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04.09.2019 11:25

Was hat uns Leibniz heute noch zu sagen? Auftakt zur Buchreihe „Wissenschaft und Philosophie“

Jana Gregor Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Mathematik in den Naturwissenschaften (MPIMIS)

    In seinem neuen Buch „Leibniz und die moderne Naturwissenschaft“ untersucht der Direktor des Max-Planck-Instituts für Mathematik in den Naturwissenschaften Prof. Jürgen Jost die Relevanz der Lehren von Gottfried Wilhelm Leibniz für die heutigen Wissenschaften. Er konfrontiert dessen zahlreiche Errungenschaften in den unterschiedlichsten Fachgebieten mit modernen Denkweisen und stellt sowohl eine erstaunliche Aktualität, aber auch neuartige Einsichten in das Leibnizsche System als auch die heutigen Naturwissenschaften heraus. Das Buch bildet den Auftakt zur Reihe „Wissenschaft und Philosophie“, die eine konstruktive Debatte zwischen Wissenschaft und Philosophie anregen soll.

    Jürgen Jost nähert sich dem Universalgenie Leibniz aus der Perspektive eines heutigen Naturwissenschaftlers und beschäftigt sich vor allem mit der Frage, welche Relevanz und Bedeutung ein Gelehrter des 17. Jahrhunderts noch für die heutigen Naturwissenschaften haben kann? Eine ziemlich große, wie er in seinem Buch beweist. Gottfried Wilhelm Leibniz gelangen zahlreiche bahnbrechende Leistungen in fast allen Gebieten der Wissenschaft, insbesondere in Philosophie, Mathematik, Physik, Geschichte, Rechtswissenschaft und Theologie. Diese Leistungen sind aber nicht isoliert, sondern eingebettet in ein umfassendes System zu betrachten – ein System, das durch drei fundamentale Prinzipien geleitet wird: den Satz von Widerspruch/der Identität, den Satz vom zureichenden Grunde und dem Kontinuitätsprinzip, die wiederum miteinander verwoben sind und in grandioser Weise verschiedene Wissensgebiete miteinander verknüpfen. Erst durch das Verständnis dieses Gesamtsystems erschließen sich die Einheit und die die Spannweite seines Denkens.

    Jürgen Jost konfrontiert dieses Leibnizsche System mit den Ansätzen, Denkweisen und Erkenntnissen der heutigen Naturwissenschaften. Dabei zeigt sich, dass Leibniz‘ System in vieler Hinsicht noch aktuell ist und sich bewährt hat, aber in auch in einigen Punkten revidiert werden muss. In der Analyse war es nicht Jürgen Josts explizites Ziel, die Probleme und Bruchstellen in Leibniz‘ System zu identifizieren und herauszuarbeiten, sondern „vielmehr soll ein umfassendes und kohärentes System in all seinen ineinandergreifenden Teilen und Aspekten nicht de-, sondern rekonstruiert werden.“ wie er im Vorwort betont. Er untersucht die einzelnen Errungenschaften Leibniz‘ in Bezug auf die unterschiedlichen Wissensgebiete. So legt er beispielweise dar, dass die Quantenphysik nicht mit Leibniz' Stetigkeitsprinzip verträglich ist, aber aus Leibniz‘ naturphilosophischen Überlegungen klar wird, welche Konsequenzen sich bei einer Verletzung des Stetigkeitsprinzips ergeben, und gerade dies sind die wesentlichen Aspekte der Quantenphysik. Bei der Einstein‘schen Relativitätstheorie verhält es sich ähnlich. Sie geht nicht mit Leibniz' Vorstellungen von Gleichzeitigkeit konform, aber das von ihr zugrunde gelegte Raumzeitkonzept bestätigt die leibnizschen Vorstellungen der Relativität von Raum und Zeit. Die leibnizsche Idee möglicher Welten feiert in der modernen Möglichkeitslogik eine grandiose Wiederkehr. Zudem hat Leibniz wesentliche Einsichten des strukturellen Denkens der Mathematik des 20. Jahrhunderts vorweggenommen. Der leibnizsche Monadenbegriff erlaubt eine komplexe Verschränkung von Vergangenheit und Zukunft und die wechselseitige Kontrolle von Prozessen, was wiederum sehr hilfreich ist für ein vertieftes Verständnis der biologischen Evolution. In der modernen Kognitionsforschung sind die leibnizschen Ideen auch heute noch von Relevanz. Leibniz war übrigens der erste, der die Existenz eines Unbewussten postulierte.

