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09.09.2024 12:03

Korruption und Religion

twa Präsidialabteilung, Bereich Kommunikation & Marketing
Universität Regensburg

    Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert ein Verbundprojekt zur interdisziplinären Korruptionsforschung an der Universität Regensburg für weitere drei Jahre. Der Fokus liegt auf Russland und Serbien; es geht um "Korruptionsdenken" im orthodoxen Christentum.

    „Der weltweite Kampf gegen Korruption ist in eine Sackgasse geraten. Das Thema mobilisiert nicht mehr, stattdessen verbreiten sich Ratlosigkeit und Zynismus, wenn sich verfeindete Lager gegenseitig mit Korruptionsvorwürfen überhäufen und autoritäre Regierungen ihre Gegner wegen vermeintlicher Korruption verfolgen lassen“: Ein Statement dreier Wissenschaftler der Universität Regensburg, die seit 2020 im Regensburg Corruption Cluster interdisziplinär forschen und nun für weitere drei Jahre Unterstützung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bekommen, um den Blick auf die Rolle der Religion im „Korruptionsdenken“ zu lenken.

    Der Historiker Professor Dr. Klaus Buchenau forscht am Lehrstuhl für Geschichte Ost- und Südosteuropas der UR, Professor Dr. Björn Hansen ist Sprachwissenschaftler (Lehrstuhl für Slavische Philologie) und Professor Dr. Thomas Steger (Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre II) setzt sich schwerpunktmäßig mit Führung und Organisation auseinander. In der zweiten DFG-Förderrunde hat sich das interdisziplinäre Team zusammengetan, um Religion als bislang nur schwach beleuchteten, aber wichtigen Aspekt des Korruptionsphänomens zu erschließen.

    Korruptionsvorstellungen, Korruptionslexik, Ressourcenströme

    Aus historischer Perspektive geht es um eine Langzeitbetrachtung russisch-orthodoxer Korruptionsvorstellungen; im linguistischen Teilprojekt werden die kirchliche mit der säkularen russischen Korruptionslexik verglichen und damit sprachlich vermittelte Weltbilder gegenübergestellt; die Managementwissenschaft schließlich beschäftigt sich mit den Ressourcenströmen in und um die Serbische Orthodoxe Kirche, den entsprechenden Regelungen, Realitäten und Deutungen.

    „Schon in den 2010er Jahren, als die Politikberatung noch an die Möglichkeit einer immer besseren Regierungsführung glaubte, warnte die Soziologin Alena Ledeneva, dass Korruption nur dann erfolgreich zurückgedrängt werden könnte, wenn lokale Korruptionsverständnisse und Vorstellungen von Gerechtigkeit mit einbezogen würden“, erläutert Buchenau. „Dazu kam es allerdings kaum, stattdessen verstand sich die wachsende ‚Antikorruptions-Industrie‘ eher als Türöffner für große Firmen, die beim Markteintritt möglichst übersichtliche Bedingungen vorfinden sollten.“

    Nicht zuletzt durch diesen Fokus habe sich in vielen Gesellschaften eine Schere zwischen Antikorruption und Gemeinwohlvorstellungen aufgetan. „Lokal wurde Antikorruption jetzt oft als verdeckte Strategie westlicher Dominanz gesehen und der Korruptionsvorwurf zum rhetorischen Geschoss im politischen Grabenkampf degradiert“, so die Wissenschaftler.

    Religion im „Korruptionsdenken“ bislang kaum erforscht

    Ihr DFG-Verbundprojekt versteht sich vor diesem Hintergrund als Reparatur – als Versuch, lokale, kulturell tief verankerte Vorstellungen von Korruption zu verstehen und in die Korruptionsforschung einzuspeisen. Zu diesen Basisressourcen zählt Religion, deren „Korruptionsdenken“ bislang in der Forschung nur wenig behandelt wurde. Das gilt insbesondere für das orthodoxe Christentum, die stärkste Glaubensgemeinschaft im östlichen Europa, die – ausweislich der bekannten Korruptionsindizes – angeblich ein größeres Korruptionsproblem hat als das katholische und insbesondere das protestantische westliche Europa. Gleichwohl hat die Orthodoxie ihre eigenen, in den sakralen Texten und in der Tradition verankerten Antikorruptionsvorstellungen, deren Inhalt und Beziehung zu anderen, konkurrierenden Normen die Forschenden beleuchten wollen.

    Themen der Unterprojekte

    - Korruption als Unvollständigkeit. Korruptionsvorstellungen der Russischen Orthodoxen Kirche 1856-1917 und 2000-2023

    - Spricht die Kirche eine eigene Sprache? Säkulare und religiöse Korruptionslexik im Russischen (1856-1917 und 2000-2023)

    - Die Kirche als Organisation und Akteur. Informalität und Korruption in Serbien und die Rolle der Serbischen Orthodoxen Kirche (1991-2023)


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Klaus Buchenau, Prof. Dr. Björn Hansen, Prof. Dr. Thomas Steger
    informalityregensburg@gmail.com


    Weitere Informationen:

    https://informalityregensburg.com/news/ Zum Regensburg Corruption Cluster


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Sprache / Literatur, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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