idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
02.02.2023 10:33

Wissenschaftsakademien plädieren für gesamtheitliche Klimastrategie: Technologieumbau, Suffizienz & negative Emissionen

Anja Lapac Geschäftsstelle
acatech - Deutsche Akademie der Technikwissenschaften

    22 Jahre hat Deutschland noch, um Netto-Treibhausgasneutralität zu erreichen. Hierfür braucht es rasche und ambitionierte Maßnahmen zum Umbau der Energieversorgung und zur Dekarbonisierung der Industrie. Das Akademienprojekt „Energiesysteme der Zukunft“ hat untersucht, wie diese Transformation gelingen kann. Die aktuelle Stellungnahme zeigt: Nur im Zusammenspiel gesellschaftlicher, technischer und ökonomischer Lösungsansätze ist Klimaneutralität zu erreichen. Dabei spielt auch die Senkung der Energienachfrage eine entscheidende Rolle.

    Fachleute von „Energiesysteme der Zukunft“ (ESYS) – einer gemeinsamen Initiative der Wissenschaftsakademien acatech, Leopoldina und Akademienunion – identifizieren in der Stellungnahme „Wie wird Deutschland klimaneutral? Handlungsoptionen für Technologieumbau, Verbrauchsreduktion und Kohlenstoffmanagement“ 22 Handlungsfelder als Bausteine für ein klimaneutrales Deutschland. Die Bandbreite der Handlungsfelder umfasst neben Sparten wie der Chemie-, Stahl- und Zementindustrie auch die Bereiche Bauen, Wohnen und Mobilität sowie Recycling. Als Grundlage der Diskussion dienten umfassende Metaanalysen und eigene modellgestützte Szenarien. Es zeigt sich: die Transformation des Energiesystems muss als gesamtgesellschaftlicher Prozess verstanden und behandelt werden. Hierfür sind zeitnah technologische, ökonomische und infrastrukturelle Voraussetzungen zu schaffen.

    Technologischen Umbau des Energiesystems und klimaneutrale Industrie forcieren, Anreize für Suffizienz und Effizienz schaffen, CO2 abscheiden und speichern

    Der Ausbau der erneuerbaren Energien und der technologische Wandel im Wärme-, Verkehrs- und Industriesektor sind aus Sicht der Arbeitsgruppe die Grundpfeiler dieser Transformation. Wenn die heutigen Energieverbrauchsmuster gleich bleiben, werde es jedoch sehr schwer, nur mit ihnen die Klimaziele zu erreichen. Stattdessen müsse auch der Energieverbrauch sinken, und zwar nicht nur durch eine höhere Energieeffizienz, sondern auch durch eine Senkung der Nachfrage nach Energiedienstleistungen (Suffizienz).

    Damit dies gelingt, bedarf es nach Ansicht der Fachleute einer aktiven politischen Gestaltung. Anke Weidlich, Co-Leiterin der Arbeitsgruppe und Inhaberin der Professur für Technologien der Energieverteilung am Institut für Nachhaltige Technische Systeme (INATECH) an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, bekräftigt: „Wir benötigen gute klimafreundliche Alternativen vor allem für Wohnen und Mobilität, um die benötigten Einsparungen an Energiedienstleitungen zu erreichen. Diese müssen überall zur Normalität werden und schrittweise die bisherigen emissionsintensiven Lösungen verdrängen. Nicht zuletzt wird dies besonders wichtig, wenn Deutschland seinen Beitrag zur Erreichung der Pariser Klimaschutzziele erhöhen möchte. Hierzu muss die Klimaneutralität noch früher erreicht werden, was ohne eine Absenkung des Energiebedarfs nicht zu schaffen ist.“

    Ergänzend hierzu müssen auch schwer zu dekarbonisierende Prozesse und Sektoren klimaneutral gestaltet werden, allen voran die Industrie. Für eine klimaneutrale Industrie ist nach Ansicht der Arbeitsgruppe ein Dreiklang von Maßnahmen nötig: die Implementierung klimaneutraler Prozesse basierend auf grünem Strom und grünem Wasserstoff, eine Stärkung der Kreislaufwirtschaft und ein sparsamer Umgang mit Materialien oder ihre Substitution durch klimafreundlichere Alternativen.
    Auch bei bestmöglichem Gelingen der genannten Maßnahmen werde es nötig sein, schwer vermeidbare Emissionen aus Industrie und Landwirtschaft auszugleichen, indem man CO2 dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt und somit negative Emissionen erreicht. Um dies zu ermöglichen, müsse die Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS) gesellschaftlich neu diskutiert werden. Zudem sollten die Entwicklung und der Markthochlauf von technischen und natürlichen CO2-Entnahmeverfahren regulatorisch unterstützt und eine übergreifende Strategie für nachhaltiges Kohlenstoffmanagement gestaltet werden.

    Die Expertinnen und Experten sind sicher: Nur im Zusammenspiel führen gesellschaftliche, technische und ökonomische Lösungsansätze auf einen resilienten Transformationspfad, auf dem mögliche Zielverfehlungen in Teilbereichen durch Erfolge in anderen Bereichen abgefedert werden können. Mario Ragwitz, Co-Leiter der Arbeitsgruppe und Institutsleiter der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG sowie Professur für Integrierte Energieinfrastrukturen an der Brandenburgisch Technischen Universität Cottbus-Senftenberg, betont: „Energieeinsparungen bedeuten nicht, dass der Ausbau der Erneuerbaren und der Umbau der Energieinfrastrukturen weniger stark vorangetrieben werden sollten. Und die Diskussion und Entwicklung von CO2-Entnahmeverfahren ist unabdingbar, darf aber nicht die Anstrengungen bezüglich Vermeidung von Emissionen mindern. Nur auf die eine oder die andere Option zu setzen, wird nicht ans Ziel führen.“

    Die ESYS-Stellungnahme ist abrufbar unter:
    https://energiesysteme-zukunft.de/publikationen/stellungnahme/transformationspfa...

    Ansprechpartnerin:
    Anja Lapac, Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften | Koordinierungsstelle „Energiesysteme der Zukunft“
    Tel.: +49 (0)89 5203 09-850
    lapac@acatech.de

    Weitere Ansprechpartnerinnen:
    Caroline Wichmann, Leiterin der Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina
    Tel.: +49 (0)345 472 39-800
    presse@leopoldina.org

    Dr. Annette Schaefgen, Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
    Union der deutschen Akademien der Wissenschaften
    Tel.: +49 (0)30 325 98 73-70
    schaefgen@akademienunion-berlin.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Berit Erlach
    acatech – Deutsche Akademie der Technikwissenschaften
    Koordinierungsstelle „Energiesysteme der Zukunft“
    Tel.: +49 (0) 30/2 06 30 96-24
    erlach@acatech.de


    Originalpublikation:

    acatech/Leopoldina/Akademienunion (Hrsg.): Wie wird Deutschland klimaneutral? Handlungsoptionen für Technologieumbau, Verbrauchsreduktion und Kohlenstoffmanagement (Schriftenreihe zur wissenschaftsbasierten Politikberatung), 2023.


    Bilder

    Anhang
    attachment icon PM Wie wird Deutschland klimaneutral?“

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Energie, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).