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23.02.2024 11:15

Vogelbestäuber im Südafrikahaus

Dr.rer.nat. Arne Claussen Stabsstelle Presse und Kommunikation
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

    Botanischer Garten der HHU im Februar

    Es ist erstaunlich, wo überall es schon im Februar im Botanischen Garten an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) blüht. Neben dem Außengelände lädt aktuell das Südafrikahaus zu einem Besuch ein. Hier stehen einige Pflanzen, die sich auf eine Bestäubung durch Vögel spezialisiert haben. Im Februar ist der Garten montags bis freitags von 8:00 bis 16:00 Uhr geöffnet, ab März täglich bis 18:00 Uhr.

    Der Frühling kündigt sich an im Botanischen Garten der HHU. An vielen Stellen schaut schon der lilafarbene Dalmatiner Krokus (Crocus tommasinianus) aus der Erde und auch der sonnengelbe Huflattich (Tussilago farfara) ist zu finden. Gelb blüht ebenfalls die Japanische Zaubernuss (Hamamelis japonica). An verschiedenen Stellen im Außengelände blühen mehrere Arten der Nieswurz, zartlila die Orientalische Nieswurz (Helleborus orientalis), grünlich-weiß die Korsische Nieswurz (Helleborus argutifolius).

    „Spannend ist jetzt der Blick ins Geäst der kahlen Laubbäume,“ sagt Dr. Sabine Etges, wissenschaftliche Leiterin des Botanischen Gartens, „denn jetzt erkennt man die Struktur des Geästs und des Stamms sehr gut. Dies fällt besonders bei der Süntelbuche (Fagus sylvatica ‚Tortuosa‘) auf.“ Der wissenschaftliche Beiname bezieht sich auf ihren windungsreichen Wuchs: vom lateinischen „tortuosus“, übersetzt „voller Windungen“. Der deutsche Name weist auf einen Höhenzug im Weserbergland hin, in dem es bis Mitte des 19. Jahrhunderts einen großen Wald mit diesen Buchen gab.

    An vielen Bäumen findet sich ein Flechtenbewuchs, der einen zweiten Blick lohnt. Etges sagt: „Flechten sind Organismen aus Pilzen und Grünalgen oder photosynthesetreibenden Bakterien, die in Symbiose leben.“ Die gelbe Flechte Xanthoria parietina bildet kleine runde Scheiben. Dies sind die Fruchtkörper (Apothecien) des Pilzes, in denen er Sporen zur Verbreitung entwickelt. „Diese Flechtenart enthält Grünalgen, die die Fotosynthese leisten. Die gelbe Färbung beruht auf dem Pigment Parietin, das auch als Sonnenschutz dient“, so Etges beim Blick auf die Äste einer kleinen Magnolie.

    Ein seltener Anblick bietet sich im Apothekergarten: Hier blüht gerade die Harry-Potter-Fans bekannte Echte Alraune (Mandragora officinarum), deren alkaloidhaltiger Wurzelextrakt früher als Schlafmittel und Aphrodisiakum genutzt wurde. Die jungen Pflanzen wachsen gerade aus dem Herbstlaub hervor. Etges: „Die pelzigen, grau-lila Blüten werden schon bald von den kräftigen Blättern umringt werden, bis diese Blätter dann den Schnecken zum Opfer fallen.“

    Besonders empfehlenswert ist aktuell der Weg ins Südafrikahaus, wo viele Pflanzen in Blüte stehen. Auf eine Besonderheit der südafrikanischen Pflanzen weist Sabine Etges hin: „Im Gegensatz zu unseren Gefilden dienen in Südafrika sehr oft Vögel als Bestäuber, die Blüten sind entsprechend dafür gebaut.“

    Eindrucksvoll sieht man dies an der Paradiesvogelblume (Strelitzia reginae): Deren markant geformte große Blüten besitzen ein spezielles blaues Blatt, das sich öffnet und die Bestäubungsorgane freigibt, sobald sich ein Vogel darauf niederlässt. Während er Nektar trinkt, setzen sich die Pollen im Gefieder fest und werden so zur nächsten Blüte getragen.

