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12.11.2024 12:11

Weltdiabetestag: Experten erwarten mehr Sehbehinderungen – auch in Deutschland

Kerstin Ullrich Pressestelle
Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft

    Diabetes mellitus und seine Folgeerkrankungen sind heute dank wirksamer Medikamente und Therapien gut behandelbar. Trotzdem wird die diabetesbedingte Sehbehinderung in Deutschland zunehmen, warnt Professor Dr. med. Focke Ziemssen von der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e.V. (DOG). Gründe sind neben der demographischen Entwicklung vor allem Überforderung der Betroffenen, Therapieabbrüche und Krankheitsverdrängung. „Wir müssen dringend ein Bewusstsein für die Gefahr des drohenden Sehverlusts schaffen“, fordert der DOG-Experte anlässlich des Weltdiabetestages, der am 14. November stattfindet.

    Die Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus greift nicht nur Nieren, Füße und Herz an. „Die schwankenden Blutzuckerwerte schädigen mit der Zeit auch die feinen Blutgefäße im Auge und verschlechtern die Durchblutung der Nervenzellen“, erläutert Ziemssen. In der Folge treten in der Netzhaut kleine Blutungen und Eiweißablagerungen oder auch eine Ansammlung von Wasser an der schärfsten Stelle des Sehens auf, der Makula. „Bis zu 25 Prozent der Betroffenen mit Diabetes Typ 2 entwickeln im Zeitraum von zehn Jahren eine diabetische Retinopathie oder diabetische Makulopathie“, so Ziemssen. „Bei diesen Augenerkrankungen droht ein Sehverlust bis hin zur Erblindung.“

    Jedes Jahr erkranken 450.000 Menschen neu an Diabetes
    Zwar sind Retinopathie und Makulopathie mit Laser, Injektionen und Operation gut behandelbar. „Dank dieses Fortschritts sind Erblindungen in Folge von Diabetes erfreulicherweise stark gesunken“, berichtet der DOG-Experte. „Dennoch erwarten Experten weltweit einen erneuten Anstieg an Sehbehinderungen, auch in Deutschland“, betont der Netzhaut-Spezialist. Das liegt zum einen an der Demographie: Diabetes Typ 2 nimmt zu – in Deutschland erkranken über die fast 9 Millionen Betroffenen hinaus jedes Jahr 450.000 Menschen neu. Die International Diabetes Federation (IDF) prognostiziert, dass die Zahl der Erkrankten global von 527 Millionen in 2021 auf 643 Millionen in 2030 ansteigt.

    Jeder Zweite verneint seine Augenerkrankung
    Zum anderen spielen mangelhafte Information, organisatorische Hürden und häufig auch fehlendes Krankheitsbewusstsein eine Rolle. Das beginnt bei der Früherkennung: Untersuchungen großer Krankenkassen zeigen, dass zwei Jahre nach der Diagnose eines Typ-2-Diabetes nur etwa die Hälfte aller Betroffenen augenärztlich untersucht sind. „Als Barrieren werden fehlende Informationen sowie lange Wartezeiten auf Termine und am Tag der Untersuchung angegeben“, sagt Ziemssen. Verdrängung spiele ebenfalls hinein. „Wir sehen immer wieder, dass Betroffene nicht realisieren, dass sie bereits erkrankt sind. Selbst unter gelaserten Personen sagen 50 Prozent, dass sie keine Retinopathie haben“, erläutert Ziemssen, der dazu forscht. Gewöhnung und anfangs geringe, unbemerkte Änderungen begünstigen diese Einstellung.

    Bis zu 60 Prozent brechen die Therapie ab
    Als besonders dramatisch gilt die Zahl derer, die aus der Behandlung ausscheren – die Abbruchraten bei der Injektionstherapie betragen zwischen 30 und 60 Prozent während des ersten Behandlungsjahres. „Menschen mit Diabetes leiden ja häufig noch unter anderen Gesundheitsproblemen, etwa an Fuß oder Niere“, erläutert der DOG-Experte. „Sie sind dann mit den vielen Arztterminen, der Organisation der Transporte und dem Zeitaufwand überfordert.“ Eine mögliche Erblindung mit ihren Folgen wird vor diesem Hintergrund schlicht verdrängt.

    Über die Dringlichkeit aufklären und empowern
    Um unnötige Sehbehinderungen zu verhindern, müsse daher mittels verstärkter Kommunikation ein Bewusstsein für diabetesbedingte Augenerkrankungen geschaffen werden. „Ärztinnen und Ärzte sollten Informationsmaterialien aushändigen und über die Dringlichkeit von Untersuchungen und Therapie aufklären“, schlägt der Leipziger Augenarzt vor. Hilfreich sei auch, Menschen mit Diabetes zu ermutigen, ihre Angehörigen oder Freunde um Hilfe zu bitten. „Die Unterstützung bei einem Transport ist wenig im Vergleich zur beeinträchtigten Lebensqualität und den Problemen, die sich aus einer schweren Sehbehinderung ergeben“, stellt der DOG-Experte fest.

    Bei Veröffentlichung Beleg erbeten.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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