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05.12.2022 09:31

Sozial ungleiche Bildungschancen: Das ist der Forschungsstand

Philip Stirm Referat Kommunikation
DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation

    Ob in der frühkindlichen Bildung, in der Schule, in der beruflichen Ausbildung oder im Hochschulbereich: Der soziale Hintergrund der Lernenden übt stets einen Einfluss auf ihren Bildungserfolg aus. Die dazu verfügbare Studienlage unterscheidet sich aber je nach Bildungsbereich. Das sind zwei zentrale Befunde einer neuen Forschungssynthese, die erstmals Ergebnisse aus 20 Jahren Forschung zu diesem Thema im deutschsprachigen Raum systematisiert und zusammenfasst. Das Übersichtswerk des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation ist jetzt im Waxmann Verlag erschienen und steht frei zugänglich zur Verfügung.

    Die Forschung zu sozial ungleichem Bildungserwerb wurde hierzulande vor allem nach dem sogenannten PISA-Schock im Jahr 2001 ausgeweitet. Deutschland hatte seinerzeit in der ersten PISA-Studie, die schulische Kompetenzen im internationalen Vergleich untersucht, unterdurchschnittlich abgeschnitten. Dabei war ein starker Zusammenhang der Leistungen mit dem sozioökonomischen Hintergrund der getesteten Schüler*innen deutlich geworden. „Mit der vorliegenden Forschungssynthese geben wir einen Überblick über das seitdem aufgebaute Fachwissen. Wir führen Befunde aus Einzelstudien zusammen und zeigen Forschungslücken auf – in Bezug auf die vorschulische, die schulische, die berufliche und die Hochschulbildung“, erläutert Dr. Anna Bachsleitner, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DIPF und Erstherausgeberin der Synthese. Die Wissenschaftlerin ergänzt: „Anhand dieser umfassenden Vermessung der Forschungslandschaft lassen sich verlässlichere Aussagen zu sozialen Herkunftseffekten treffen.“

    Es zeigt sich, dass die diesbezüglichen Fragen besonders stark im Schulbereich erforscht wurden. In den anderen Bildungsbereichen bedarf es weiterer Studien für eine belastbarere Evidenzgrundlage. Dennoch lässt sich grundsätzlich festhalten: „Von der Kita bis in den Hochschulbereich sind sozial ungleich verteilte Bildungschancen festzustellen“, so Ronja Lämmchen, wissenschaftliche Mitarbeiterin am DIPF und Mitherausgeberin der Synthese. Hierfür gibt es zahlreiche Beispiele: Kinder aus privilegierten Elternhäusern besuchen häufiger Kitas und werden zu Hause intensiver gefördert, in den Schulen verfügen sie über die besseren Lesekompetenzen und sie nehmen merklich häufiger ein Studium auf.

    Studiensystematik, Forschungslücken und Zielgruppen

    Für die Forschungssynthese führte das Team des DIPF eine strukturierte Literaturrecherche und anschließend eine von einem Kriterienkatalog geleitete Sichtung der Rechercheergebnisse durch – auf Basis der am Institut betreuten und im Bildungsbereich zentralen wissenschaftlichen Literaturinformationssysteme. 568 Publikationen wurden dann systematisch ausgewertet. Für die Definition von sozialer Herkunft betrachteten diese Studien die Bildung, das Einkommen und die berufliche Stellung der Eltern. Als davon beeinflusste Bildungsaspekte der Lernenden untersuchten sie die Bildungsbeteiligung, die erreichten Abschlüsse, den Kompetenzerwerb und die Noten.

    Neben den genannten Befunden zum sozial ungleichen Bildungserwerb macht die Synthese auch verschiedene Forschungslücken kenntlich. Generell fällt ins Auge, dass es vor allem im Bereich der beruflichen Bildung trotz einiger Studien zu sozialen Herkunftseffekten an empirisch belastbaren Daten mangelt. Aber auch in den anderen Bereichen stehen noch abgesicherte Ergebnisse zu verschiedenen Fragestellungen aus – welche sozialen Ungleichheiten etwa beim Zugang zu qualitativ hochwertiger Kinderbetreuung oder dem Besuch einer Ganztagsschule bestehen und wie sich die soziale Herkunft konkret auf Kompetenzen und Noten in der Hochschulbildung auswirkt.

    Mit der Forschungssynthese wenden sich die Herausgeber*innen an verschiedene Zielgruppen. Der Wissenschaft kann die Übersicht helfen, das Forschungsfeld weiterzuentwickeln. Der Politik, der Administration und der interessierten Öffentlichkeit bietet sie wiederum eine fundierte Grundlage für eine breite Debatte zu dem Thema.

    Die Forschungssynthese ist im Open Access erschienen und damit frei zugänglich:

    https://doi.org/10.31244/9783830996248

    Pressekontakt:

    Philip Stirm, +49 (0)69 24708-123, p.stirm@dipf.de, pr@dipf-institut.de

    Über das DIPF:

    Das DIPF ist das Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation mit Standorten in Frankfurt am Main und in Berlin. Es will dazu beitragen, Herausforderungen in der Bildung und für das Erforschen von Bildung zu bewältigen. Dafür unterstützt das Institut Schulen, Kindertagesstätten, Hochschulen, Wissenschaft, Verwaltung und Politik mit Forschung, digitaler Infrastruktur und Wissenstransfer. Übergreifendes Ziel seiner Aktivitäten ist eine qualitätsvolle, verantwortliche, international anschlussfähige und Gerechtigkeit fördernde Bildung, die zudem bestmöglich erforscht werden kann.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Forschungssynthese: Dr. Anna Bachsleitner, +49 (0)69-24708-471, a.bachsleitner@dipf.de


    Originalpublikation:

    Bachsleitner, A., Lämmchen, R. & Maaz, K. (Hrsg.). (2022). Soziale Ungleichheit des Bildungserwerbs von der Vorschule bis zur Hochschule: Eine Forschungssynthese zwei Jahrzehnte nach PISA. Waxmann. doi: 10.31244/9783830996248


    Weitere Informationen:

    http://www.dipf.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Lehrer/Schüler, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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