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02.07.2019 10:55

Die lange Reise des Tagish Lake-Meteoriten

Dr. Susanne Benner Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Chemie

    Ein internationales Forscherteam fand heraus, dass der Tagish Lake-Meteorit, der vor 19 Jahren in Kanada einschlug, große Mengen an kohlenstoffhaltigem Material enthält, das in den äußeren Bereichen des Sonnensystems gebildet wurde. Die Entdeckung wirft ein neues Licht auf die Herkunft des Himmelskörpers.

    Es war kurz vor neun Uhr an einem kalten Januarmorgen im Jahr 2000 als eine Feuerkugel den Himmel über der kanadischen Provinz British Columbia erhellte. Kurz darauf krachte der etwa 200 Tonnen schwere Meteorit auf die vereiste Oberfläche des Tagish Lake. Die laute Explosion ließ die Erde in weitem Umkreis beben.

    Der Tagish Lake-Meteorit zerplatzte in Hunderte kleine Stücke. Seitdem untersuchen Wissenschaftler aus der ganzen Welt die schwarzen Brocken. Ein internationales Team unter Beteiligung von Peter Hoppe, Gruppenleiter am Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, hat nun mehr über den Ursprung des Meteoriten herausgefunden.

    Nach einer Analyse der Kohlenstoffisotope im Gestein gehen die Wissenschaftler davon aus, dass der Mutterkörper des Tagish Lake-Meteoriten ursprünglich in den äußeren, kalten Bereichen unseres Sonnensystems entstanden ist, dort wo Uranus und Neptun gebildet wurden, oder sogar noch weiter von der Sonne entfernt, im Kuipergürtel. Der Kuipergürtel enthält eine Vielzahl kleinerer Objekte. Viele Kometen stammen aus diesem Bereich des Sonnensystems.

    Der Tagish Lake-Meteorit gehört zur Gruppe der kohligen Chondrite und ist ein Bruchstück eines sogenannten D-Asteroiden. Asteroide sind kleine Himmelskörper, die hauptsächlich in einem Bereich zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter zu finden sind, dem Asteroidengürtel. Asteroide vom Typ D sind an der Oberfläche größtenteils aus Silikaten mit Kohlenstoffanteilen zusammengesetzt. Sie besitzen eine geringe Albedo, das heißt ein geringes Rückstrahlvermögen. D-Asteroide sind vergleichsweise selten und befinden sich in den äußeren Bereichen des Asteroidengürtels oder auf Umlaufbahnen ähnlich derjenigen des Jupiters.

    „Die Umgebungstemperatur, bei der sich ein Asteroid gebildet hat, ist entscheidend für die Bestimmung seiner ursprünglichen Position. Sie wird durch die Menge der darin enthaltenen flüchtigen Stoffe bestimmt“, erklärt Hoppe. Die Forscher haben den Anteil an Karbonaten und das Verhältnis zwischen den Kohlenstoffisotopen 13C und 12C im Tagish Lake-Meteoriten gemessen und einen hohen Anteil an 13C festgestellt. Dieser Anteil ist höher als in anderen Meteoriten, aber ähnlich demjenigen wie er kürzlich bei der Rosetta-Mission für Trockeneis (CO2-Eis) des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko gemessen wurde. „Karbonate entstehen bei wässerigen Reaktionen von CO2 mit Kalzium oder einem anderen Element. Diese Entdeckung deutet darauf hin, dass es im Mutter-Asteroiden einmal eine große Menge an 13C-reichem CO2-Eis gab“, erläutert Hoppe.

    Hieraus schließen die Wissenschaftler, dass der Mutterkörper des gefundenen Meteoriten im äußeren Bereich des Sonnensystems entstanden sein muss, wo die Temperaturen niedrig genug sind, um CO2 vereisen zu lassen.

    Einen weiteren wichtigen Hinweis fanden die Wissenschaftler im Verhältnis zwischen CO2 und H2O. Das im Tagish Lake-Meteoriten gemessene Verhältnis ist deutlich größer als in anderen kohligen Chondriten. Die Ergebnisse ähneln hingegen den Verhältnissen, wie man sie in Kometen findet. Die Forscher schließen daraus, dass sich einige Asteroiden vom Typ D im kalten äußeren Sonnensystem gebildet haben und anschließend aufgrund von Gravitations-Wechselwirkungen mit den Riesen-Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun in das innere Sonnensystem transportiert wurden.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Kontakt:
    Peter Hoppe
    Max-Planck-Institut für Chemie
    E-Mail: peter.hoppe@mpic.de
    Telefon: 06131/305-5300


    Originalpublikation:

    Migration of D-type asteroids from the outer solar system inferred from carbonate in meteorites
    W. Fujiya, P. Hoppe, T. Ushikubo, K. Fukuda, P. Lindgren, M. R. Lee, M. Koike, K. Shirai, and Y. Sano
    DOI: https://www.nature.com/articles/s41550-019-0801-4


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Chemie, Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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