruppenmitglieder sind angesichts dieser Befunde ebenso wenig zu erwarten, wie deutliche Leistungssteigerungen gegenueber arbeitsteiligen Organisationsformen im Buerobereich. Oft machen sich die Mitglieder einer Arbeitsgruppe dann auch noch selbst das Leben schwer. Die notwendigen Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse koennen zu Missverstaendnissen, Spannungen und AErger in der Gruppe fuehren - im Vergleich zu arbeitsteiligen Strukturen entstehen dann neuartige soziale Belastungen. Der eigene Handlungsspielraum wird von den Gruppenmitgliedern niedriger eingeschaetzt als von Personen mit einem Einzelarbeitsplatz. Der groessere zeitliche Druck und das hohe Arbeitsvolumen wiegen die Moeglichkeiten zur selbstaendigen Arbeitsteilung und groesserer Autonomie wieder auf.

    Einzelarbeitsplatz und Gruppenarbeit im Vergleich

    Dr. Windel verglich in seiner Felduntersuchung drei unterschiedliche Formen der Arbeitsorganisation im Bereich der Buerosachbearbeitung, wobei er neben der objektiven Belastung durch die Taetigkeit selbst, auch das subjektive Empfinden von Belastungen durch die Sachbearbeiter erfragt hat. Bei der ,herkoemmlichen Einzelarbeit" haben die Sachbearbeiter kaum Einfluss auf den Arbeitsprozess. Die Aufgabenstellung ist klar definiert, und es ist ein hohes Mass an Arbeitsteilung erforderlich, ohne dass sich daraus Moeglichkeiten zur Kooperation und zur selbstaendigen Arbeit ergeben koennten. Die gemeinsame ,Arbeit im Raumverband" ermoeglicht den Mitarbeitern eines Betriebes zumindest gemeinsame Kommunikation, allerdings meist ohne Bezug zur Aufgabenstellung. Fuer die vorliegende Untersuchung wurden Grossraumbueros beruecksichtigt, in denen 8 bis 15 Personen gemeinsam arbeiten. Die dritte Organisationsform ,Gruppenarbeit" wird im Buerobereich - anders als in der industriellen Produktion - haeufig vernachlaessigt. Hier sind mehrere Mitarbeiter zu einer Arbeitsgruppe zusammengefasst und fuer einen abgeschlossenen Aufgabenbereich verantwortlich. Selbstorganisation der Gruppe im Hinblick auf die Arbeits-und Zeiteinteilung sind nicht nur erwuenscht, sondern notwendig.

    Untersuchungskonzept

    Dr. Windel untersuchte Arbeitsgruppen von 9 bis 12 Sachbearbeitern. Mit einem erweiterten Belastungs-Beanspruchungs-Konzept fragte er, wie sich aus der Sicht der Sachbearbeiter die drei Organisationsformen voneinander unterscheiden, in Hinblick auf a) Belastungen durch die Taetigkeit selbst, darunter Zeitdruck, Arbeitsunterbrechungen oder die UEbernahme dringender oder zusaetzlicher Arbeitsauftraege, Gestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung sowie des Hauptarbeitsmittels EDV; b) die subjektive Einschaetzung ueber den Handlungsspielraum, die Arbeitsbelastung und die Bedeutung ihrer Taetigkeit; c) EDV-Kenntnisse der Sachbearbeiter und Sachbearbeiterinnen und die Art der Computeranwendungen; sowie d) die Unterstuetzung durch Vorgesetzte und Kollegen.

    Weitere Informationen

    Dr. Armin Windel, Ruhr-Universitaet- Bochum, Fakultaet fuer Psychologie, Lehrstuhl fuer Arbeits- und Organisationspsychologie, 44780 Bochum, Tel.: 0234/700-4630, Fax.: 0234/7094262, E-Mail.: aw@auo.psy.ruhr-uni-bochum.de.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Maschinenbau, Politik, Recht, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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