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13.10.2023 12:26

Online-Schau beleuchtet Antikriegs-Protest in Russland

Prof. Dr. Maren Röger Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO)

    Die Anthropologin und Kuratorin der digitalen Ausstellung „No wobble!“ | „Нет вобле!“, Alexandra Arkhipova, hatte im März 2022 die Abonnent*innen ihres Telegram-Kanals „(Non)entertaining anthropology“ aufgerufen, spontane Protest-Aktionen im öffentlichen Raum angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine zu dokumentieren und an sie weiterzuleiten. Aus den bis Ende Februar 2023 eingesendeten Fotos wählten Arkhipova und ihr Team 476 Beispiele aus 48 Städten der Russischen Föderation aus. Dabei ging es nicht darum, die Menge der Protestaktionen abzubilden, sondern deren Vielfalt, die kreativen Ansätze und die Arten, mit denen der Protest geäußert wurde.

    Ausgewählt wurden „von allen Arten je zwei“, diese wurden analysiert, entschlüsselt, kontextualisiert und durch kurze Erläuterungstexte auf Russisch und Englisch so aufbereitet, dass sich den Ausstellungsbesucher*innen das Spektrum des zivilen Protests gegen den Krieg eindrucksvoll offenbart. So erschließen sich auch Nichtruss*innen die politischen, historischen und literarischen Kontexte der auf den ersten Blick manchmal unscheinbaren oder unverständlichen Kunstwerke.

    Zu sehen sind Aufkleber, Flugblätter, Graffiti und komplexe Installationen, die unmittelbar nach Beginn der russischen Invasion auf den Straßen russischer Städte auftauchten. Ein mutiger Protest, denn die Repressionen gegen Andersdenkende in Russland haben ein enormes Ausmaß erreicht. Wer kritische Straßenkunst wie diese schafft, riskiert eine Geld- oder gar Haftstrafe.

    Um einer Bestrafung zu entgehen, versuchen viele ihren Protest zu verschleiern. Im September 2022 schrieb etwa die junge Russin Alisa Klimentova „Net V***E!“ [Kein Krieg] auf den Bürgers-teig. Sie wurde verhaftet. Vor Gericht erklärte Alisa, dass der von ihr geschriebene Satz eigentlich „Net VOBLE“ (Name einer Fischart) bedeutet, weil sie diesen Fisch nicht mag. Im Russischen klingen die Wörter „Krieg“ (voina) und eben jene Fischart (vobla) ähnlich und haben die gleiche Anzahl von Buchstaben. Der Richter befand dies als stichhaltig und ließ sie gehen, aber als die Geschichte bekannt wurde, wurde sie erneut vor Gericht gestellt, ihr Fall wurde überprüft und sie wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Der beliebte russische Speisefisch ist damit zu einem Symbol des Antikriegs-Widerstands geworden. Aus diesem Grund trägt auch die Ausstellung diesen Namen.

    „Es ist eine einmalige, unter die Haut gehende und wichtige Ausstellung. Sie zeigt, dass die durch massive Polizeigewalt und Propaganda in ihrer freien Meinungsäußerung unterdrückte russische Zivilgesellschaft dennoch höchst kreative Ausdrucksformen findet, ihrem Protest Luft und sich selbst Mut zu machen, indem sie den Angriffskrieg kritisch reflektiert und ihm u.a. mit Trauer, Humor und Sarkasmus begegnet.“, sagt Dr. Susanne Jaeger (GWZO), die die Realisierung der Ausstellung gemeinsam mit den Kolleg*innen der FSO betreute.

    Die digitale Ausstellung wird gemeinsam vom Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) und der Forschungsstelle Osteuropa an der Universität Bremen (FSO) begleitet und umgesetzt.

    Zur Ausstellung: https://www.nowobble.net/

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    Wir laden alle Interessierten zu einer hybriden Ausstellungseröffnung ein!

    „No wobble!“ | „Нет вобле!“
    Russian Anonymous Street Art Against War 2022/23 – A Virtual Exhibition
    25. Oktober 2023, 15 Uhr
    Ort: Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO), Reichsstraße 4-6 (Specks Hof), 04109 Leipzig, 4. Etage, Konferenzraum /Online

    Link zur Online-Anmeldung: https://us06web.zoom.us/meeting/register/tZMkd-6tqDMrHdYpVxb9ror6qYlrvAPkuEmw#/r...

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    Das Leibniz-Institut für Geschichte und Kultur des östlichen Europa (GWZO) erforscht historische und kulturelle Entwicklungsprozesse in der Region zwischen Ostsee, Schwarzem Meer und Adria. Grundlegend für das GWZO sind der breite zeitliche Rahmen seiner epochenübergreifenden Forschungen, der am Übergang von der Spätantike zum frühen Mittelalter ansetzt und bis in die Gegenwart reicht, sowie die ausgeprägte Interdisziplinarität. In der Grundlagenforschung des GWZO werden Methoden und Konzepte aus den Disziplinen und Fächern der Archäologie, Mediävistik, Literaturwissenschaft, der Osteuropastudien, der Geschichtswissenschaft, der Kunstgeschichte und Architekturgeschichte als auch der interdisziplinären Kulturwissenschaften miteinander verknüpft. Es kommen zudem naturwissenschaftliche Ansätze zum Tragen. Sein konstant breites Fächerspektrum bildet ein Alleinstellungsmerkmal des GWZO, nicht nur im Hinblick auf Deutschland, sondern auch im weltweiten internationalen Vergleich. Es trägt universitäts-komplementär damit zu einem elaborierten Verständnis der historischen und heutigen Entwicklungen in den Staaten, Gesellschaften und Kulturen des östlichen Europas bei. Das Institut ist eng mit der Universität Leipzig verbunden. Es gibt gemeinsame Berufungen und eine enge Zusammenarbeit in Forschung, Lehre und Karriereausbildung. Vielfältige Kooperationsbeziehungen bestehen ebenfalls mit zahlreichen wissenschaftlichen Einrichtungen im östlichen Europa. | https://www.leibniz-gwzo.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Dr. Susanne Jaeger
    susanne.jaeger@leibniz-gwzo.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Politik, Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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