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03.03.2023 20:00

IPK-Forscher geben Einblick in den Mechanismus der Ertragsbildung bei Gerste

Christian Schafmeister Presse und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung

    Blütenbildene Pflanzen mit nicht determinierten Blütenständen produzieren oft mehr Organe als sie benötigen. Ein internationales Forscherteam unter Leitung des IPK-Leibniz-Instituts hat nunmehr zeigen können, dass die ersten Schritte der Blütchenbildung bei Gerste molekular von ihrer Reifung zu Körnern entkoppelt sind. Während die Blütchenbildung von speziellen Genen diktiert wird, wird das Wachstum der Blütchen durch Lichtsignal-, Chloroplasten- und Gefäßentwicklungsprogramme gesteuert. Dabei spielt das Gerste CCT MOTIF FAMILY 4 (HvCMF4)-Protein eine zentrale Rolle. Die Ergebnisse geben Einblicke in die molekularen Grundlagen der Ertragsentwicklung bei Getreidepflanzen.

    Die Veränderung von Blütenständen mit höherem Ertragspotenzial ist für die Getreideproduktion von entscheidender Bedeutung. Dabei geht es oft um die Auswahl von Blütenständen mit mehr Verzweigungen oder Blütenstrukturen. Prominente Beispiele dafür sind Gene, die die Blütenidentität oder die Meristemdeterminiertheit beeinflussen. Natürliche oder induzierte Varianten verändern dann die Anzahl der Blütenprimordien. Bei Getreidepflanzen der gemäßigten Zonen wie Weizen und Gerste führt ein Übermaß an Blütenstrukturen jedoch zur Degeneration von Blütchen. Zusätzlich kann die Ausprägung dieses Ertragspotenzials durch Umweltschwankungen wie Licht, Temperatur und Ernährung verändert werden. Eine Erhöhung des Anteils der überlebenden Blütchen/Ährchen kann daher den Kornertrag bei Getreide verbessern.

    IPK-Forscher haben nun einen bisher unbekannten Mechanismus aufgedeckt, durch den Signale im Gefäßsystem des Gerstenblütenstandes die Plastidendifferenzierung und die Nährstoffsignalgebung steuern. Das beeinflusst maßgeblich das heterotrophe Wachstum des Blütchenmeristems und den Fortpflanzungserfolg. Die Ergebnisse belegen, dass die zirkadiane Uhr des Gefäßsystems für einen rechtzeitigen Wechsel vom Zustand der Blütchenprimordien-Initiation zum Wachstumszustand erforderlich ist.

    Durch groß angelegte mikroskopische Untersuchungen des Blütchenmeristems zeigen die Forscher, dass etwa 40 Prozent der initiierten Blütchenmeristeme Körner bilden, während der Rest degeneriert. Damit bleiben große Teile des Ertragspotenzials ungenutzt. „Wir zeigen außerdem, dass die Anzahl der initiierten Blütchenprimordien weitgehend von Genen der Blühinduktion bestimmt wird, aber das spätere Schicksal insbesondere der distalen Blütchenprimordien von mindestens drei unabhängigen, anderen Merkmalsloci gesteuert wird“, sagt Dr. Yongyu Huang, Erstautor der Studie, die heute im Journal "Science Advances" veröffentlicht wurde.

    „Wir haben zum ersten Mal ein Protein der CCT-Motif-Familie (HvCMF4) identifiziert, das für das Wachstum der Ährchenprimordien und die erfolgreiche Bestäubung erforderlich ist“, sagt Dr. Yongyu Huang. Darüber hinaus zeigte das Forscherteam, dass HvCMF4 nach dem Beginn des Wachstums der Ährchenprimordien mit Hilfe der zirkadianen Uhr vom Blütenstandsgefäßsystem aus funktioniert, um das Ergrünen des benachbarten Gewebes und damit die autotrophe Energieproduktion zu einzuleiten. „Dieser Mechanismus zur Regulierung des Ertragspotenzials und der Kornzahl wurde bisher noch nicht beschrieben und scheint einzigartig für die Triticeae-Arten zu sein, die sich durch ein frühes Ergrünen der unreifen Blütenstände während der Ährchenbildung und -differenzierung auszeichnen.“

    „Unsere Studie zeigt einen neuen Weg zur Steigerung des Kornertrags auf, indem sie die Möglichkeit eröffnet, die Kornzahl nicht nur durch mehr Blütchenansätze zu erhöhen, sondern diese auch bis zur Reife zu begleiten“, sagt Prof. Dr. Thorsten Schnurbusch, Leiter der Arbeitsgruppe „Pflanzenarchitektur“ am IPK und Professor für Entwicklungsgenetik der Kulturpflanzen an der Martin-Luther Universität Halle. „Da Gerste zu den weltweit vier wichtigsten Getreidearten gehört (nach Reis, Mais und Weizen), kann eine bessere Ausschöpfung ihres Kornertragspotenzials einen Beitrag zur Welternährungssicherheit leisten und damit direkt zur Bekämpfung von Hungergefahren durch Klimawandel, Natur- oder Kriegskatastrophen beitragen.“


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Thorsten Schnurbusch
    Tel.: +49 39482 5341
    schnurbusch@ipk-gatersleben.de


    Originalpublikation:

    Huang et al. (2023): A molecular framework for grain number determination in barley. Science Advances. DOI: 10.1126/sciadv.add0324


    Bilder

    Gerste
    Gerste
    T. Schnurbusch
    IPK Leibniz-Institut


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter
    Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Gerste


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