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11.11.2024 09:30

Report hebt Rolle der Verbraucher*innen für Energiesicherheit in Osteuropa nach 2022 hervor

Stefanie Orphal Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS)

    Seit der vollumfänglichen Invasion Russlands in die Ukraine ist die Abkopplung vom russischen Energiesystem dringlicher denn je. Ein neuer Bericht untersucht, wie osteuropäische Länder dabei vorgehen und zeigt, dass gewöhnliche Bürger*innen bei der Energiesicherheit eine entscheidende Rolle spielen.

    Ein neuer KonKoop In:Security Report untersucht, wie drei osteuropäische Länder – Lettland, die Republik Moldau und die Ukraine – ihre Energiebeziehungen zu Russland gekappt haben. Im Einklang mit dem KonKoop-Schwerpunktthema „Sicherheit von unten“ zeigt der Report, wie in allen drei Ländern die Energiegeopolitik mit den Wahrnehmungen und Ängsten der normalen Verbraucher*innen verwoben ist. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat die Gefahren einer Energieabhängigkeit von Russland aufgezeigt. Für Staaten in ganz Europa wurde die Notwendigkeit, sich vom russischen Energiesystem loszulösen, offensichtlich. Dieser Abkopplungsprozess ist für die osteuropäischen Länder, die stark in die russische Energieinfrastruktur eingebunden waren, eine besondere Herausforderung.

    Bekämpfung von Desinformation in Lettland

    Als Reaktion auf die Eskalation der Spannungen mit Russland verbot die lettische Regierung Erdgasimporte aus Russland und beschloss, sich früher als geplant vom BRELL-Ring, einem postsowjetischen Stromübertragungsnetz, abzukoppeln. Seitdem führen prorussische Akteure eine Desinformationskampagne durch, um in der Bevölkerung Ängste zu schüren, dass die Abkopplung verheerend für die lettische Wirtschaft sei und zu Versorgungsengpässen führe.

    Die Regierung hat diese Behauptungen zurückgewiesen und den Bürger*innen zugesichert, dass selbst im Fall, dass Russland die baltischen Staaten einseitig von BRELL abschneiden würde eine stabile Energieversorgung gewährleistet wäre. Gezielte soziale Subventionen, die helfen sollen, steigende Heiz- und Stromkosten abzufedern, haben die Menschen zudem weniger anfällig für Desinformation gemacht.

    Moldau – Emanzipation von russischer Energiedominanz

    Früher lieferte Russland im Gegenzug für politische Zugeständnisse Gas zu Vorzugspreisen nach Moldau. Das änderte sich nach 2022, als die prowestliche Regierung in Chișinău rasch daranging, die Abhängigkeit Moldaus von russischer Energie zu verringern. Gemeinsam mit der Ukraine koppelte sich Moldau nur wenige Stunden vor dem russischen Großangriff vom BRELL-Netz ab. Seitdem konnte sich das Land Gaslieferungen aus Rumänien zu subventionierten Preisen sichern und sich an das europäische Verbundnetz ENTSO-E anschließen. Russlands Versuche, die Energiekarte zu spielen, um die Regierung in Chișinău zu destabilisieren und die Spannungen mit der abtrünnigen, prorussischen Region Transnistrien zu verschärfen, sind damit gescheitert. Mit alternativen Routen und Energiequellen kann sich Moldau „dem Zugriff des Kremls entziehen“.

    Ukrainer als Akteure im Energiesystem

    In der Ukraine ist die Energiesituation mit Abstand am prekärsten. Längere Stromausfälle und häufige Stromabschaltungen gehören zum Kriegsalltag. Diese Erfahrung hat den Wert, den die Menschen der Stromversorgung beimessen, dramatisch erhöht. Dies erklärt, warum die ukrainische Gesellschaft notwendige Erhöhungen der Energiepreise im Allgemeinen akzeptiert hat. In dem, was der Bericht als „Infrastruktur-Bürgerschaft“ bezeichnet, sehen sie sich als Teil des Energiesystems und betrachten ihre Bemühungen, Energie zu sparen und Stromrechnungen zu bezahlen, als Teil der Kriegsanstrengungen. Auch die EU- und NATO-Staaten können aus dem Fall der Ukraine lernen, wie sie sich auf Stromknappheit und Stromausfälle sowohl in Friedenszeiten als auch im Zusammenhang mit potenziellen feindlichen Angriffen vorbereiten können.

    Bericht basierend auf KonKoop-Workshop

    Dieser von Nadja Douglas und Sophie Lambroschini herausgegebene KonKoop In:Security Report basiert auf einem Workshop zum Erbe der postsowjetischen kritischen Infrastrukturen, neuen Herausforderungen und gesellschaftlichen Dimensionen im Februar 2024, der vom Forschungsnetzwerk „Konflikt und Kooperation in Osteuropa“ (KonKoop) organisiert wurde, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert wird. KonKoop untersucht verschiedene Konfliktkonstellationen und Kooperationsdynamiken in Osteuropa, Südosteuropa, Zentralasien und im Kaukasus. Es umfasst sechs akademische Institutionen aus ganz Deutschland und ist mit vielen internationalen Partnern verbunden. Das Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) ist der Hauptpartner des Projekts. Nadja Douglas koordiniert am ZOiS die KonKoop-Themenlinie „In:Security“. Sie verfolgt einen Bottom-up-Ansatz für Sicherheit und Unsicherheit. Die Ergebnisse werden regelmäßig in den KonKoop In:Security Reports veröffentlicht.


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Nadja Douglas, Sophie Lambroschini


    Originalpublikation:

    Veröffentlichung: Nadja Douglas and Sophie Lambroschini (eds): Energy Security in Eastern Europe since Decoupling from Russia. The Fragile Balance between Geopolitics, National Politics and Vernacular Perceptions, KonKoop In:Security Report 2/2024.


    Weitere Informationen:

    https://konkoop.de/index.php/in-security-report-2-energy-security/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Energie, Politik
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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