    Weitere Vertreter der vogelbestäubten Pflanzen sind Greyia sutherlandii und die Aloe (Aloe plicatilis). Diese Aloe-Art mit ihren markanten Blütenständen stammt aus der Kapregion Südafrikas und wächst dort nur in einem sehr kleinen Gebiet, „sie ist eine botanische Rarität“, wie Etges betont.

    Viele der Gewächse werden in ihren Herkunftsregionen mannigfaltig genutzt. Etges: „Die Myrtenblättrige Kreuzblume (Polygala myrtifolia) mit ihren weiß-lila Blüten ist bei uns eine beliebte Kübelpflanze, in Südafrika kennt man ihre antimikrobielle Wirkung. Die Rinde wurde zum Beispiel zur Reinigung von Toten vor der Beisetzung genutzt.“ Die Strelitzia ist ebenfalls als Heilpflanze bekannt und in der Gartengestaltung beliebt. Die Wurzeln von Greyia enthalten eine Substanz gegen Erbrechen, und aus der Echten Clivie (Clivia nobilis) kann Lycovin gewonnen werden, das antibakterielle und antivirale Effekte hat.

    Eine weitere Besonderheit der Kapregion sind die Heidepflanzen (Erica). Während diese in Deutschland vor allem bodennah zwergstrauchig wachsen, bilden sie in Südafrika hohe Sträucher oder sind sogar baumartig. Im Botanischen Garten wächst üppig die strahlendweiß blühende Erica canaliculata ‚Mrs. D.F. Maxwell‘ als breite, über drei Meter hohe Hecke sowie Epacris versicolor mit ihren markanten Blüten. Etges: „Die Heidepflanzen sind gut an die trockenen, heißen Standorte angepasst. So lassen ihre reduzierten Blätter kaum Transpiration zu.“ Neben Insekten dienen auch bei den südafrikanischen Eriken Vögel als Bestäuber.

    Die Königs-Protee (Protea cynaroides) schließlich ist wegen ihrer Schönheit die Wappenblume Südafrikas. Ihr Blütenkopf besteht aus einer Vielzahl von Einzelblüten, die von Nagetieren, Vögeln und Insekten bestäubt werden können. Proteen sind durch ihre hartlaubigen Blätter ebenfalls gut an Trockenheit angepasst. Darüber hinaus haben sie Schutzmechanismen entwickelt, um auch natürliche Feuer zu überstehen. Sie gehören damit zu den sogenannten Pyrophyten.
    Ein Gang in den Botanischen Garten der HHU lohnt sich. Ein besonderes Highlight steht übrigens am Sonntag, dem 21. April auf dem Programm: Dann öffnet die Frühjahrspflanzenbörse ihre Tore.

    Der Botanische Garten der HHU

    Der rund acht Hektar große Botanische Garten wurde 1979 eröffnet. Er dient der Bevölkerung ganzjährig als Stätte der Bildung und Erholung, der Pflanzenforschung und der Studierendenausbildung an der HHU. Die umfangreichen, größtenteils öffentlichen Pflanzensammlungen werden als Arbeits- und Anschauungsmaterial für Forschung und Lehre vor allem in der Biologie und der Pharmazie genutzt.

    Ein besonderer Schwerpunkt des Düsseldorfer Botanischen Gartens ist die sogenannte Kalthauskultur. In ihrem Zentrum steht das Wahrzeichen des Gartens, das 1.000 Quadratmeter große Kuppelgewächshaus mit einer Höhe von 18 Metern. Es beherbergt Pflanzen des Mittelmeerraums und der Kanaren, aber auch solche aus Ozeanien, Asien und Amerika.

