idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
03.03.2020 11:14

Prognose über die Dauer von Beziehungen ist möglich – aber auch notwendig?

Sebastian Hollstein Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    „Prognosen über die Langlebigkeit einer Beziehung sind durchaus möglich“, sagt Dr. Christine Finn von der Universität Jena. Im Rahmen der Langzeitstudie „pairfam“ hat sie fast 2.000 Paare über sieben Jahre hinweg in regelmäßigen Abständen befragt, von denen sich 16 Prozent in diesem Zeitraum getrennt haben. „Bereits zu Beginn einer Beziehung lassen sich Prädiktoren – also gewisse Vorhersagevariablen – finden, die Informationen darüber liefern, ob die Beziehung lange hält oder nicht.“

    Wahrscheinlich war es noch nie so einfach wie heute, eine Partnerin oder einen Partner zu finden, die oder der zumindest theoretisch auch zu einem passt. Dating-Plattformen im Internet füttern Algorithmen mit Informationen von Suchenden, um für sie das beste Gegenstück zu finden. Doch lässt sich diese Berechenbarkeit auch auf eine Beziehung übertragen? Kann man zu Beginn einer Beziehung schon vorhersagen, ob sie hält?

    Dieser Frage sind Psychologinnen und Psychologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena und der University of Alberta, Kanada, nachgegangen und zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen: „Prognosen über die Langlebigkeit einer Beziehung sind durchaus möglich“, sagt Dr. Christine Finn von der Universität Jena. Im Rahmen der Langzeitstudie „pairfam“ hat sie fast 2.000 Paare über sieben Jahre hinweg in regelmäßigen Abständen befragt, von denen sich 16 Prozent in diesem Zeitraum getrennt haben. „Bereits zu Beginn einer Beziehung lassen sich Prädiktoren – also gewisse Vorhersagevariablen – finden, die Informationen darüber liefern, ob die Beziehung lange hält oder nicht.“

    Wer unglücklich startet, wird noch unglücklicher

    In der Psychologie gebe es derzeit zwei wissenschaftliche Modelle, die den Verlauf einer Paarbeziehung unterschiedlich beschreiben, erklärt Finn. Eines beinhalte, dass alle Paare zu Beginn etwa gleich glücklich seien. Endet die Beziehung mit einer Trennung, dann sei das auf Probleme zurückzuführen, die sich erst im Laufe der gemeinsamen Zeit entwickeln. Das zweite Modell gehe davon aus, dass Paare bereits auf unterschiedlichen Glücksniveaus starten. Generell hielten sie dieses zwar, aber eine negativere Ausgangssituation erhöhe die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns. „Wir haben nun herausgefunden, dass eine Mischung aus beiden Modellen wohl zutrifft“, sagt die Jenaer Psychologin. „Auch wir können ein unterschiedliches Ausgangsniveau bestätigen. Zusätzlich nimmt bei beiden Gruppen die Glücklichkeit ab – bei denen, die sich später trennen, passiert das allerdings deutlich rapider. Das bedeutet: Wer unglücklich startet, wird noch unglücklicher.“

    Der Beginn einer Beziehung kann also schon einiges über ihren Verlauf verraten. Die Zufriedenheit ermittelten die Jenaer Forschenden, indem sie beispielsweise danach fragten, wie sehr die Partnerinnen und Partner ihre Bedürfnisse befriedigt sehen. Generell gilt dabei: Wer ähnliche Bedürfnisse hat, zum Beispiel nach Nähe, aber auch danach weiterhin eigene Interessen verfolgen zu können, bleibt meist länger zusammen.

    Keine Beziehung ist von vornherein zum Scheitern verurteilt

    Durch die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse könnten also Paare schon vorher Informationen erhalten, wie hoch die Chance ist, dass sie zusammenbleiben. Aber ist eine solche Auskunft auch sinnvoll? Christine Finn ist skeptisch: „Uns geht es nicht darum, den allgemeinen Optimierungstrend weiter zu unterfüttern und eine Beziehung nur ergebnisorientiert mit der Aussicht auf Langlebigkeit zu führen. Wenn sich Paare nach einiger Zeit trennen, kann das trotzdem eine wertvolle und wichtige Phase in ihrem Leben sein – die möglicherweise die folgenden Beziehungen positiv beeinflusst. Außerdem können Paare das Gemeinsame, wie das Ausleben von Nähe und Unabhängigkeit, auch bewusst steuern und daran arbeiten. Keine Beziehung ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.“ Insofern könnten die Ergebnisse der Studie durchaus wertvoll für Beratungsstellen und Therapeuten sein.

    Möglich ist die wissenschaftliche Betrachtung solcher Paarbeziehungen nur dank der Langzeitstudie „pairfam“ („Panel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics“). Im Rahmen dieses Projektes untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von vier deutschen Universitäten seit 2008 die Entwicklung von über 12.000 Personen unterschiedlichen Alters. Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Langzeitstudie läuft noch bis ins Jahr 2022.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Christine Finn
    Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Humboldtstraße 11, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945163
    E-Mail: christine.finn[at]uni-jena.de


    Originalpublikation:

    C. Finn, M. D. Johnson, F. J. Neyer: Happily (N)ever After? Codevelopment of Romantic Partners in Continuing and Dissolving Unions, Developmental Psychology, 2020, http://dx.doi.org/10.1037/dev0000897


    Bilder

    Prognosen über die Trennung einer Beziehung sind durchaus vorhersehbar.
    Prognosen über die Trennung einer Beziehung sind durchaus vorhersehbar.
    (Foto: Anne Günther/FSU)
    None

    Die Jenaer Psychologin Dr. Christine Finn.
    Die Jenaer Psychologin Dr. Christine Finn.
    (Foto: Jan-Peter Kasper/FSU)
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Psychologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Prognosen über die Trennung einer Beziehung sind durchaus vorhersehbar.


    Zum Download

    x

    Die Jenaer Psychologin Dr. Christine Finn.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).