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07.11.2024 13:34

Mannheimer Forschende zur US-Wahl

Linda Schädler Abteilung Kommunikation
Universität Mannheim

    Fünf Mannheimer Professor*innen aus unter­schiedlichen Disziplinen beziehen Stellung zum Wahlsieg Donald Trumps.

    Prof. Dr. Philipp Gassert
    Professur für Zeitgeschichte

    Amerika rückt noch weiter nach rechts. Lüge, Rassismus und Sexismus haben gewonnen. Das müsste uns in Europa eine Lehre sein, denn nun geht der ganz normale Wahnsinn einer zweiten Amtszeit Trump wieder los. Er hat die Wahlen mit einer Deutlichkeit gewonnen, die Anhänger*innen wie Feinde überrascht. Es war nicht der erwartete „Münzwurf“, die endlose Hängepartie von 2020. Auch im Senat und im Repräsentantenhaus geht die Mehrheit an die Republikaner. Der Oberste Gerichtshof ist ohnehin schon seiner. Er wird sich mächtig und unangreifbar fühlen, die Grenzen der fast 250 Jahre alten Verfassung austesten, das Gleichwicht weiter zur Exekutive verschieben.

    Harris und die Demokrat*innen haben es in einer Phase ökonomischer Umbrüche und Krisen nicht geschafft, Amerika davon zu überzeugen, dass der 47. Präsident dem Land mehr schadet als nutzt. Ob die Trump ein „goldenes Zeitalter“ für Amerika einläuten wird, steht in den Sternen, die er mit Elon Musk erobern will. Für Europa wird es eine düstere Zeit. Trump zeigt uns deutlich, was die Menschen bewegt und dass sie die Wirtschaft über kulturelle Achtsamkeit, Gewaltfreiheit und Inklusion stellen. Deutsche und die Europäer*innen haben keinen ordentlichen Plan, wie sie Sicherheit und Wohlstand in einem postamerikanischen Zeitalter gewährleisten sollen. Die Zeichen stehen auf Sturm, aber haben wir den Knall nun endlich gehört?

    Prof. Dr. Eckhard Janeba
    Professur für Finanz­wissenschaft und Wirtschafts­politik

    Die erneute Wahl von Donald Trump wird große wirtschaft­liche und sicherheitspolitische Aus­wirkungen auf Deutschland und die Welt haben. In seinem Wahlkampf hat er angekündigt, die Zölle auf ausländische Importe massiv anzuheben. Dies wird zum einen die Preise in den USA weiter erhöhen, wie sich am Beispiel der von Trump in seiner ersten Präsidentschaft eingeführten Zölle (2018) klar nachweisen lässt. Zum anderen wird damit die deutsche Exportwirtschaft noch mehr unter Druck gesetzt und das Wachstum Deutschlands beeinträchtigen. Es rächt sich, dass die EU und USA vor einigen Jahren kein Freihandels­abkommen (TTIP) geschlossen haben.

    Die vermutlich sinkende amerikanische Unter­stützung für die Ukraine wird Deutschland zudem zwingen, mehr in die eigene Verteidigungs­fähigkeit zu investieren und damit die Haushalts­problematik der kommenden Jahre verschärfen. Europa könnte zudem in den Wettkampf zwischen den USA und China um die Weltvorherrschaft hineingezogen werden. Trumps Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran 2018 zeigt wie: Die USA haben de facto andere Staaten vom Handel mit dem Iran durch extraterritoriale Sanktionen ausgeschlossen. Zu befürchten ist, dass Deutschland weniger Gestaltungs­möglichkeiten bekommt, seine Beziehungen zu China selbst zu steuern.

    Prof. Dr. Marc Ratkovic
    Professur für Social Data Science

    Amerika hat sich entschieden von liberaler Demokratie, Menschenrechten und den Grundvorstellungen von Wissenschaft und Rationalität Abstand zu nehmen. Wahrscheinlich nähert sich das Land nun außen­politisch Putin und Orban und innenpolitisch seinen intolerantesten Gruppen an. Ungehemmte exekutive Maßnahmen werden folgen. Einwander*innen werden zusammengetrieben, in Lagern unter­gebracht und deportiert werden, politische Gegner*innen verfolgt, Journalist*innen angegriffen, Universitäten nicht mehr finanz­iert. Die Ukraine wird keine Hilfe mehr erhalten, und das Engagement der USA in der NATO wird nur noch aus Eigennutzen fortgeführt. So viel ist bekannt, denn all das hat Trump in seinem Wahlkampf versprochen.

    Der radikale Charakter dieses Wandels ins unverkennbar. Amerika hat seine Identität aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg abgelegt und eine Politik, die – wenn auch unvollkommen – nach Fairness und Gleichheit strebte, gegen eine Politik eingetauscht, die sich nichts anderes als Dominanz zu eigen macht. Es ist kein Land mehr, das man bewundern, dem man folgen oder welches man überhaupt beachten sollte. Die anerkannten Maßstäbe der Politik­wissenschaft zeigen eindeutig: Die Republikanische Partei muss als eine atomar bewaffnete Fidesz oder AfD betrachtet werden und nicht als die Partei von Reagan oder Bush, die man von früher kennt.