    In den Jahren 2004 und 2008 wurde die Einrichtung um drei neue Gebäude erweitert, die Orangerie, das Südafrikahaus und einen Forschungsgewächshauskomplex. Neben dem großen Sammlungs- und Forschungshaus und den Versuchsflächen betreibt der Botanische Garten auch die hochmodernen Forschungsgewächshäuser auf dem Dach des Biologie-Neubaus.

    Die im Botanischen Garten zu entdeckende Pflanzenwelt ist äußert vielfältig. Dort finden sich höchst seltene Pflanzen wie die Wollemie, von denen im Ursprungsland Australien nur circa 100 ausgewachsene Exemplare wild in einem sehr kleinen, gut geschützten Gebiet vorkommen. In Düsseldorf wird damit ein Beitrag zur Erhaltung bedrohter Arten und zur Sicherung der Biodiversität geleistet.

    Alljährlich besuchen rund 100.000 Bürgerinnen und Bürger den Botanischen Garten. Er ist für die Öffentlichkeit von März bis Oktober täglich und von November bis Februar montags bis freitags geöffnet. Den Besuchenden steht ein kostenfreier Audioguide auf Deutsch und Englisch zur Verfügung, der sie auf Rundgängen zu allen Besonderheiten führt.

    Mit einem vielfältigen Vortrags- und Führungsprogramm werden Pflanzeninteressierte jeden Alters an die Geheimnisse, die im Garten zu finden sind, herangeführt und ihre Bedeutung für die menschliche Zivilisation verdeutlicht. Mit diesem Wissenstransfer ist der Botanische Garten in das Selbstverständnis der HHU als Bürgeruniversität eingebunden.

    Unterstützt wird die Arbeit durch den Freundeskreis des Botanischen Gartens der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf e.V., mit dessen Hilfe bereits viele Projekte realisiert werden konnten.
    Ebenso ist der Botanische Garten eine Ausbildungsstätte für bis zu zehn zukünftige Gärtnerinnen und Gärtner in der Fachrichtung „Staudengärtnerei“. Dort lernen sie auch die Besonderheiten eines wissenschaftlich orientierten Gartens kennen.

    Ausführliche Bildunterschrift Bild 1:
    Besonders lohnt sich aktuell der Gang ins Südafrikahaus; viele Pflanzen dort blühen, interessante Details sind zu entdecken (v.l.): das Baumartige Dickblatt (Crassula arborescens) ist eine beliebte Zimmerpflanze, in Südafrikahaus hat sie eine imposante Größe; aus den Blüten des Honigstrauchs (Melianthus comosus) tropft schwarzer Nektar; von den Kaplilien gibt es nur zwei Arten, die beide in Südafrika heimisch sind, hier Veltheimia capensis. (Fotos: HHU / Arne Claussen und Gerd Fischer (r.))


    Weitere Informationen:

    http://www.botanischergarten.hhu.de


    Bilder

    Südafrikahaus. Detaillierte BU im Text.
    Südafrikahaus. Detaillierte BU im Text.

    HHU / Arne Claussen und Gerd Fischer (r.)

    Die außergewöhnlichen Blüten der Paradiesvogelblume (Strelitzia reginae) sind speziell für die Bestäubung durch Vögel aufgebaut: Setzt sich ein Vogel auf das blaue Blatt, öffnet sich dieses durch das Gewicht und gibt die Bestäubungsorgane (weiß) frei.
    Die außergewöhnlichen Blüten der Paradiesvogelblume (Strelitzia reginae) sind speziell für die Bestä ...

    HHU / Arne Claussen


    Anhang
    attachment icon Ausführliche Pressemitteilung mit großer Bildauswah

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Biologie, Tier / Land / Forst
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

    Südafrikahaus. Detaillierte BU im Text.


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    Die außergewöhnlichen Blüten der Paradiesvogelblume (Strelitzia reginae) sind speziell für die Bestäubung durch Vögel aufgebaut: Setzt sich ein Vogel auf das blaue Blatt, öffnet sich dieses durch das Gewicht und gibt die Bestäubungsorgane (weiß) frei.


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