Maßgeschneiderte kleine Moleküle, die sich an Krebs verursachende Proteine heften und Tumorzellen dadurch unschädlich machen – das ist Georg Winters Spezialgebiet, in dem sich der Forschungsgruppenleiter am CeMM der ÖAW als weltweit führender Experten etabliert hat. Sein neuestes ERC CoG Projekt GENEomorph hebt seine Forschung auf eine neue Ebene: Anstatt Krebsproteine wie bisher für die zelluläre Müllabfuhr zu markieren, nimmt Winter mit seinen Design-Molekülen nun sogenannte Transkriptionsfaktoren ins Visier, ein vielversprechender Weg für neue Medikamente. Das sieht auch der Europäische Forschungsrat ERC so: Er fördert dieses Projekt in den nächsten fünf Jahren mit 1,9 Millionen Euro.
Für die Förderprogramme des Europäischen Forschungsrates ERC ist Georg Winter ein Paradebeispiel. Bereits 2020 wurde die herausragende Arbeit des chemischen Biologen erkannt und mit einem ERC Starting Grant gefördert. Fünf Jahre später zeigt sich der Erfolg dieser Fördermaßnahme: Seine Arbeit an kleinen Molekülen, die zu einem Abbau von Krebsproteinen führen, hat eine der vielversprechendsten Strategien für die Entwicklung neuer Krebsmedikamente entscheidend vorangetrieben.
Über dreißig Studien hat sein Team allein in diesem Zeitraum publiziert, viele davon in Top-Fachzeitschriften wie Science oder Nature. Viele ehemalige Mitarbeiter:innen und Student:innen bekleiden inzwischen hochrangige Positionen in Internationalen Forschungseinrichtungen, Universitäten und/oder Unternehmen. Als einziger in Österreich forschender Wissenschaftler konnte Georg Winter als Teil eines Konsortiums im Frühjahr 2024 die Cancer Grant Challenge einwerben. Getragen von der Cancer Research UK und den National Cancer Institute in den USA wird damit in den kommenden fünf Jahren 25 Millionen US-Dollar zur Erforschung von Schlüsselfragen zur Entstehung von festen Tumoren in Kindern zur Verfügung gestellt.
Georg Winters Arbeit zum gezielten Proteinabbau setzt aber nicht nur Meilensteine für die Grundlagenforschung, sondern ermöglicht auch die Entwicklung konkreter Anwendungen. Für diesen Zweck wurde etwa das CeMM Spin-Off Unternehmen Proxygen im Jahr 2020 gegründet, bei dem Winter als Chief Scientific Advisor fungiert. 2023 wurde Proxygen in den „Fierce Biotech Report“ als eine der 15 weltweit innovativsten und vielversprechensten jungen Biotech-Unternehmen aufgenommen.
Neue Strategie: Veränderte Genregulation
Um seine außergewöhnlich erfolgreiche Forschung im Kampf gegen Krebs weiter voranzubringen, wird Winters neuestes Projekt mit einer weiteren ERC-Förderung, dem „Consolidator Grant“ unterstützt. Mit dem „GE|NEomorph“ getauftem Verfahren will Winter das Prinzip der kleinen Moleküle, die sich gezielt an Krebsproteine heften, weiterentwickeln. Anstatt durch sog. „molekulare Kleber“ oder Adaptermoleküle die Krebsproteine in die zelleigene Abfallverwertung zu überführen, sollen nun Trankskriptionsfaktoren, die für die veränderte Genregulation in Krebszellen verantwortlich sind, umprogrammiert werden.
Diese sind für herkömmliche Wirkstoffe meist nicht zugänglich, und kommen deshalb bisher auch kaum als therapeutische Ziele in Frage. Deshalb soll in Georg Winters Projekt mit kleinen, maßgeschneiderten Molekülen neue, sogenannte „neomorphe“ Oberflächen auf diesen Transkriptionsfaktoren geschaffen werden. Durch diese neuen Oberflächen können dann Effektorproteine an die Transkriptionsfaktoren binden, die ihre Funktion auf die gewünschte Weise verändern – sie wirken entweder aktivierend oder hemmend. „Durch das vom ERC genehmigte Projekt ‘GE|NEomorph’ können wir neue chemische Lösungen entwickeln, die die onkogene Transkriptionsregulation direkt umprogrammieren“, fasst Georg Winter das Projekt zusammen.
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Georg Winter promovierte an der Medizinischen Universität Wien, wo er unter der Betreuung von Professor Giulio Superti-Furga am CeMM die Wirkmechanismen antineoplastischer Medikamente untersuchte. Er spezialisierte sich auf Proteomik sowie chemisch-genetische Ansätze zur Identifizierung von Resistenzmechanismen gegen Medikamente und zur mechanistischen Analyse synergistischer Medikamentenkombinationen. Seine Ausbildung in Chemischer Biologie setzte er als Postdoktorand bei Dr. James Bradner am Dana Farber Cancer Institute/Harvard Medical School fort. Dort entwickelte er eine universelle pharmakologische Strategie für den gezielten Abbau von Proteinen in vivo und wandte diese auf die Erforschung der genregulatorischen Mechanismen bei Leukämien an.
Georg Winter wurde im Juni 2016 als Principal Investigator am CeMM rekrutiert. Sein Labor entwickelt und wendet Methoden zum gezielten Proteinabbau an, mit dem übergeordneten Ziel, onkogene transkriptionelle Netzwerke zu verstehen und zu stören. Zu diesem Zweck kombiniert das Winter-Labor phänotypische Wirkstoff-Screenings, chemische Genetik und Ansätze zur Identifizierung von Wirkstoffzielen mit umfassenden Messungen globaler Genaktivität und Genomstruktur. Das übergeordnete Ziel der Forschung im Winter-Labor ist es, Grundlagenforschung zur Genregulation und zum Ubiquitin-Proteasom-System mit funktioneller Genomik und der Entwicklung chemischer Sonden zu verbinden, um neue und personalisierte therapeutische Ansätze zu entwickeln.
Das CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist eine internationale, unabhängige und interdisziplinäre Forschungseinrichtung für molekulare Medizin unter wissenschaftlicher Leitung von Giulio Superti-Furga. Das CeMM orientiert sich an den medizinischen Erfordernissen und integriert Grundlagenforschung sowie klinische Expertise, um innovative diagnostische und therapeutische Ansätze für eine Präzisionsmedizin zu entwickeln. Die Forschungsschwerpunkte sind Krebs, Entzündungen, Stoffwechsel- und Immunstörungen, sowie seltene Erkrankungen und Altern. Das Forschungsgebäude des Institutes befindet sich am Campus der Medizinischen Universität und des Allgemeinen Krankenhauses Wien.
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Georg Winter gwinter@cemm.oeaw.ac.at
CeMM PI Georg Winter
Bubu Dujmic
© Bubu Dujmic/CeMM
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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