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04.11.2024 07:49

US-Wahlen – Zusammenbruch der WTO könnte EU-Wirtschaft 4-mal härter treffen als US-Zölle

Melanie Radike Kommunikation
Kiel Institut für Weltwirtschaft

    Nach den Wahlen in den USA sollte die EU vorrangig den multilateralen Handel und die globale Zusammenarbeit verteidigen. Beides ist gegenüber den bilateralen Beziehungen mit den Vereinigten Staaten entscheidender für ihren Wohlstand. Denn die Kosten eines Zusammenbruchs des multilateralen Systems könnten um ein Vielfaches höher sein als die Folgen höherer Zölle. Dies sind einige der Ergebnisse einer neuen Studie des Kiel Instituts und des WIFO, die verschiedene realistische Szenarien der US-Handelspolitik und deren globale Auswirkungen untersucht.

    "Unabhängig davon, wer am 5. November 2024 das Rennen um das Weiße Haus gewinnt, können wir davon ausgehen, dass die USA auch weiterhin eine protektionistische Handelspolitik verfolgen werden, da diese parteiübergreifend breite Unterstützung genießt", sagt Gabriel Felbermayr, einer der Autoren der Studie. "Natürlich würde das Ausmaß des Protektionismus sehr unterschiedlich ausfallen. Während Harris multilaterale Institutionen mehr zu schätzen scheint, wäre eine zweite Trump-Regierung wahrscheinlich isolationistischer, weit weniger multilateral und stärker transaktionsorientiert als eine Harris-Regierung."

    Die neue Studie "US Trade Policy After 2024: What is at Stake for Europe" (https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/us-handelspolitik-nach-2024-was-fuer-eu...) analysiert die von den US-Kandidaten Donald Trump und Kamala Harris vorgeschlagenen Änderungen der Handelspolitik anhand verschiedener Szenarien.

    Das drastischste Szenario, das auf Trumps Wahlkampfaussagen basiert, sieht neue und höhere Zölle vor, darunter einen Zollsatz von 10 Prozent auf alle Importgüter und von 60 Prozent auf chinesische Importe.

    Globale Auswirkungen der US-Politik

    Sollten die USA diese Zölle einführen, könnte der Welthandel im ersten Jahr um 2,5 Prozent schrumpfen, mit einem langfristigen Rückgang von etwa 3 Prozent. Vergeltungszölle von Handelspartnern würden die Auswirkungen noch verstärken, insbesondere wenn die USA die Zölle auf Partner wie Kanada und Mexiko ausweiten, wodurch sich der Rückgang des Welthandels verdoppeln würde. Die chinesischen Exporte würden um etwa 10 Prozent zurückgehen, während die US-Exporte um bis zu 38 Prozent sinken würden, da Einfuhrzölle auf ausländische Güter auch die relativen Preise der Exporte beeinflussen und damit ähnliche Effekte haben wie eine Besteuerung von Exporten.

    Im Vergleich dazu müssten europäische Länder wie Deutschland, Frankreich und Österreich in diesen Szenarien der US-Politik geringere Exportrückgänge hinnehmen. Darüber hinaus könnten die Exporte einiger EU-Länder und -Sektoren in einem Szenario, in dem die USA flächendeckend Zölle erheben, auch gegenüber Freihandelspartnern, aufgrund der relativen preislichen Wettbewerbsfähigkeit kurzfristig sogar leicht ansteigen. Trotz dieses Anstiegs geht das BIP der EU jedoch weiter zurück, was zeigt, dass die Nettoauswirkungen von Handelshemmnissen und Unterbrechungen der Lieferkette die Exportgewinne überwiegen.

    Sektorspezifische Auswirkungen

    Bei den Auswirkungen auf Länderebene gibt es erhebliche Unterschiede zwischen den Sektoren innerhalb der betroffenen Länder. In Deutschland beispielsweise würde die gesamte Wirtschaftsleistung um 0,1 Prozent zurückgehen, wenn die USA Zölle auf alle Handelspartner erheben, aber einige Sektoren würden sogar wachsen.

    Die Dienstleistungsbranchen könnten um 0,2 Prozent wachsen, während die High-Tech-Branchen wie die Elektronikindustrie ihre Produktion um 2,5 Prozent steigern könnten. Schlüsselindustrien wie die Automobil- und Pharmaindustrie könnten dagegen Rückgänge von bis zu 3,3 Prozent verzeichnen. Diese Analyse unterstreicht die ungleichen Auswirkungen der handelspolitischen Veränderungen auf die verschiedenen Wirtschaftssektoren.

    Verschlechterung der weltweiten wirtschaftlichen Zusammenarbeit

    Sollte Trump eine weitere Amtszeit gewinnen, könnte die US-Politik auch zu einer Demontage der WTO führen. In der Folge würde das reale BIP der EU um gut 0,5 Prozent sinken. Deutschland wäre stärker betroffen, die USA etwas weniger. Die größten Einbußen hätte jedoch China zu verkraften. Sollte die Welt in geopolitische Blöcke unter Führung der USA bzw. Chinas zerfallen, wären die Verluste für die EU deutlich höher und für China noch größer. Im Extremfall könnte das reale BIP Chinas kurzfristig um etwa 6 Prozent und das Deutschlands um 3,2 Prozent sinken, während die USA weniger betroffen wären (-2,2 Prozent). Langfristig wären die Verluste etwa halb so groß.

    "Die EU und insbesondere Deutschland würden erheblich unter einem Zusammenbruch der WTO oder einer Aufspaltung der Weltwirtschaft in feindliche Blöcke leiden. Die Auswirkungen auf das reale BIP sind deutlich größer als einseitige protektionistische Maßnahmen der USA, bis zu zwei- bis viermal so hoch", sagt Julian Hinz, Koautor der Studie. "Da die Auswirkungen der Fragmentierung auf das BIP der EU so viel größer sind, muss es die oberste Priorität der EU sein, die Welthandelsordnung zu verteidigen, einschließlich der Bemühungen, die Autorität und die Mechanismen der WTO zu stärken."

    Kiel Policy Brief jetzt lesen: https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/us-handelspolitik-nach-2024-was-fuer-eu...

    Medienansprechpartnerin:
    Melanie Radike
    Pressesprecherin
    T +49 431 8814-329
    melanie.radike@ifw-kiel.de

    Kiel Institut für Weltwirtschaft
    Kiellinie 66 | 24105 Kiel
    Chausseestraße 111 | 10115 Berlin
    T +49 431 8814-1
    E info@ifw-kiel.de
    www.ifw-kiel.de


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Prof. Dr. Julian Hinz
    Handelspolitik
    T +49 431 8814-507
    julian.hinz@ifw-kiel.de


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    Veränderungen des realen BIP in kurzer/langer Frist
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    Kiel Institut für Weltwirtschaft

    Veränderungen der Gesamtexporte in kurzer/langer Frist
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    Kiel Institut für Weltwirtschaft


    Anhang
    attachment icon Langfristige Veränderung Gesamtexporte/reales BIP (in %)

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
    Gesellschaft, Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

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