idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
05.06.2023 09:53

Langsame Elektronen für effizientere Reaktionen

Peter Rüegg Hochschulkommunikation
Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH Zürich)

    Forschenden ist es gelungen, Elektronen, die sich langsam bewegen, in einem Lösungsmittel herzustellen. Dank solcher Elektronen könnten bestimmte chemische Reaktionen in Zukunft effizienter werden.

    Eigentlich wollte das internationale Team von Forschenden ein rätselhaftes chemisches Objekt nachweisen: ein sich in Lösung befindliches Dielektron. Dieses besteht aus zwei Elektronen. Im Gegensatz zu einem Atom besitzt es keinen Kern. Bisher konnten Wissenschaftler:innen solche Objekte nicht direkt nachweisen. Während die Forschenden unter der Leitung von ETH-​Professorin Ruth Signorell solche Dielektronen untersuchten, entdeckten sie zufällig einen neuen Prozess, mit dem sich langsam bewegende Elektronen herstellen lassen. Damit lassen sich bestimmte chemische Reaktionen in Gang bringen.

    Dielektronen sind nicht stabil. Sie zerfallen in weniger als einer billionstel Sekunde wieder in zwei Elektronen. Wie die Forschenden zeigen konnten, bleibt eines davon an Ort und Stelle, während sich das andere mit geringer Energie, also verhältnismässig langsam, entfernt. Speziell an der neuen Methode ist, dass die Wissenschaftler:innen die Bewegungsenergie dieses Elektrons und somit seine Geschwindigkeit steuern können.

    Dielektron besetzt Hohlraum

    Doch der Reihe nach: Um die Dielektronen zu bilden, lösen die Forschenden Natrium in (flüssigem) Ammoniak und bestrahlen es mit UV-​Licht. Die Bestrahlung führt dazu, dass sich ein Elektron von einem Ammoniak-​Molekül zu einem Elektron eines Natrium-​Atoms gesellt und damit ein Dielektron bildet. Dieses besetzt kurzfristig einen winzigen Hohlraum in der Flüssigkeit. Nach dem Zerfall bewegt sich eines der Elektronen mit einer Geschwindigkeit, die von der Wellenlänge des zuvor benutzten UV-​Lichts abhängt, wie die Forschenden zeigen konnten. «Die Energie der UV-​Strahlung ist teilweise auf das Elektron übergegangen», sagt Signorell.

    Die Wissenschaftler:innen der ETH Zürich führten diese Arbeit zusammen mit Forschenden der Universität Freiburg im Breisgau, des Soleil-​Synchrotrons in der Nähe von Paris und der Universität Auburn in den USA durch.

    Strahlenschäden untersuchen

    Interessant sind solche Elektronen mit niedriger Bewegungsenergie aus mehreren Gründen: Einer davon ist, dass langsame Elektronen Strahlenschäden in menschlichem Gewebe verursachen. Bewegliche Elektronen können im Gewebe zum Beispiel aufgrund von Röntgenstrahlung oder radioaktiver Strahlung entstehen. Sie können sich dann auch an DNA-​Moleküle anlagern und dort chemische Reaktionen auslösen. Wenn sich solche langsamen Elektronen im Labor leichter erzeugen lassen, lassen sich die Mechanismen, die zu Strahlenschäden führen, besser untersuchen.

    Doch nicht nur im Köper, sondern ganz generell werden viele chemische Reaktionen dadurch in Gang gebracht, dass eine Verbindung ein freies Elektron aufnimmt. Ein Beispiel dafür ist die synthetische Herstellung von Cortison und anderen Steroiden.

    Wenn es nun möglich ist, mit UV-​Licht relativ einfach langsame Elektronen direkt in einer Flüssigkeit herzustellen und zudem die Energie der Elektronen einzustellen, dann lassen sich solche Reaktionen künftig besser untersuchen. Und sie lassen sich vielleicht auch optimieren, indem Chemiker:innen den Elektronen zum Beispiel mit UV-​Licht etwas mehr Bewegungsenergie mitgeben.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Ruth Signorell


    Originalpublikation:

    Hartweg S, Barnes J, Yoder BL, Garcia GA, Nahon L, Miliordos E, Signorell R: Solvated dielectrons from optical excitation: An effective source of low-​energy electrons. Science, 25. Mai 2023, doi: 10.1126/science.adh0184


    Bilder

    Hier sind zwei Elektronen kurz vereint als Dielektron (rot) umhüllt von Lösungsmittelmolekülen. Genauer lässt sich das Dielektron nicht lokalisieren. Anschliessend verlässt eines der Elektronen diesen Bereich.
    Hier sind zwei Elektronen kurz vereint als Dielektron (rot) umhüllt von Lösungsmittelmolekülen. Gena ...

    Hartweg S et al. Science 2023


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Chemie
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hier sind zwei Elektronen kurz vereint als Dielektron (rot) umhüllt von Lösungsmittelmolekülen. Genauer lässt sich das Dielektron nicht lokalisieren. Anschliessend verlässt eines der Elektronen diesen Bereich.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).