    Ich als US-Amerikaner beschwöre meine Wahlheimat Deutschland: Gehen Sie bei den Menschenrechten und der Demokratie voran, folgen Sie nicht. Machen Sie sich nicht über diejenigen lustig, die unausgegorene „Ressentiments“ benutzen, um die Zerstörung eines humanen, funktionierenden Systems zu rechtfertigen. Machen Sie den Einwanderern Komplimente, schätzen Sie die Deutsche Bahn, achten Sie auf Ihre Work-Life-Balance. Seien Sie aktiv, im Großen wie im Kleinen. Kämpfen Sie für den Erhalt dieses freundlichen, anständigen Landes.

    Prof. Dr. Max Reinwald
    Junior­professur für Management

    Kamala Harris' Wahlniederlage wirft ein Schlaglicht auf ein bekanntes Phänomen, das in der Organisations­forschung als „gläserne Klippe“ bekannt ist. Das Konzept der gläsernen Klippe besagt, dass Frauen vor allem dann in Führungs­positionen berufen werden, wenn eine Organisation in der Krise steckt. Die Konsequenz dieser schwierigeren Startbedingungen ist, dass Frauen, die auf diesem Wege in Führungs­positionen kommen, auch eine höhere Wahrscheinlichkeit haben zu scheitern.

    Harris wurde im Sommer zur Präsidentschafts­kandidatin, als die Demokratische Partei in Umfragen klar abgeschlagen hinter Trumps Republikanern lag, und verlor nun die Präsidentschafts­wahl. Anhand ihres Beispiels lässt sich nun nicht nur das Phänomen der gläsernen Klippe, sondern auch dessen Konsequenzen exemplarisch beleuchten. Ihr Fall illustriert zum einen das hohe Risiko des Scheiterns auf der gläsernen Klippe. Zudem dürfte die Fehlersuche nun auch bekannten Mustern folgen: Die Ursachen für das Scheitern dürften primär ihrer Person, also ihrem Auftreten und ihren strategischen Entscheidungen, zugeschrieben werden, während die schwierige Ausgangslage bei ihrem Antritt als Präsidentschafts­kandidatin kaum mehr eine Rolle spielt. All dies wäre nur halb so tragisch, wenn es nicht weiterhin das bereits bestehende Vorurteil manifestieren würde, dass Frauen die schlechteren Führungs­kräfte sind – ein Vorurteil, das sich empirisch so nicht bestätigt.

    Prof. Dr. Stefanie Schäfer
    Professur für amerikanische Literatur- und Kultur­wissenschaft

    Die US-Wahl 2024 bringt einen überraschenden und klaren Sieg Donald Trumps, der den Endpunkt eines dramatischen und spektakulären Wahlkampfs markiert. Es gab einen Kandidat*innenwechsel, ein Attentat und einen Attentatsversuch, es ging um Hunde und Katzen und zahlreiche Prominente riefen ihre Fans zum Urnengang auf.

    Beide Kandidat*innen beriefen sich in ihren Kampagnen auf die kulturelle Erzählung vom exzeptionellen Amerika, das wieder großartig werden müsse (Trump) beziehungs­weise nicht in eine rückständige Vergangenheit zurückfallen dürfe (Harris). Dabei ist es der demokratischen Kandidatin Kamala Harris nicht gelungen, genügend Wähler*innen von ihrem Programm zu überzeugen und die Erfolge der Biden-Regierung ins Feld zu führen, wohingegen Donald Trump sich als Retter mit wenig konkreten Vorstellungen („a concept of a plan“), aber mit massiver Unter­stützung des Silicon Valley positionieren konnte. Eine friedliche Amtsübergabe („peaceful trans­ition of power“) haben die Demokraten zugesagt. Nun wird zu sehen sein, ob es Trump gelingt, nach einem gewaltverherrlichenden und sexistischen Wahlkampf die US-amerikanischen Gesellschaft in einem versprochenen „goldenem Zeitalter“ zu versöhnen.

    Kontakt:
    Yvonne Kaul
    Forschungs­kommunikation
    Universität Mannheim
    E-Mail: kaul@uni-mannheim.de

    Fabio Kratzmaier
    Forschungs- und Nachhaltigkeitskommunikation
    Universität Mannheim
    E-Mail: fabio.kratzmaier@uni-mannheim.de


    Weitere Informationen:

    https://www.phil.uni-mannheim.de/zeitgeschichte/team/prof-dr-philipp-gassert/ Prof. Dr. Philipp Gassert
    https://www.vwl.uni-mannheim.de/janeba/ Prof. Dr. Eckhard Janeba
    https://www.sowi.uni-mannheim.de/ratkovic/ Professor Marc Ratkovic, Ph.D.
    https://www.bwl.uni-mannheim.de/fakultaet/areas-und-lehrstuehle/faculty-profile/... Prof. Dr. Max Reinwald
    https://www.phil.uni-mannheim.de/anglistik/abteilungen/anglistik-iii/team/prof-d... Prof. Dr. Stefanie Schäfer


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Studierende, jedermann
    Politik
    überregional
    Personalia
    Deutsch


     

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