    Zum Autor:

    Jürgen Jost studierte Mathematik, Physik, VWL und Philosophie an der Universität Bonn. Er promovierte im Fach Mathematik und wurde nach Forschungsaufenthalten an internationalen Wissenschaftseinrichtungen als Professor für Mathematik an die Ruhr-Universität Bochum berufen. Er ist einer der Gründungsdirektoren des Leipziger Max-Planck-Instituts für Mathematik in den Naturwissenschaften, dem er derzeit als geschäftsführender Direktor vorsteht. Er ist unter anderem Träger des höchsten deutschen Forschungspreises, des Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preises der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften, der Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz, der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina, der Max Planck School of Cognition sowie auswärtiges wissenschaftliches Mitglied des renommierten Santa Fe Instituts in den USA.

    Jürgen Jost forscht vor auf den Gebieten der Geometrie und der komplexen Systeme, was Forschungsthemen aus den Bereichen theoretische Physik, dynamische Systeme, Kognition und Neurowissenschaften, theoretische und mathematische Biologie, Ökonomie und Sozialwissenschaften, Philosophie, Wissenschaftsgeschichte und bildende Kunst berührt.

    Buchreihe „Wissenschaft und Philosophie“

    Das bei Springer erschienene Buch bildet Auftakt zur Reihe „Wissenschaft und Philosophie“, die von Prof. Jürgen Jost gemeinsam mit Prof. Martin Carrier vom Institute for Interdisciplinary Studies of Science der Universität Bielefeld herausgegeben wird. Die Buchreihe zielt darauf ab, einen Dialog und eine konstruktive Debatte zwischen Wissenschaft und Philosophie anzuregen. Sie nähert sich diesem Ziel von zwei Seiten an: Einerseits werden die Implikationen von wissenschaftlichen Ergebnissen und Theorien für das philosophische Denken untersucht. Zum anderen ist eine philosophische Durchdringung und Analyse wissenschaftlicher Probleme, Konzepte und Theorien beabsichtigt. Der Schwerpunkt liegt zwar auf den Naturwissenschaften und der Mathematik, jedoch ist die Reihe auch für andere Themen offen. Sie zielt darauf ab, originelle Ideen und systematische Ansätze zu entwickeln, neue Wege zu beschreiten und allgemein unabhängiges und kritisches Denken zu fördern. Texte für eine größere Leserschaft, nicht nur für Experten.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Professor Dr. Jürgen Jost
    Mail: juergen.jost@mis.mpg.de


    Originalpublikation:

    Jürgen Jost
    "Leibniz und die moderne Naturwissenschaft"
    Springer-Verlag GmbH
    Reihe „Wissenschaft und Philosophie“
    ISBN 978-3-662-59235-9
    ISBN 978-3-662-59236-6 (eBook)
    DOI https://doi.org/10.1007/978-3-662-59236-6


    Weitere Informationen:

    http://www.mis.mpg.de/jjost Informationen zum Autor und zur Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Jürgen Jost am MPI für Mathematik in den Naturwissenschaften


    Bilder

    Leibniz und die moderne Naturwissenschaft
    Leibniz und die moderne Naturwissenschaft
    © Springer Verlag
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wissenschaftler, jedermann
    Geschichte / Archäologie, Mathematik, Philosophie / Ethik, Physik / Astronomie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Leibniz und die moderne Naturwissenschaft


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