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20.02.2023 14:32

Langzeit-Alkoholkonsum als potenzieller Risikofaktor für Covid-19-Komplikationen

Torsten Lauer Referat Kommunikation und Medien
Zentralinstitut für Seelische Gesundheit

    Untersuchungen aus Tiermodellen legen nahe, dass häufiger Alkoholkonsum zu einem erhöhten Corona-Infektionsrisiko führen kann und ein Potenzial für Komplikationen im Krankheitsverlauf darstellt. Zu diesem Schluss kommen Forschende am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim.

    Die Coronapandemie hat viele Menschen vor eine große Herausforderung gestellt. Als Folge dessen sind die Zahlen psychischer Erkrankungen stetig gestiegen und Alkohol wurde zu einem häufig genutzten Mittel, den Sorgen des Alltags zu entfliehen. Viele Risikofaktoren, wie zum Beispiel Alter und Übergewicht, die für eine Infektion und einen ungünstigen Verlauf einer Corona-Erkrankung beitragen, sind bekannt. Jedoch ist noch nicht geklärt, inwiefern Alkoholkonsum einen Einfluss auf die Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV2 hat, beziehungsweise ob Alkoholkonsum auch zu einem ungünstigen Verlauf einer Covid-19-Erkrankung beiträgt. Diese Wissenslücke ist erstaunlich in Anbetracht der Tatsache, dass 2,2 Milliarden Menschen regelmäßig Alkohol konsumieren.

    Covid-Marker bei Langzeit-Alkoholkonsum

    Forscher des Instituts für Psychopharmakologie am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (ZI) in Mannheim haben sich nun dieser Fragestellung gewidmet. Sie untersuchten in mehreren Tiermodellen von Langzeit-Alkoholkonsum und -anhängigkeit die Expression der wichtigsten Covid-Marker in verschiedenen Organen, die als vulnerabel für die Erkrankung und potenzielle Komplikationen gelten. Hierbei fand das Team um Prof. Dr. Rainer Spanagel heraus, dass der Coronavirus-Eintrittsrezeptor, ACE2, in der Lunge aller untersuchten Tiermodelle erhöht ist. „Wir deuten die Ergebnisse so, dass dadurch das Risiko einer Coronainfektion durch vermehrte Eintrittsmöglichkeit des Virus erhöht ist“, sagt Rainer Spanagel. Die Lunge gilt als sehr anfälliges Organ für die Infektion mit SARS-CoV2. So tritt bei ernsthaften Covid-19 Erkrankungen häufig ein akutes Atemnotsyndrom (ARDS, Acute Respiratory Distress Syndrome) auf. „Unsere Arbeit weist also zunächst darauf hin, dass häufiger Alkoholkonsum zu einem erhöhten Corona-Infektionsrisiko führen kann und ein Potenzial für Komplikationen im Krankheitsverlauf darstellt“, sagt Spanagel.

    Reduktion des MAS-Gens

    Sobald die Zellen vom Coronavirus befallen sind, wird eine Kaskade ausgelöst, die den Virus in den Zellen abtötet. Einer der Initialfaktoren für diese Kaskade ist MAS, ein Gen mit anti-inflammatorischer Wirkung, das somit einen schützenden Faktor in Bezug auf eine Corona-Erkrankung darstellt. In den Tieren, die Alkohol konsumierten, wurde in einem Teil des Gehirns, der für das Riechen zuständig ist, die Reduktion dieses Gens gemessen. Eine geringere Konzentration des MAS-Gens kann zu einer verringerten Abwehrreaktion in diesen Zellen führen, wodurch sich das Virus ungestört weiter ausbreiten kann. Die Verringerung des MAS-Gens in dieser Hirnregion deuteten die Forscher als potenziell erhöhte Anfälligkeit für Ansomie – den Verlust der Geruchsfähigkeit. Alkoholkonsum könnte somit auch ein Risikofaktor für langanhaltenden Geruchsverlust bei einer Corona-Erkrankung sein.

    Diese Studie liefert somit neue Erkenntnisse, die darauf hindeuten, dass Alkoholkonsum einen potenziellen Effekt auf das allgemeine Corona-Infektionsrisiko sowie mit der Erkrankung einhergehende Komplikationen begünstigt. Um die Auswirkung dieser Effekte weiter zu untersuchen, sind klärende epidemiologische Studien an Patientinnen und Patienten dringend notwendig.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Rainer Spanagel (rainer.spanagel@zi-mannheim.de) und Marion Friske (marion.friske@zi-mannheim.de)


    Originalpublikation:

    M.M. Friske et al., „Chronic alcohol intake regulates expression of SARS-CoV2 infection-relevant genes in an organ-specific manner”. Alcohol Clin Exp Res. (2023). DOI: 10.1111/acer.14981 https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/acer.14981


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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