Der Europäische Forschungsrat fördert ein Konsortium aus Helmholtz-Zentrum Hereon, ETH Zürich und TU Graz mit 10 Millionen Euro für die Entwicklung neuer Methoden zur Bestimmung von mechanischen Eigenschaften lebenden menschlichen Gewebes. 4,2 Millionen Euro erhält TU Graz-Forscher Gerhard A. Holzapfel.
Veränderungen der mechanischen Eigenschaften von Organen sind die Ursache zahlreicher Erkrankungen, darunter der diastolischen Herzinsuffizienz (HFpEF), einer der weltweit häufigsten Ursachen für herzbedingte Krankheits- und Sterblichkeitsfälle. Die mechanischen Eigenschaften von weichem Gewebe ohne operativen Eingriff zu ermitteln, ist bislang jedoch nicht möglich. Ein internationales Forschungskonsortium bestehend aus TU Graz, Helmholtz-Zentrum Hereon und ETH Zürich will dies durch eine neuartige In-vivo-Gewebeanalyse ändern: In seinem Projekt „MechVivo“ wird das Forschungsteam experimentelle und KI-basierte Methoden entwickeln, die erstmals im Detail den Zusammenhang zwischen Transkriptomik, Mikrostruktur und mechanischen Eigenschaften von weichem biologischem Gewebe zeigen. Übergeordnetes Ziel ist die Entwicklung eines bildgebenden Verfahrens zur nicht-invasiven Untersuchung der Gewebemikrostruktur, die die Krankheitsdiagnose und Therapie im klinischen Alltag verbessert. Der Europäische Forschungsrat fördert das sechsjährige Forschungsvorhaben mit insgesamt 10 Millionen Euro, davon gehen rund 4,2 Millionen an das Institut für Biomechanik der TU Graz.
„Die TU Graz ist stolz auf Gerhard A. Holzapfel und sein Team und freut sich über ihren ersten ERC Synergy Grant“, sagt Andrea Höglinger, TU Graz-Vizerektorin für Forschung. „Der Bereich Biomedizinische Technik gehört zu den zentralen Stärkefeldern unserer Universität. Diese Forschung erhält durch die Zusammenarbeit mit hochkarätigen europäischen Partnern im Projekt „MechVivo“ zusätzliche internationale Sichtbarkeit. Mit diesem ERC Grant festigt die TU Graz einmal mehr ihre Position als führende Institution in der Steiermark im Rahmen von Horizon Europe.“
ETH Zürich: MRT-Fingerabdruck des Gewebes
Im Rahmen des Projekts wird Sebastian Kozerke mit seinem Team am Institut für Biomedizinische Technik, das zur ETH Zürich und zur Universität Zürich gehört, in einem ersten Schritt ein neues Konzept für die Magnetresonanztomographie (MRT) entwickeln, deren detaillierte Auflösung es ermöglicht, einen Fingerabdruck der Zusammensetzung und Mikrostruktur des Gewebes im schlagenden Herzen zu ermitteln. Um ein zuverlässiges In-vivo-Bildgebungsinstrument zu entwickeln, sind erhebliche methodische Fortschritte bei der Simulation von MRT-Sequenzen, dem Design und der Datenrekonstruktion nötig.
TU Graz: tiefgreifendes Verständnis der Biomechanik des Herzens
Um diesen Fingerabdruck des Gewebes richtig zu interpretieren, ist ein umfassendes Verständnis der Mikrostruktur und der mechanischen Eigenschaften von biologischem Gewebe erforderlich. Hier kommt die Forschungsgruppe von Gerhard A. Holzapfel am Institut für Biomechanik der TU Graz ins Spiel: Das Team wird dem Zusammenhang von Genexpression, Mikrostruktur und mechanischen Eigenschaften von weichem biologischem Gewebe im Labor auf den Grund gehen. Dazu kartiert das Team die Zusammensetzung des Gewebes bis in den Nanometerbereich, um so Rückschlüsse auf die mechanischen Eigenschaften des Herzens zu ziehen. Ex vivo werden an Schweineherzen von Schlachthöfen und menschlichen Spenderorganen verschiedene mechanische Tests und mikroskopische Untersuchungen durchgeführt. Die Testbelastungen sind den Bedingungen im lebenden Körper sehr ähnlich, wodurch sich die mechanischen Eigenschaften des Herzens außerordentlich realitätsnah ermitteln lassen.
Hereon: AI-basierte Software für klinische Anwendung
Am Helmholtz-Zentrum Hereon in Geesthacht wird ein Team um Christian Cyron vom Institut für Werkstoffsystem-Modellierung eine AI-basierte Software entwickeln, die auf Basis der in Zürich und Graz gesammelten Daten die Beziehung zwischen den mikrostrukturellen Fingerabdrücken des Gewebes und dessen mechanischen Gewebeeigenschaften entschlüsselt und Mediziner*innen zugänglich macht.
„Unsere drei Forschungsgruppen ergänzen sich durch ihre jeweilige Expertise optimal. Mit unserem innovativen Forschungsansatz in dieser Projektkonstellation wird es uns u.a. gelingen, ein bildgebendes Verfahren zur nicht-invasiven Untersuchung der Gewebemikrostruktur zu entwickeln“, sagt Gerhard A. Holzapfel. „Als Proof of Concept demonstrieren wir dann im Rahmen einer klinischen Studie am Universitätskrankenhaus Zürich, wie unsere neue Methode die Diagnose der diastolischen Herzinsuffizienz unterstützen kann. Unser Forschungsansatz in dieser Projektkonstellation verschafft uns weltweit ein Alleinstellungsmerkmal“.
Der ERC Synergy Grant
Förderungen des Europäischen Forschungsrats (ERC) gelten als die höchsten Auszeichnungen für Forschende in Europa. Synergy Grants sind dabei die höchstdotierten und am seltensten vergeben Förderungen für gemeinsame Projekte von zwei bis maximal vier Forschungsgruppen, die sich durch eine einzigartige Kombination von komplementärer Expertise und Ressourcen auszeichnen. Die Fördersumme beträgt maximal 10 Millionen Euro bei einer Laufzeit von sechs Jahren. Die Forschung soll wesentliche Fortschritte an den Grenzen des Wissens ermöglichen und das Potenzial haben, weltweit Maßstäbe zu setzen.
Gerhard A. HOLZAPFEL
Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Dr.h.c.
TU Graz | Institut für Biomechanik
Tel.: +43 316 873 35500
holzapfel@tugraz.at
https://www.biomech.tugraz.at/
Projektpartner:
Helmholtz-Zentrum Hereon: Institut für Werkstoffsystem-Modellierung
https://www.hereon.de/institutes/material_systems_modeling/index.php.de
ETH Zürich: Institute for Biomedical Engineering
https://biomed.ee.ethz.ch/institute.html
Gerhard A. Holzapfel, Leiter des Instituts für Biomechanik der TU Graz.
Helmut Lunghammer
Lunghammer - TU Graz
Eine vorbereitete Myokardprobe in einer biaxialen Prüfmaschine.
Institut für Biomechanik
Biomech - TU Graz
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Medizin
überregional
Forschungsprojekte, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.
Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).
Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.
Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).
Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).