Mit modernen Methoden ist ein Forscher der Universität Trier der Geschichte von antiker maritimer Wirtschaft auf der Spur und bekommt dafür mit dem ERC Consolidator Grant eine prestigereiche europäische Förderung für exzellente Forschungsvorhaben.
Für sein groß angelegtes und komplexes Projekt „Maritime Dependencies in Antiquity“ erhält Pascal Warnking, Juniorprofessor für Maritime Antike an der Universität Trier und affiliierter Senior Researcher des Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA), in den kommenden fünf Jahren zwei Millionen Euro Förderung vom Europäischen Forschungsrat (ERC). Das ist eine große Auszeichnung für den Forscher und die Universität Trier. Denn nur weniger als 15 Prozent aller Projekte, die sich um den ERC Consolidator Grant beworben haben, wurden bewilligt.
Das ERC-Projekt zielt darauf ab, die antike Wirtschaft neu zu denken: Die existenzielle Abhängigkeit von Versorgungswegen über das Meer prägte die Wirtschaft der Antike und war zugleich eine häufige Ursache für Konflikte. Mithilfe modernster Methoden, darunter statistische Analysen aus den Finanzwissenschaften und geoinformatische Simulationen, will Pascal Warnking mit seinem Team nicht nur das Verständnis der Seewirtschaft der Antike vertiefen, sondern auch Erkenntnisse für heutige Handelskonflikte liefern.
Wann wurde Blut für Getreide vergossen?
„Es geht in unserem Projekt um Handelskonflikte um kritische Ressourcen in der Antike. Wie wurde die Getreideversorgung über das Meer gesichert? Etwas reißerischer formuliert: Wann wurde Blut für Getreide vergossen?“, fasst Pascal Warnking sein Forschungsvorhaben zusammen. „Wenn wir ins Rote Meer oder ins Schwarze Meer schauen, sind es ähnliche Fragestellungen, mit denen wir uns auch heute noch beschäftigen.“
Wurde bisher verhältnismäßig viel zu den antiken Großmächten Athen, Sparta und Rom geforscht, untersucht das Projekt in einer Fallstudie die Rolle von Syrakus auf Sizilien im 5. bis 3. Jahrhundert vor Christus. „Gerade in der heutigen multipolaren, konfliktreichen Welt ist die Rolle von Syrakus interessant“, sagt Warnking. Die Stadt verdankte ihre Macht einer Kombination aus natürlichen Ressourcen, insbesondere Getreide, und ihrer strategischen Lage an den wichtigsten Handelskreuzungen des Mittelmeers. Über Jahrhunderte hinweg verfolgte Syrakus konsequente Strategien im Handel und in der Kriegsführung, die eng miteinander verwoben waren. Auf diesen Zusammenhang von Handel, Geographie und Krieg wird das Team um Pascal Warnking einen besonderen Fokus legen.
Spitzenforschung der Altertumswissenschaften an der Universität Trier
„Mit der erfolgreichen Einwerbung des ERC Consolidator Grant haben die Altertumswissenschaften der Universität Trier erneut zeigen können, dass sie in der internationalen Spitzenliga der Forschung mitspielen“, sagt Prof. Dr. Eva Martha Eckkrammer. Gleichzeitig stellt die Universitätspräsidentin heraus, dass auch die enge Kooperation mit dem Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) zum Erfolg bei der Bewilligung des Projektes beigetragen hat.
„Diese Förderung zeigt, wie wichtig und fruchtbar die Zusammenarbeit zwischen der Universität Trier und dem LEIZA als Leibniz-Forschungsmuseum ist“, betont die Generaldirektorin des LEIZA, Prof. Dr. Alexandra W. Busch. „Die Forschungsergebnisse des ERC-Projekts werden nicht nur die Fachwelt bereichern, sondern auch direkt in die Ausstellung unseres Museums für Antike Schifffahrt und weitere Transferformate einfließen. Damit werden Faktoren und Folgen von Handelskonflikten auch für ein breites Publikum versteh- und erlebbar.“
Experimente mit antiken Schiffsmodellen
Pascal Warnking möchte nicht weniger als den kompletten Haushalt und die Handelsbilanz von Syrakus für den Zeitraum von 5. bis 3. vor Christus rekonstruieren. Dazu arbeitet er mit dem Trierer Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Ludwig von Auer zusammen. Die Forscher nutzen aktuelle statistische Methoden und ökonomische Modelle, um ein möglichst komplettes Bild von der Wirtschaft der Antike zu bekommen. „Das Ungewöhnliche an unserem Projekt ist, dass es sehr unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen miteinander kombiniert und beispielsweise Altertumswissenschaften mit der Wirtschaftswissenschaft verbindet“, stellt Warnking heraus.
Doch das Projekt greift nicht nur auf moderne Wirtschaftstheorie zurück, sondern beispielsweise auch auf Klima- und Meeresforschung. Gemeinsam mit dem italienischen Istituto di Scienze Marine (CNR-ISMAR) wird das Projekt Wind, Wellen und Strömungen im Mittelmeer für das 5. bis 3. Jahrhundert vor Christus nachbilden. Denn das Wetter hatte Einfluss auf gewählte Seerouten und Ernteerträge. Erneut werden die Trierer Wissenschaftler auch experimentelle Forschungsergebnisse in das Projekt einfließen lassen. Erst vergangenes Jahr war ein Team der Alten Geschichte der Universität Trier mit einem nachgebauten römischen Handelsschiff auf dem Mittelmeer gesegelt, um Daten zu sammeln. Auch Messungen im Strömungskanal mit Schiffsmodellen helfen den Wissenschaftlern, mehr über die Leistungsfähigkeit einzelner Schiffstypen zu erfahren.
Die Forschungsergebnisse werden auch in einem frei zugänglichen digitalen interaktiven Atlas sichtbar, der aktuell an der Universität Trier entwickelt wird. Alle Interessierten haben dort die Möglichkeit, die antiken Handelsrouten von Syrakus nachzuvollziehen.
Der ERC Consolidator Grant
Die ERC Consolidator Grants werden an exzellente Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vergeben, die eine eigene, vielversprechende Arbeitsgruppe gründen. Die Finanzierung von maximal zwei Millionen Euro pro Forschungsprojekt erfolgt über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren. Die Mittel dienen überwiegend dazu, Wissenschaftler und weiteres Personal im Rahmen des Projekts zu finanzieren.
Zur Person
Pascal Warnking studierte in einem Doppelstudium Betriebswirtschaftslehre und Alte Geschichte an der Universität des Saarlandes, der Università Commerciale Luigi Bocconi in Mailand und der Georgetown University in Washington, D.C. Nach langjähriger Berufserfahrung im Management, forschte er ab 2012 an der Universität Trier über römischen Seehandel und wurde 2015 promoviert. Nach seiner Promotion kehrte er zwischenzeitlich ins Management zurück. Seit März 2022 hat er die Juniorprofessur für Maritime Antike an der Universität Trier inne, die gemeinsam mit dem Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) in Mainz besetzt wurde. Im März 2028 wird Pascal Warnking seine Forschungstätigkeit im LEIZA aufnehmen.
JProf. Dr. Pascal Warnking
Maritime Antike
Mail: warnking@uni-trier.de
Tel. +49 651 201-2438
Porträtfoto von JProf. Dr. Pascal Warnking
Universität Trier
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geschichte / Archäologie, Verkehr / Transport, Wirtschaft
überregional
Forschungsprojekte, Kooperationen
Deutsch
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