idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
18.03.2021 12:19

Kosmisches Netz bietet Einblicke in die Geschichte des Universums - Studie mit Beteiligung der Universität Göttingen

Thomas Richter Öffentlichkeitsarbeit
Georg-August-Universität Göttingen

    Das Universum ist durchzogen von einem kosmischen Netz, welches aus großen fadenförmigen Gas-Strukturen besteht, in denen sich Galaxien bilden. Die Existenz dieses Netzes bestätigt die wichtigsten Vorhersagen darüber, wie sich die Struktur des Universums verändert. Forscherinnen und Forscher weltweit haben unter Leitung der Universität Lyon nun erstmals sehr detailreiche Aufnahmen der Netz-Filamente und entsprechende Karten des jungen Universums erstellt. Die Universität Göttingen war an dem Forschungsprojekt beteiligt. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift Astronomy and Astrophysics erschienen.

    (pug) Zum ersten Mal hat ein internationales Team unter Leitung von Prof. Dr. Roland Bacon (CNRS) derart detailreiche Aufnahmen der Filamente des kosmischen Netzes gemacht. Um die bislang wenig untersuchten Bereiche in den Fokus zu rücken, beobachteten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler – verteilt über ein halbes Jahr – insgesamt 140 Stunden lang einen kleinen speziellen Bereich des Himmels, die sogenannte Hubble Ultra Deep Field Region (HUDF). Die HUDF ist die Himmelsregion, welche bisher am längsten mit dem Hubble-Weltraumteleskop über einen Zeitraum von vielen Wochen beobachtet wurde. Die Entfernung der Galaxien in dem Feld beträgt 3 bis 13 Milliarden Lichtjahre. Das Team nutzte für seine Untersuchungen den 3D MUSE-Spektografen am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile. Das Ergebnis: eine beeindruckend große Anzahl von Galaxien in dem kleinen Feld. „Es waren 100 Mal mehr Galaxien als man üblicherweise bei klassischen Himmelsdurchmusterungen findet“, sagt Ko-Autor Prof. Dr. Wolfram Kollatschny vom Institut für Astrophysik der Universität Göttingen. „Vierzig Prozent von ihnen waren so extrem leuchtschwach, dass sie nicht einmal mit dem Hubble Teleskop entdeckt worden sind.“

    Bislang wurden vor allem die Knotenpunkte des kosmischen Netzes untersucht, weil dort auch die Quasare, extrem leuchtstarke Kerne von Galaxien, zu finden sind. Allerdings befinden sich die Quasare in sehr dichten Bereichen des kosmischen Netzes – die bisherige Datenlage in diesem Bereich ließ sich also nicht ohne Weiteres auf die Netzfilamente übertragen. Der Blick auf die jetzt erstmals entdeckten Filamente bietet zugleich einen Blick in die Geschichte des Universums. Das Team konnte die ersten Karten des kosmischen Netzes im jungen Universum – weniger als zwei Milliarden Jahre nach dem Urknall – erstellen. „Überrascht hat uns, dass der Anteil des diffusen Lichts der Filamente, der von der ultravioletten Hintergrundstrahlung stammt, viel geringer ist als erwartet“, so Kollatschny. Das kosmische Netz ist nämlich nur deshalb beobachtbar, weil es durch Sterne und Quasare beleuchtet wird. Das Team vermutet, dass der größte Teil der Hintergrundstrahlung von einem riesigen „Meer“ an Galaxien mit sehr geringer Leuchtkraft stammt. Diese sind viel zu schwach, um einzeln entdeckt zu werden. „Dies hilft uns, den Ursprung der Galaxien zu verstehen: Es bedeutet, dass die meisten Vorfahren unserer heutigen Galaxien kaum mehr als winzige Klumpen von wenigen, gerade entstandenen Sternen waren“, so Kollatschny. „Die direkte Beobachtung des kosmischen Netzes bestätigt zudem die Vorhersage zur großräumigen Materieverteilung und Entwicklung des Universums – ausgehend von einer sehr homogenen Verteilung des Urgases 400.000 Jahre nach dem Urknall – und hilft uns, zu verstehen, wie und wo Galaxien entstehen und mit ihrer Umgebung interagieren.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Wolfram Kollatschny
    Georg-August-Universität Göttingen
    Fakultät für Physik - Institut für Astrophysik
    Friedrich-Hund-Platz 1, 37077 Göttingen
    Telefon (0551) 39-25065
    E-mail: wkollat@astro.physik.uni-goettingen.de
    www.astro.physik.uni-goettingen.de


    Originalpublikation:

    Roland Bacon et al. The MUSE Extremely Deep Field: the Cosmic Web in Emission at High Redshift. Astronomy and Astrophysics (2021). Doi: https://doi.org/10.1051/0004-6361/202039887


    Bilder

    Kosmologische Simulation von Strukturen im entfernten Universum. Dieses Bild veranschaulicht die Verteilung des Lichtes, das von den Wasserstoffatomen des kosmischen Netzes in einer Region von etwa 15 Millionen Lichtjahren Durchmesser ausgesendet wird.
    Kosmologische Simulation von Strukturen im entfernten Universum. Dieses Bild veranschaulicht die Ver ...
    Jeremy Blaizot, SPHINX-Pro


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Kosmologische Simulation von Strukturen im entfernten Universum. Dieses Bild veranschaulicht die Verteilung des Lichtes, das von den Wasserstoffatomen des kosmischen Netzes in einer Region von etwa 15 Millionen Lichtjahren Durchmesser ausgesendet wird.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).