Abschlusstagung des Projekts „PANDORA – Patient*innenorientierte Digitalisierung“: Wissenschaftler*innen präsentieren Ergebnisse und stellen ein Positionspapier zur Teilhabe an digitaler Transformation zur Diskussion.
Patient*innen- und Selbsthilfeorganisationen setzen bei ihrer Arbeit immer häufiger gezielt auf digitale Instrumente. Welche ethischen und sozialen Aspekte bei der Anwendung von E-Health-Technologien und digitalen Apps im Gesundheitsbereich zu beachten sind, das haben Forscher*innen des BMBF-geförderten Verbundprojekts „PANDORA – Patient*innenorientierte Digitalisierung“ analysiert. Heute stellten sie im Rahmen einer Abschlusstagung in der Landesvertretung Hamburg in Berlin ihre Perspektiven und Ergebnisse zur Diskussion – unter anderem im Rahmen eines gemeinsam mit Patientenorganisationen erarbeiteten Positionspapiers.
Für ihre Analysen arbeitete das Forschungsteam der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sowie der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) direkt mit Patient*innen- und Selbsthilfeorganisationen zusammen. Mittels Interviews und Fokusgruppen und einer bundesweiten Umfrage ermittelten sie die ethischen Implikationen beispielsweise hinsichtlich Selbstbestimmung, Vertrauen oder Verantwortung und deren Auswirkungen auf die Arbeit innerhalb von Patient*innen- und Selbsthilfeorganisationen.
„Patientenorganisationen sind bei den Themen Forschung und Versorgung einer digitalen Gesundheitsversorgung direkt betroffen. Deshalb können sie Probleme aus erster Hand benennen und Lösungen aufzeigen, die für die politische Gestaltung relevant sind“, erläutert Prof. Dr. Sabine Wöhlke, Professorin für Gesundheitswissenschaft und Ethik an der HAW Hamburg und PANDORA-Projektleiterin, das Vorgehen und zieht eine positive Bilanz: „In den drei Jahren Projektlaufzeit konnten zahlreiche ethische Empfehlungen, Lehrmaterialien, wissenschaftliche Veröffentlichungen und unterschiedliche Formate für einen gelingenden Umgang mit Partizipation an Forschung zu digitalen Technologien erarbeitet werden. Unsere Arbeiten tragen damit dazu bei, die digitale Gesundheitskompetenz von Patienten- und Selbsthilfeorganisationen sowie die Kompetenz von chronisch Erkrankten und der breiten Öffentlichkeit im Umgang mit digitalen Gesundheitstechnologien zu verbessern.“
Ein Beispiel dafür ist die Orientierungshilfe zur ethischen Evaluierung von Digitalisierungsprojekten, die Patient*innen- und Selbsthilfeorganisationen nutzen können. „Für die umfassende Berücksichtigung ihrer ethischen Werte fehlt es den Patientenorganisationen bislang sowohl an strukturierten Verfahren als auch an Ressourcen und fachlicher Expertise. Dabei sind sie es, die die Digitalisierung im Gesundheitswesen mitvorantreiben, beispielsweise durch Patient*innenregister, Gesundheits-Apps oder telemedizinische Angebote“, sagt Prof. em. Dr. Claudia Wiesemann von der Universitätsmedizin Göttingen. „Der Bedarf an ethischer Orientierung bei solchen Digitalisierungsprojekten ist enorm. Wir sind derzeit im Prozess, eine ethische Orientierungshilfe zu entwickeln, die wir bis Ende dieses Jahres durch Vertreter*innen aus Patientenorganisationen validieren und im Januar 2025 veröffentlichen werden.“
Thema der Tagung waren auch die Ergebnisse einer bundesweiten Online-Befragung, an der mehr als 1.300 Personen aus Patient*innen- und Selbsthilfeorganisationen teilgenommen haben. „Die digitale Weiterentwicklung ihrer Organisation ist den meisten Befragten sehr wichtig“, kommentierte Prof. Marie-Luise Dierks, Public-Health-Studiengangsleiterin der Medizinischen Hochschule Hannover. „Fast die Hälfte der Befragten würde sich aktiv an Digitalisierungsprojekten beteiligen – vorausgesetzt, sie erkennen einen realen Nutzen in dem Projekt und werden als echte Kooperationspartner wahrgenommen.“
Die Diskussion eines Positionspapiers, erarbeitet von Patient*innen- und Selbsthilfeorganisationen in Deutschland mit der Unterstützung des PANDORA-Verbundes, rundete die Tagung ab. Darin fordern die Autor*innen politische und rechtliche Rahmenbedingungen, die eine „echte Teilhabe“ an digitalen Transformationsprozessen ermöglichen. Die Partizipation in zukünftigen Forschungsvorhaben sei zu verstärken. So müssten Patient*innen von Beginn an in Forschung einbezogen werden – etwa bereits in der Entwicklung der Forschungsfrage. „Dass Betroffene einen Einfluss darauf haben, was und wie geforscht wird, und Forschende sich damit auch stärker am tatsächlichen Bedarf orientieren können“, sei ein wichtiges Ziel, heißt es in dem Positionspapier.
INFORMATIONEN ZUM PROJEKT PANDORA
„PANDORA – Patient*innenorientierte Digitalisierung“ (Langfassung: „Patient*innenorientierte Digitalisierung: Eine ethische Analyse der Rolle von Patient*innen- und Selbsthilfeorganisationen als Akteure im Zusammenhang mit Digitalisierung in der gesundheitsbezogenen Forschung und Versorgung“) ist ein Verbundprojekt unter der Leitung von Prof. Dr. Sabine Wöhlke, Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg, zusammen mit der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). Ziel des Verbundes PANDORA ist, Patient*innenorganisationen in der Nutzung von digitalen Technologien zu befähigen, besonders in Bezug auf ethische Herausforderungen, Risiken und Interessenskonflikte. Dazu werden Einschätzungen von Patient*innen erfragt, ausgewertet und ethische Empfehlungen erarbeitet.
Sebastian Rosenbaum
Department Gesundheitswissenschaften
Wissenschaftlicher Mitarbeiter / Research Associate
sebastian.drobny@haw-hamburg.de
Positionspapier:
https://doi.org/10.48441/4427.1990
https://pandora-forscht.de/
https://pandora-forscht.de/podcast/
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Ernährung / Gesundheit / Pflege
überregional
Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Tagungen
Deutsch
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